
BBL Serienvorschau: Finale Telekom Baskets Bonn - Ratiopharm Ulm
9.6.2023 um 10:00 von
Author: Junes
Telekom Baskets Bonn (1.) (38-2)
Heim-Bilanz: 21-0
Auswärts-Bilanz: 17-2
Form: SSSSS
Ratiopharm Ulm (7.) (24-17)
Heim-Bilanz: 13-7
Auswärts-Bilanz: 11-10
Form: SSSSS
Direkte Duelle:
03.01.2023
Ratiopharm Ulm - Telekom Baskets Bonn 92-101
07.05.2023
Telekom Baskets Bonn - Ratiopharm Ulm 85-83
Serieninfo:
Die Serie wird im 2-2-1 Format gespielt, beginnend in Bonn aufgrund der besseren Platzierung für die Telekom Baskets Bonn.
Spiel 1: Freitag, 9. Juni, 20:30 Uhr Uhr im Telekom Dome (Bonn)
Spiel 2: Sonntag, 11. Mai, 18 Uhr im Telekom Dome (Bonn)
Spiel 3: Mittwoch, 14. Juni, 20:30 Uhr in der Ratiopharm Arena (Ulm)
Spiel 4: Freitag, 16. Juni, 20:30 Uhr in der Ratiopharm Arena (Ulm) falls notwendig
Spiel 5: Sonntag, 18. Juni, 15 Uhr im im Telekom Dome (Bonn) falls notwendig
Vorschau:
Es ist angerichtet! Die Telekom Baskets Bonn und Ratiopharm Ulm bestreiten die BBL Finalspiele 2023. Erstmals seit 2009 wird der deutsche Meister nicht Bamberg, Berlin oder München heißen und gleichzeitig wird auch eines der beiden Teams seine erste nationale Meisterschaft feiern können. Die Bonner stehen zum fünften Mal im Finale, zuletzt standen sie dort 2008 (gegen Alba Berlin) und 2009 (gegen die EWE Baskets Oldenburg). Für die Ulmer ist es ihre vierte Finalteilnahme, bei ihrer letzten unterlag man aber 2016 den Bambergern. Eines der beiden Teams wird also Geschichte schreiben, während das andere weiter auf die erste nationale Meisterschaft warten muss. Einen Titel haben beide Teams aber bereits gewonnen. Die Baskets gewannen im Mai die FIBA Champions League, während Ulm 1996 den BBL Pokal in die Höhe stemmen durfte.
Für die Telekom Baskets Bonn geht es im Finale nicht nur darum den ersten nationalen Titel zu erringen, sondern auch darum, eine unvergessliche Saison zu krönen. Fünf Spiele verloren sie wettbewerbsübergreifend, national hat man bisher kein Spiel verloren, die Rekord-Bilanz der Bamberger von 2011 mit 32 Siegen aus 34 Spielen eingestellt und als erstes deutsches Team die FIBA Champions League gewonnen. Eine historische Saison. Umso wichtiger, auf jeden Fall aber auch schöner, für die Bonner Mannschaft, die Fans und die Organisation die Saison erfolgreich zu beenden, denn die grauen Wolken künden sich schon an mit dem Ausstieg von Hauptsponsor Telekom und dem wahrscheinlichen Abschied vom Vater des Erfolgs Tuomas Iisalo. Viele waren gespannt, wie sich die Bonner mit dem seltenen Rhythmus aus BBL-Playoffs und FIBA Final Four schlagen würden, doch die Baskets marschierten scheinbar unbeirrt durch den Mai und Juni. Chemnitz und Ludwigsburg wurden souverän in jeweils drei Spielen nach Hause geschickt, teilweise dominierten die Bonner nach allen Regeln der Kunst. Mit Ulm kommt nun ein Gegner, der auf dem gleichen Rhythmus-Niveau spielt wie die Baskets, etwas, was in bisherigen beiden Serien noch nicht der Fall war.
Anton Gavel und die BBL Playoffs scheinen gut zu passen. 20 von 25 Playoff-Serien, 63 von 98 Playoff-Partien hat der Deutsch-Slovake als Spieler gewonnen, in seiner ersten Saison als Headcoach steht er nun bei 2:0 und 6:1. Ratiopharm Ulm präsentiert sich passend zur wichtigsten Zeit der Saison in bestechender Form. Nach dem souveränen 3:1 gegen den noch amtierenden deutschen Meister Alba Berlin, schlug man auch das nächste Euroleague-Team mit Bayern München glatt in drei Spielen. Auch wenn Spiel 2&3 nochmal eng wurden, so kontrollierten die Ulmer die Serie über 8 von 12 Vierteln. Gavel ist es gelungen nach einem schwierigen Start und mehreren personellen Änderungen ein bunt gemischtes Team aus jungen Talenten und Veteranen, Europa-Rookies und international erfahrenen Spielern zu einer homogenen Einheit zu formen. Noch zum Jahreswechsel sah es nicht danach aus, als würde die Saison eine der erfolgreichsten der Vereinsgeschichte werden, sechs Monate später kann man Geschichte schreiben. Es bleibt abzuwarten, ob man in Ulm im Sommer den Preis des Erfolges zahlen wird, wie es beim Gegner wohl der Fall sein wird. Auch wenn Sportdirektor Thorsten Leibenath bereits die ersten Verlängerungen eingetütet zu haben scheint und fast alle Leistungsträger gültige Verträge haben, so erscheint es unwahrscheinlich, als würde das Team den Sommer überleben.
Für beide gilt es also den letzten Ritt zu genießen und eine überaus erfolgreiche Saison zu krönen.
Die Personalsituation:
Die Telekom Baskets Bonn werden für die komplette Serie weiterhin auf Kapitän Karsten Tadda verzichten müssen, bei Colin Malcolm steht noch ein Fragezeichen. Ratiopharm Ulm muss auf den Langzeit-Verletzten, ja, den gibt’s auch noch, Sagaba Konate verzichten.
Key-Player:
Kann Ulm den MVP stoppen? Bisher ist es keinen gelungen den kleinen Aufbauspieler der Bonner erfolgreich einzuschränken. TJ Shorts dominiert auch in den Playoffs, obwohl die Effizienz teilweise etwas gelitten hat, so hat Shorts Wege gefunden den Bonnern Spielen trotzdem seinen Stempel aufzudrücken. Der Dreier fällt so gut wie gar nicht mehr (22.7%), dafür geht er häufiger an die Linie und kann so die schwächere Feldwurfquote kompensieren. Es wird interessant werden welcher der beiden (kleinen) Point Guards, Shorts oder dos Santos, den Spielen mehr seinen Stempel aufdrücken wird. Und zu drei Siegen führt. Zweimal haben wir ihn schon als X-Faktor angeteasert, in der Serie gegen Ludwigsburg war es dann so weit. Jeremy Morgan kam für Malcolm rein und es war so als wäre er nie weg gewesen. In den beiden Spielen legte der Flügelspieler 16.5 Punkte bei überragenden Quoten auf, nochmal bessere Werte als zu Beginn der Saison, wo er, nicht für Tuomas Iisalo, ein legitimer MVP Kandidat war. Morgan gegen Paul könnte ein intensives Duell zweier eiskalter Flügelspieler werden. Rechzeitig zu den Playoffs hat Javontae Hawkins seine Form wieder gefunden, trotz ungewohnter Rolle als sechster Mann. Der Rückkehrer hat nach einer durchwachsenen Hauptrunde in der schönsten Zeit des Jahres wieder annähernd den Rhythmus und die Rolle, die er noch vergangene Saison hatte. Sein Scoring ist um fünf Punkte und die Dreierquote um fast zehn Prozent gestiegen, obwohl der Forward fast doppelt so viele Dreier nimmt wie zuvor. Neben Shorts ist Hawkins die beste Bonner Option, wenn es ums Kreieren des eigenen Wurfes geht, gelingt es ihm weiter Shorts offensiv zu entlasten, steigen die Bonner Chancen auf den Titel.
Ulms Point Guard Yago dos Santos hat eine bemerkenswerte Serie gegen Bayern hingelegt, 18 Punkte erzielte er im Schnitt. Und das obwohl er weniger als 8 Würfe pro Spiel nahm, dafür stand er häufiger an der Linie als, dass er aus dem Feld warf. Doch wo Licht ist ist auch Schatten, fast 5 Turnover sind gegen eine Fastbreak-Mannschaft wie Bonn zu viel. Die Bonner verteidigen die Passwege des Gegners aggressiv, etwas was die Münchner nicht taten und Dos Santos warf den Ball trotzdem oft weg. Dazu wird er Ward als Gegenspieler offensiv haben, ein schwieriges Match-Up für den Brasilianer. Star der Halbfinal-Serie war aber Juan Nuñez. Der junge, spanische Point Guard zerlegte in schöner Regelmäßigkeit die Münchner Defensive, egal ob es der eigene Drive, ein punktgenaues Anspiel oder der (tiefe) Dreier war. Die athletischen Bonner mit ihrer starken Passweg-Verteidigung könnten für Nuñez aber die Reife-Prüfung sein. Und gleichzeitig ein Bewerbungsschreiben. Ungewohnt ineffizient zeigte sich Bruno Caboclo in der vorangegangenen Serie. Was bei 19 Punkten im Schnitt und 50% Feldwurfquote aber auch viel über die Dominanz des Brasilianers bisher aussagt. Dafür war er an den Brettern mit neun Rebounds, drei am offensiven Ende, kaum zu stoppen. Der Dreier muss aber wieder besser fallen, um Dos Santos, Nuñez und Jallow den nötigen Platz in der Zone zu ermöglichen.
Die X-Faktoren:
Nach einer überragenden Serie gegen Chemnitz war die Ludwigsburg-Serie keine individuell erfolgreiche für Sebastian Herrera. Der Dreier fiel nicht mehr so konstant trotz geringerem Volumen, dafür reboundete der Combo-Guard herausragend (5.0). Ohne Shorts muss Herrera wieder einen Schritt nach vorne machen, sowohl offensiv wie defensiv, sonst lastet zu viel Verantwortung auf Hawkins.
Seine Rolle gefunden hat inzwischen auch Joshua Hawley. Seit der Rückkehr von Philipp Herkenhoff hat Hawley als Small-Ball-Center weniger Lücken defensiv zu stopfen, weil Herkenhoff die Physis mitbringt, die Hawley zu oft gefehlt hat. Gegen Hawkins oder Delany wird der Big eine entscheidende Rolle in der Ulmer Defensive spielen, auch wenn sich Gavel zu entscheiden sollte zu switchen.
Die Key-Faktoren:
TJ Shorts: Bisher konnte keiner den MVP stoppen, wie also mit ihm umgehen ? Es dürfte ziemlich sicher sein, dass auch Gavel ein Cross-Match-Up mit Karim Jallow defensiv wählen wird. Geht Gavel einen extremen Weg und lässt Shorts einfach scoren und nimmt ihm die Passwege oder versucht man ihm den Wurf zu nehmen und schaut zu, ob dessen Team-Kollegen die offenen Würfe treffen? Ihm beides zu nehmen erscheint nach 40 BBL Spielen ziemlich unmöglich.
Pace: Zweimal hat Ulm seine Gegner förmlich überrannt, die Bonner zu überrennen erscheint unwahrscheinlich, denn auch die legen oft ein hohes Tempo vor. In der Pace spiegelt sich das aufgrund der hohen Offensiv-Reboundquote allerdings nicht wieder. Eine Halbfeldschlacht würde die Bonner bevorteilen, eine hohe Pace können diese aber auch matchen. Aber bisher haben Gavel und seine Spieler immer die richtigen Lösungen gefunden.
Rebounding + Freiwürfe: Die Baskets dominierten Ludwigsburg im Halbfinale komplett an den Brettern, was aber auch notwendig war, weil die Wurfquoten teilweise sehr schwach waren. Ulm hatte bisher durchaus Probleme beim Rebounding, doch gegen München dominierten sie die Bretter. Problematisch waren da eher die miesen Freiwurfquoten, gerade von Nunez und Jallow, aber auch Bonn strauchelte da ordentlich, 62,3 Prozent über die Serie.
matchups2watch:
Point Guards gegen Small Forwards: Sowohl Shorts als auch Dos Santos werden sich offensiv mit Gegenspielern auseinander setzen müssen, die deutlich größer, physischer und athletischer sind als sie selbst. Dafür haben sie dann gegen Jallow bzw. Ward den Geschwindigkeitsvorteil. Sollte die Offensive ins Stocken geraten dürften wir viel High Pick&Roll mit anschließendem Mitteldistanzwurf sehen.
Bruno Caboclo gegen Leon Kratzer: Genauso unaufhaltsam wie TJ Shorts ist bisher Bruno Cabcolo. Der Big-Man war einst ein hoch eingeschätztes Talent, aber auf der kleinen Forward-Position, was sein Skillset schwer zu matchen macht. Physisch kann Kratzer zwar dagegen halten, hat aber klare Beweglichkeits-Nachteile. Punkten kann Kratzer dafür offensiv im Pick&Roll, wo Caboclo zu Nachlässigkeiten tendiert und lieber auf den Block geht als die saubere Hilfe zu spielen.
Jeremy Morgan gegen Thomas Klepeisz: Zwei Werfer im direkten Duell, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Morgan kommt als physischer Flügel daher, der defensiv von der Eins bis zur Vier alles verteidigen kann und mit einem guten Drive und Wurf punkten kann. Klepeisz ist ein Combo-Guard, der auch über seinen guten Wurf kommt, sich diesen aber auch selber erarbeiten kann und dazu noch als sekundärer Playmaker dienen kann. Nicht umsonst hat der Österreicher die dritthöchsten Assistzahlen.