Besser und überraschender geht es kaum: Die MLP Academics Heidelberg kämpfen im Highlight-Spiel den FC Bayern Basketball mit 89:82 (17:14, 25:30, 21:13, 26:25) nieder und verbessern damit ihre Aussichten auf den Klassenerhalt. Vor 9.796 Zuschauern in der SAP Arena zeigten die Jungs vom Neckar vom Tip-off weg eine sensationelle Willensleistung und triumphierten völlig verdient gegen das Münchner Starensemble.
Dabei hatte Bayern-Headcoach Pablo Laso sein Kollektiv vor der Reise nach Mannheim gewarnt: „Heidelberg kämpft gegen den Abstieg und hat sich zuletzt stark verbessert. Haben sie die MLP Academics trotzdem unterschätzt? Einen Spaziergang im „Ufo erwartet? Wer weiß, wer weiß. Im Endeffekt ist es egal, der EuroLeague-Teilnehmer und BBL-Titelfavorit scheiterte gegen den klaren Außenseiter, weil dieser die Spielphilosophie der Laso-Schützlinge akribisch gelesen hatte. Ein Triumph der herausragenden Mentalität gegen das unstrittige Mehr an Qualität.
Bis unter die Haarspitzen motiviert
Es ist nicht weiter verwunderlich, dass unsere MLP Academics bis unter die Haarspitzen motiviert waren. Sie hatten nichts zu verlieren, gar nichts. Doch sie wussten eben nach den Resultaten des 29. Spieltags, wie wichtig nicht nur das passende Erlebnis, sondern vor allem ein Ergebnis mit Sensationscharakter sein würde. Die Korbjagd im riesigen Sporttempel der SAP Arena war rundum Werbung für die dynamische Sportart Basketball.
Heidelberg erwischte einen vielversprechenden Start, lag flott mit 5:0 und 12:7 in Front. Dies half enorm, zumal man sofort spürte, dass sie bei diesem heißen „Tango auf dem Parkett keine Angst vor großen Namen hatten. Die Intensität stimmte hundertprozentig -- und wer die erfolgsverwöhnten Bajuwaren in zwei Vierteln auf 14 und 13 Punkte wie im ersten und dritten Viertel hält, der macht sehr, sehr viel richtig.
Zwölfmal wechselte die Führung
Die Bereitschaft, sich in der Defensive gegen die physische Übermacht des FC Bayern zu wehren, war der Schlüssel in diesem spannenden Match. Insgesamt zwölfmal wechselte die Führung zwischen den beiden Teams hin und her. Jedes Detail, jeder Wimpernschlag, jede Aktion, jede Sequenz bewegte sich gefühlt am Limit. Die Academics-Außenseiter hängten buchstäblich wie Kletten an ihren Gegenspielern, nahmen mit jeder Menge Leidenschaft das vermeintlich ungleiche Duell an und steigerten sich sukzessive nach dem knappen 42:44 zur Halbzeit bis zum 63:57 (3. Viertel). In diesem Moment dachten die meisten unter den knapp 10.000 Besuchern: Das könnte heute tatsächlich klappen!
Die Dezibel-Stärke der Kulisse nahm zu. Und als erstmals der Evergreen „Zieht den Bayern die Lederhosen aus von den steilen Tribünenflanken ertönte, zeigte dies prompt Wirkung. Bayern-Kapitän Vladmir Lucic brachte den eigenen Einwurf nicht ins Feld, Jeffrey Carroll und Academics-Leader Justin Jaworski wurden immer offensivstärker -- und sicherer bei ihren Würfen. Allein die Foulproblematik bei Elijah Childs und Paul Zipser bereitete Sorgen.
11:0-Lauf im Schlussviertel entschied die Partie
Ob die Mannschaft diesen Parforceritt durchhalten würde? Sie ließen schlichtweg nicht nach. Im Gegenteil: Nach einem Dreier von Childs hieß es 68:60 (33.). Noch hatten die Bayern-Profis Antworten parat, zum Beispiel als 1,80-Meter-Mann Carsen Edwards den Ball zum 71:72 (36.) in den Korb tippte. Eine superstarke Phase der Hausherren beendete indes alle Hoffnungen der Münchner. Justin Jaworski tankte sich einmal mehr mit unnachahmlicher Eleganz durch, traf seinen ersten und einzigen Dreier zum zwischenzeitlichen 77:72. Orkanartiger Jubel brach aus! Auszeit der Bayern. Die ebenfalls anschließend verpuffte. Carroll zum 80:72 und Jaworski mit zwei Freiwürfen krönten einen 11:0-Lauf 1:54 Minuten vor Schluss. Eine finale Freiwurforgie änderte nichts mehr am Heidelberger Husarenstück. Über 86:74 und 87:80 -- nach zwei schnellen Dreiern von Andreas Obst -- brachte Bayern-Bezwinger MLP Academics das 89:82 souverän nach Hause.
Tollhaus SAP Arena! Ab punkt 17.30 Uhr genoss die Mannschaft dieses Basketball-Fest in den vollsten Zügen sowie das anschließende Bad in der Fanmenge. Headcoach Ingo Freyer und seine Assistenten wurden unterm gigantischen Videowürfel geherzt. Zeremonienmeister „Niki Würzner übernahm wie gewohnt die Regie beim ausgelassenen Après.
Das Beste daran: Der zweite Coup über den FC Bayern Basketball, nach dem 89:78 letzte Saison in München, war kein Zufallsprodukt, sondern die logische Folge einer bärenstarken Leistung. Marginale Unterschiede gab es bei den Wurfquoten -- ob vom Zweier (56/58 Prozent), beim Dreier (28/30) oder bei den Freiwürfen (70/80). Bei Letzterem ist indes zu erwähnen, dass die Academics zehn Punkte mehr von der Freiwurflinie -- 26/37 gegenüber 16/20 -- als die Bayern markierten. Ein Zeichen dafür, dass Jaworski, Carroll und Co. einen Tick aggressiver zu Werke gingen, was das Reboundverhältnis (38/35) zudem dick unterstreicht. Tadellos und mit spielentscheidend auch, dass sich die Blauen fast keine Fehler gegen die „Big Bayern leisteten. Fünf Turnover sprechen für sich. Heidelberg vollendete die faustdicke Überraschung eines aufregenden 29. Spieltags mit Coolness und Spielkontrolle.
Am Freitag geht es zum MBC nach Weißenfels
So darf es im Vier-Fünf-Tage-Rhythmus in den nächsten drei Wochen getrost weitergehen. Zunächst am Freitag (20 Uhr/live bei Dyn ab 19.45 Uhr) beim Abstiegskonkurrenten SYTAINICS MBC in Weißenfels, der gleichzeitig am Sonntag bei Meister ratiopharm klar mit 79:106 unterlag.
Ein verrücktes Wochenende: Die MLP Academics bleiben auf einem Nichtabstiegsrang, die Bayern trotz des Patzers in Mannheim Spitzenreiter. Mehr Gänsehaut geht in der BBL kaum.
Stimmen zum Spiel:
„Wir sind immer wieder zurückgekommen und haben die Ruhe behalten. Wir haben uns nicht abschütteln lassen. Am Ende triffst du ein paar ganz wichtige Würfe, die wir im Spiel lange nicht getroffen haben. Mit den Fans im Hintergrund hilft das natürlich. Dieser Sieg ist in meiner Zeit hier in Heidelberg definitiv ein Highlight. Am Freitag kommt ein ganz anderes Spiel, wir müssen uns neu fokussieren, runterkommen und morgen geht es schon weiter. - Ingo Freyer, Headcoach der MLP Academics Heidelberg.
„Das ist eine schwere Niederlage für uns, auch wenn Heidelberg ein starkes Spiel gemacht hat. Sie haben die Würfe getroffen und waren gut im Rhythmus. Für uns wird es ein guter Tag gewesen sein, wenn wir daraus lernen. Wir stehen vor den Playoffs, dem besten Teil der Saison. Wir haben jetzt schon lange nach dem Spiel miteinander gesprochen. Das ist gut, damit wir in der Zukunft bessere Lösungen haben werden. Ich kann nicht froh über unsere Leistung sein, wir konnten die Dinge nicht richtig ausführen, wie wir es sollten. Aber man muss auch Heidelberg loben, sie haben um ihr Leben gespielt. Es kann sein, dass wir in dieser Phase der Saison etwas den Rhythmus verloren haben, nach der EuroLeague. Die Atmosphäre hier war sehr gut, die Fans haben das Team gepusht, dass es sehr aggressiv war und entscheidende Würfe in Schlüsselmomenten traf. Sie haben den Sieg verdient. -- Pablo Laso, Headcoach des FC Bayern Basketball.
„Ein Wahnsinnssieg! Unsere Mannschaft wollte das von der ersten Sekunde an und hat die tollen Fans mitgenommen. Ein hoch emotionaler und sehr wichtiger Heimsieg für uns. Die Bayern haben nur sechs Offensivrebounds gegen uns geholt -- und wir haben selbst lediglich fünf Turnover produziert. Das war sicherlich entscheidend. Jetzt ist es wichtig, uns voll auf das MBC-Spiel zu fokussieren. Da wollen wir nachlegen. -- Alex Vogel, Sportlicher Leiter der MLP Academics.
„Heute darf unser Team feiern. Ab morgen gilt die ganze Konzentration auf das nächste Spiel. Das ist noch wichtiger und auch viel schwieriger als gegen den FC Bayern Basketball. -- Matthias Lautenschläger, geschäftsführender Gesellschafter der MLP Academics.
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