Würzburger Saisonverlauf
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Für einige Schoenen-Dunk-User stand Würzburg schon vor der Saison als Absteiger fest.
Sie sollten Recht behalten, die x-rays sind nunmehr abgestiegen, der Este Gregor Arbet erziel-te heute per Dreier die letzten Erstligapunkte auf dem Bonner Hardtberg für mindestens ein Jahr (es wird wohl auch nicht bei diesem einen Jahr bleiben).
Der Abschied aus der BBL schmerzt, zumal er völlig unnötiger Natur ist. Gewiss ist das Gan-ze eine klare Sache, 8 Punkte trennen die x-rays vom rettenden 14. Platz. Nur: wenn diese Spielzeit nicht eine absolute Seuchensaison war, was muss man sich dann noch Grausameres unter diesem Begriff vorstellen?
Deshalb ist die vorliegende Saisonanalyse vor allem ein Versuch all die Misserfolge, Engpäs-se und Pechsträhnen zu bewältigen und zu verarbeiten.
Mit seinem Glückswurf im letztjährigen Pokalviertelfinale hatte Dubravko Zemlijc dem Würzburger Basketball wieder Leben eingehaucht. Auf den Sieg gegen Bamberg folgten wei-tere hochklassige und spannende Spiele gegen Bonn, Alba und Frankfurt. Aus einer Mann-schaft in Abstiegsnot wurde ein befreit aufspielender Favoritenschreck, die Fans, die noch immer den goldenen Zeiten nachtrauerten, erwachten aus ihrer Lethargie und standen hinter der sympathischen „Söldnertruppe“, der Hexenkessel „Carl-Diem-Halle“ feierte eine Wieder-geburt. Kurzzeitig keimten bei der Anhängerschaft sogar Playoff-Hoffnungen auf.
Euphorisiert durch die sportlichen Auftritte blickte der Fan angstvoll gespannt auf die weitere finanzielle Entwicklung, denn die Insolvenz schwebte wie ein Schreckgespenst über Würz-burg. Irgendwann hieß es dann, man habe es geschafft, die Pleite sei abgewendet.
Somit herrschte nach dem 4. Rang im Top4-Turnier Aufbruchsstimmung.
Gespannt wartete man auf die ersten Verpflichtungen, die Gerüchteküche brodelte, wie das eben immer so ist. Bald stand der Kader. Man hätte sich vielleicht gewünscht darin mehr be-kannte Gesichter aus der Vorsaison zu sehen, als den Kapitän, Kämpfer und Publikumslieb-ling Mittmann und den, in seinen Möglichkeiten beschränkten, Center-Hünen Heinrich. Eine Weiterverpflichtung Igor Perovics scheiterte Gerüchten zu Folgen an dessen Agent, Ivo Kresta lag schon ein Vertrag zur Unterschrift vor, ehe er sich doch entschloss in der zweiten französischen Liga auf Korbjagd zu gehen. Das „Zar Zemo“ nicht bezahlbar wäre, war nach seinen Leistungen (u. a. 32 Punkte in Gießen) kein Wunder. Und Guard Jason Perez beendete seine Karriere um endlich seinen eigenen Computerladen eröffnen zu können.
Dennoch genoss der ebenso in Würzburg verbliebene Coach (er schlug ein 3-Jahres-Angebot von Tübingen aus) das absolute Vertrauen bei der Zusammenstellung des Kaders.
Der Verfasser sah das neu zusammengestellte Team zum ersten Testspiel gegen Karlsruhe antreten. Die Badener hatten zu diesem Zeitpunkt schon mehrere Spiele absolviert, waren also eingespielter als die Würzburger Jungs. In einer klasse Partie, welche erst nach Verlängerung zu Gunsten Würzburgs entschieden wurde, überzeugte die Mannschaft.
Die Strategie, die Manager Malisch und Geschäftsführer Falckenberg verfolgt hatten, wurde klar. Die Beiden wollten, in der Hoffnung auf allgemeine Begeisterung und damit verbunden, Sponsoreninteresse, in ein konkurrenzfähiges Team investieren, das im Kampf um die Play-offs mitmischen würde können. Aaron McCarthy formte ein Team, das selbst die kühnsten Träume der beiden Strippenzieher hätte übertreffen können. Der Litauer Vaisvila, er zeigte im Spiel gegen Karlsruhe, warum er nach Meinung des Coachs „das Spiel auf ein höheres Level bringen“ konnte, und der etwas ungestüme und spektakuläre US-boy Rakim Hollis hätten ein perfektes Backcourt-Duo abgeben können. Erfahrung und jugendliche Frische, baltische Schule und amerikanische Athletik. Da fiel auch die offensichtliche Unfähigkeit des Ameri-kaners das Spiel zu lenken und zu ordnen nicht weiter ins Gewicht. Auf der 3 startete die „Highlight-Show“ Rod Nealy. Er hatte einen passablen Schuss, herausragende athletische Fähigkeiten, „Hangtime“ ohne Ende und ein fast schon unverschämtes Timing beim Re-bound. Nach Jahren ohne Alley-oops und Slams hatten wieder spektakuläre Szenen Einzug in die Halle gehalten. Die Minuten, die Nealy zum Verschnaufen brauchte, wären die Einsatzzeit von Nils gewesen, einem Kämpfer vor dem Herrn, der niemals aufgibt.
Auf der 4 ein baltisch-libanesisches Duo. Cotonou-Spieler Mustapha Hoff wurde im allge-meinen Boom dieser Regelung als Back-up für „Siggi“ Tribe verpflichtet, zeigte aber sogleich, dass er mindestens ebenbürtig war.
Der Eine der Shotblocker, der Andere der begnadete Scorer und Dreier schießen konnten sie beide…
Wegen dieser Beiden wog auch die etwas mauer besetzte Centerposition nicht allzu schwer. Neben Heinrich war der 2,11m Mann Zivkovic als Starter verpflichtet worden und wirkte auf dem Parkett reichlich indisponiert. Der junge Este Arbet und Joe Tesfaldet komplettierten den Kader, bis kurz vor dem ersten Spiel noch Sandis Valters nachverpflichtet wurde, wie um die Ambitionen der Verantwortlichen nochmals zu unterstreichen.
Ich denke, ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass nicht Gies-sen oder Ludwigsburg die Überraschungsmannschaft der Saison gewesen wären, sondern die x-rays aus Würzburg, wenn alle diese Burschen einigermaßen motiviert gewesen wären. Und selbst wenn wir Vaisvila seine Lebenskrise zugestehen, dafür Nealy aber nicht nur physisch, nein auch psychisch von seiner Verletzung genesen wäre, hätte dieses Team Playoff-Ambitionen verfolgen können.
So aber begann das Kommen und Gehen, Unglück über Unglück und als sich ein wunderba-res Team gefunden hatte, war es leider zu spät- zu spät für die Postseason und den Klassener-halt.
Aber der Reihe nach…
Der aufmerksame Leser hat sicher nicht die „hättes, wenns und abers“ überlesen und wird auch weitere Anzeichen der sich anbahnenden Katastrophe bemerkt haben.
Es lief von Anfang an alles schief. Schon bei der Saisoneröffnungsfeier unterlag man dem Aufsteiger aus Tübingen. Nealy slammte, Tribe und Hoff trafen ihre Dreier, nur die Guard-Positionen wirkten entweder lustlos (Vaisvila) oder überfordert (Hollis). Eine Wechselwir-kung war entstanden. Vaisvila war lustlos, weil Hollis überfordert war und letzterer war enga-giert, aber überfordert, weil ihm Vaisvila die Unterstützung versagte und das oben bejubelte Wunderduo starb schon vor der Geburt. Wer Vaisvila bis zu seinem Abgang beobachtete, und das sein dominierendes Spiel gegen Karlsruhe verfolgt hatte, stand vor einem Rätsel. Da schleppte sich ein mit reichlich Lorbeeren versehener Ausnahmebasketballer, ja das war er nämlich, er war kein Fehleinkauf, auf dem Feld herum, pummelig und viel zu langsam in der Defense, kommentierte jeden Turnover von Kollege Hollis, anstatt ihn aufzumuntern oder unter seine Fittiche zu nehmen und spielte die große Diva. Ab und zu spielte er herausragende Pässe, traf manchen Dreier, doch wollte er nie der Leader und Crunchtimer sein, für den man ihn verpflichtet hatte, kurzum er war zu träge und zu desinteressiert das Würzburger Spiel eine Stufe besser zu machen. Die einzigste plausible Erklärung lieferte Falckenberg, als er einmal von einer Lebenskrise Vaisvilas schrieb, die täglich zu tiefschürfenden Gespräche ge-führt habe. Ob an dem Gerücht etwas dran ist, man habe in Vaisvilas Trainingstasche eine Flasche Wodka gefunden, bleibt vorerst ungeklärt.
Als die Saison startete hofften die Fans trotzdem auf eine Besserung Vaisvilas und auf viele Siege…
Auswärts besiegten unsere Helden die Bayer Giants nach einem spannenden Livescoreabend. Die als Playoffkandidaten gehandelten Leverkusener, heute weiß man vieles besser, hatten die Würzburger bis zur Halbzeit noch dominiert, danach spielten Nealy, Tribe und Valters groß auf. Hollis war hierbei ein Non-factor und Vaisvila blieb den Beweis seiner Klasse schuldig und machte ein typisches Bankspielerspiel.
Dann das erste Heimspiel der Saison gegen Ludwigsburg, die als Überraschungsmannschaft den Meister aus Frankfurt besiegt hatten. Immerhin mehr als 2200 Zuschauer wollten das ers-te Spiel sehen und die treuen Fans waren wohl vollauf überzeugt, dass schon bald wieder ech-tes Gänsehautfeeling die vollbesetzte SO-Arena zum Tollhaus machen würde.
Heute ist mir ganz wehmütig zumute, wenn ich die Kommentare der Zuschauer auf „main-post.de“ durchblättere und von den großen Hoffnungen lese, die sie alle in dieses Team ge-setzt hatten. Dieselben Erwartungen hatte ich selbst genauso gehegt.
150 Ludwigsburger Fans veranstalteten einen Heidenlärm mit trötenähnlichen Gerätschaften und sahen im orangenen Einheitslook recht imposant aus. Die Ludwigsburger hatten auch sofort allen Grund zum Jubeln, denn sie trafen ihre ersten 4 Dreier am Stück aus den unter-schiedlichsten Lagen und Entfernung und lagen schnell vorne. Als Würzburg aufwachte, ge-schah, schon jetzt, im 2. Spiel eine Schlüsselszene, die uns noch immer Anlass zum Hadern mit dem Schicksal gibt. Rod Nealy sprang beim Stande von 6:14 beherzt in den Passweg, schnappte das Spielgerät vor Marco Samanic an der Mittellinie weg und während schon die ganze Halle aufsprang um einen fabelhaften Dunk als Startzeichen einer Aufholjagd zu ver-stehen, kam Nealy unglücklich auf, humpelte noch zum Korbleger und musste dann das Spiel verlassen. Seine Verletzung, die diagnostiziert wurde, sollte ihn bis zum Spiel gegen Karlsru-he außer Gefecht setzen und das Drama würde auch nach der Genesung nicht zu Ende sein. Würzburg lag nach diesem Schock zur Halbzeit mit 10 Punkten hinten und kam bis kurz vor Ende nie zwingend heran, ehe Gregor Arbet einen großen Auftritt feierte, mehrere Dreier ver-senkte und Würzburg 30 Sekunden vor Schluss plötzlich mit 2 Zählern führte.
Griedratis glich per Korbleger aus und Würzburg hatte den letzten Angriff. Eigentlich sollte Valters in die Zone und das Foul ziehen, passte jedoch auf Arbet der einen Dreier aus 7 Me-tern nur auf den Ring setzte. Verlängerung und Würzburg verlor! Damit hatten die Dinge be-gonnen ihren unglücklichen Lauf zu nehmen.
Bamberg war auch keine Reise wert, die x-rays verkauften sich so teuer, als nur möglich und verpassten im letzten Viertel mehrmals die Möglichkeit die Führung an sich zu reißen. Ein offener Malletdreier verhagelte die Siegeschancen. Für die Szene des Spiels sorgte der letti-sche Bauer Helmanis, als er aus mindestens 10m mit seiner ihm eigenen Wurfbewegung si-cher traf. Trotzdem konnte man auf diese engagierte Leistung aufbauen. Einzig Hollis und Vaisvila gerieten mehr und mehr in die Kritik und schon damals zeichnete sich ab, dass die zeit der beiden gezählt sein würde. Würzburg traf, ohne Nealy wohlgemerkt, zum ungünstigs-ten Zeitpunkt auf Köln, als diese einen Lauf hatten. Parallelen zum Ludwigsburgspiel wurden deutlich, als Mittmann Sekunden vor Ende einen dreier zum Ausgleich traf. Wieder Verlänge-rung, wieder Niederlage. Hollis machte 21 Punkte und keinen Assist. Wir Fans taten uns selbst leid. Dreifaches Pech zu Saisonauftakt. Verletzung des wichtigsten Spielers, übrigens hatte es in der Vorsaison auch Zemljic erwischt, und zwei Niederlagen nach Verlängerung. Und trotzdem, man machte sich noch keiner große Sorgen, mit Nealy würde alles besser wer-den, Köln war Meisterschaftsfavorit, Bamberg auch nicht zu verachten und das Spiel gegen Lubu hatte gezeigt, dass wir ihnen ebenbürtig waren.
Gegen Trier sollte der Aufschwung kommen, schließlich hatten die gar gegen Schlusslicht Schwelm verloren und gegen den von ihnen angekündigten Mister X, hatten wir ebenfalls einen Neuen mitgebracht. Antoine Gillespie, eine Randepisode in dieser Saison. Vaisvila war schon gar nicht mehr dabei (oder???). Trier wurde zum ersten Debakel der Saison, eine klare Niederlage war in dieser Spielzeit wirklich unter den Ausnahmen. Nun begann die allgemeine Nervosität. Bald würden die Playoffs außer Reichweite liegen und schon in wenigen Wochen würde sich das Team auf Auswärtsfahrten nach Berlin und Frankfurt begeben müssen.
Jeder meiner Forumseinträge enthielt zu dieser Zeit die Phrase „soviel potential steckt doch in diesem Team“. Eine Woche später stand das Heimspiel gegen Gießen an. Die 46ers hatten bereits eindrucksvolle Vorstellungen abgeliefert und waren nicht mit der Mannschaft der Vor-saison vergleichbar. Das Personalkarussell drehte sich mit schwindelerregender Geschwin-digkeit, der Kader blähte sich auf 14,15 Spieler auf. Neben Gillespie, der allerdings nicht mehr zum Einsatz kam, war, auf Empfehlung Nealys Eddy Barlow-Mayfield angereist, ein kleiner Zweier, den niemand kannte. Für den größten Wirbel, für kollektives Aufatmen, für wieder belebte Hoffnungen sorgte jedoch die Wiederverpflichtung des Serben Perovic. Er kam erst am Freitag vor dem Spiel nach Würzburg und die Last der Erwartungen wurde ihm zentnerschwer aufgebürdet. Perovic war ein Spielmacher und nach der guten alten jugoslawi-schen Schule, mit hervorragendem Auge, spektakulären Pässen, Spielverständnis und einem ganz sicheren Dreier. Bei der knappen Niederlage gegen Berlin in der Vorsaison hatte er 10 Assists verteilt, Bonn hatte er in seinem besten Spiel 25 Punkte eingeschenkt und Köln im ersten Viertel des Pokalhalbfinales mit 4 Dreiern fast im Alleingang abgeschossen.
Als er, als letzter, in die verdunkelte, gut gefüllte Arena einlief, brodelte diese, man skandierte den Namen des alten Neuen und war in Feierstimmung.
Gießen führte schnell recht deutlich, da Würzburg den Beginn verschlief. Danach drehte Würzburg im zweiten Viertel auf. Eddy Barlow-Mayfield stellte in diesem Spiel den Saison-rekord für Steals (8-) auf und rannte den Fastbreak, Perovic traf keinen Dreier, er traf keine Freiwürfe, fütterte aber Singaras Tribe, der häufig per sehenswerten Fadeaway-Jumper ein-netzte. Würzburg gelang es sich abzusetzen – doch es wurde nochmals spannend und die x-rays fuhren letzten Endes einen glücklichen Sieg ein. Alles war glücklich. Im Nachhinein be-trachtet, war das, trotz des Sieges, keine wirkliche Unterbrechung der Talfahrt. Würzburg spielte zu wenig Systeme, verpatzte den Spielbeginn und die Schiedsrichter sahen nicht das Foul, das in den letzten Sekunden an Eidson begangen wurde und diesen an die Freiwurflinie gesandt hätte. Außerdem zeichnete sich schon eine Eigenart des Trainers ab, seine Spieler nach jeder missglückten Aktion konsequent auszuwechseln. Das bekam vor allem Sandis Val-ters zu spüren. Er betrat das Spielfeld, verwarf 2 Dreier und verließ das Spiel nach maximal einer Minute wieder in Richtung Bank, von wo er so schnell nicht wieder in das Spielgesche-hen eingriff.
Ein Sieg gegen Schwelm war fest eingeplant, denn wer dort verlor, hatte nichts in den Play-offs und nichts in der BBL zu suchen. Es schien, auch ohne Nealy und Mittmann, eine klare Angelegenheit zu werden, bis unsere Spieler wieder Angst vor hohen Führungen bekamen, Angst vor den eigenen Fähigkeiten quasi. So kippte Schwelm das Spiel, führte tatsächlich mit 2 Punkten. Zwei Dreier von Arbet und Perovic verhinderten die totale Blamage und der Sai-sonanalyst wäre vor dem Livescore fast an einem Herzinfarkt verstorben. Nein, Aufschwung konnte man das auch mit viel Wohlwollen nicht nennen. Aber das Umfeld beruhigte sich wie-der, niemand zweifelte mehr daran, dass man das Punktekonto gegen Karlsruhe ausgleichen würde, zumal fest mit Nealys Rückkehr zu Rechnen war. Eddy, das war sicher, würde für die restliche Saison bleiben, neben seinen 8 Steals, bestach er durch Treffsicherheit von der 6,25 m Linie. Dennoch brachte er wenig Ruhe ins Spiel, hatte keinen Zug zum Korb und nahm oft wilde Würfe, die er jedoch zumindest in der Crunchtime regelmäßig traf. Er war einer dieser Spieler, die, wenn sie heiß gelaufen sind, alles treffen.
Nach 2 Siegen in Serie setzte es gegen Karlsruhe wieder eine Pleite, wobei eine Umschrei-bung mit „Tragödie“ den Spielverlauf besser beschreiben würde. Durch Dummheit und Un-vermögen verlor Würzburg abermals ein halbgewonnes Spiel. Eben jener Eddy wollte sich bei Gleichstand und einer Restspielzeit von ungefähr 15 Sekunden zum Helden aufschwingen, zog beherzt, nur wie immer erfolglos, zum Korb, um abzustoppen und gegen 2 Karlsruher sein Glück im Halbdistanzwurf zu versuchen, das Ergebnis dürfte bekannt sein, Rebound E-wodo, langer Pass auf Makanda, der spektakulär mit der Schlusssirene nun wirklich aus der Halbdistanz erfolgreich war. Ein Fan behauptete hinterher, das wäre der Tod, das Ende gewe-sen. 2700 Zuschauer, immer wenn die Halle einigermaßen voll war und die Zuschauer gera-dezu nach guter, erfolgreicher Unterhalten lechzten, endete das in einer Katastrophe, waren verärgert und fassungslos. Nealy war kaum in Erscheinung getreten. Ein sehr unglückliches Phänomen trat bei ihm auf. Er hatte sich durch die Verletzung, man mag es gar nicht glauben, psychische Schäden zugezogen, die sich dahingehend äußerten, als das er nur äußerst ängst-lich seinen gesundeten Fuß einzusetzen wagte und damit zwei seiner großen Stärken, die Spritzigkeit, die Sprunggewaltikeit nicht abrufen konnte.
Der Coach nannte dieses Spiel hinterher die Wende zum Schlechten. In Wahrheit, war es seit dem Sieg zum Auftakt immer nur bergab gegangen. Welch Tragik, welch Dramatik? Wo soll-te das bloß hinführen? Heute kann man diese Frage beantworten. Es führte in die Insolvenz.
Hohe Aufgaben warteten auf den Klub. Ein Doppeldeckerbus brachte die Anhängerschaft nach Frankfurt und immerhin einige wenige machten sich auf den Weg nach Berlin, wo sie die Faszination Hauptstadt mit der Faszination Basketball verbanden. Doch gab es weder beim amtierenden Meister, noch an der Spree irgendetwas zu gewinnen. Gegen die Skyliners ging man gründlich baden, bei den Albatrossen bot man eine kämpferische, engagierte Leis-tung und verlor dennoch mit 9. So war das nämlich. Rod Nealy zeigte sein letztes starkes Spiel im x-rays Dress, machte 21 Punkte und fischte grandiose 18 Boards, Statistiken, die die Klasse dieses Mannes noch einmal belegen – ach ja, fast wäre aus dem Double-Double ein Triple-Double geworden, denn darüber hinaus fabrizierte dieser Nealy noch 8 Ballverluste.
6:14 lautete die Bilanz nach 10 Spielen, bei denen die Fans die Hände über dem Kopf zu-sammen schlugen und die Männer an der Spitze vielleicht schon das drohende, endgültige Unheil absehen konnten.
Hinter den Kulissen blieb, vorerst alles ruhig. Tübingen war der nächste Gegner in unserer Arena. Ein Sieg war Pflicht, nur hinderte ein überragender Kevin Burleson, der teilweise von überall traf, die x-rays an der Erfüllung. Erneut mit 2 Punkten verloren! Wo war da bitteschön die Gerechtigkeit. Nun mehrten sich die Stimmen gegen den Trainer, denn bekanntlich ist der, das erste potentielle Opfer einer sportlichen Krise. McCarthy sei zu dominant, zu impulsiv und darüber hinaus unfähig eine klare Linie ins Team zu bringen. Man teilte ihm eine große Teilschuld am Misserfolg zu. Durchaus gelang es ihm nicht, das Team nach seinen Vorstel-lungen zu formen, konsequente Halbfeldangriffe sind nicht jedermanns Sache zum Beispiel nicht die, vom inzwischen in Österreich beschäftigten Hollis, der lieber halsbrecherisch und in bester Iverson Manier zum Korb ziehen wollte. Der Coach hätte lieber aus dem vorhandenen Spielermaterial neue Systeme kreieren sollen, anstatt auf alten zu beharren. Das Management hielt weiter an ihm fest, offensichtlich war schon zu diesem Zeitpunkt der finanzielle Rahmen erheblich zusammengeschrumpft.
An Heiligabend vermeldete der Klub dann urplötzlich den Abgang unseres wichtigsten Spie-lers. Rod habe nicht mehr die Verantwortung tragen wollen, hieß es in der Mitteilung. Und weg war er! War der Druck, den der Coach auf ihn ausgeübt hatte, etwa zu groß gewesen? Fakt ist, dass er nach der Verletzung nie mehr an seine zu Beginn gezeigten Leistungen an-knüpfen konnte. Gegen Tübingen verdaddelte er 3 Mal den Ball in der eigenen Hälfte. Über-haupt war die Ganzfeldpresse, die effektivste Defensivtaktik überhaupt gegen die x-rays. Da gab es dann 5 und 8 Sekundenpfiffe gegen Würzburg. Das Team war schlichtweg unfähig den freien Mann zu finden, ein Barlow-Mayfield schien nicht Mann genug zu sein den Ball gegen einen Verteidiger über die Linie zu dribbeln. Er passte statt dessen einen langen Ball in des Gegners Hälfte, oft direkt in die Arme des Feindes.
Die Niederlage in Entenhausen ist keiner Erwähnung wert, dort darf man nämlich verlieren. Sorgen bereitete Perovic, der nichts traf und dem Team nicht weiterhelfen konnte. Eigentlich war das keine große Überraschung. Schon in der Vorsaison war er mitten in ein tiefes Form-loch gestürzt und von heute auf morgen daraus strahlend wieder auferstanden. Das ließ uns Mut schöpfen und ich hatte die Playoffs noch nicht aufgegeben, obwohl der Fanclub einen Aufruf veröffentlich, die x-rays gemeinsam im Kampf um den Klassenerhalt zu unterstützen.
In der ewigen Liturgie vom Leid der Fans in dieser Saison folgte die bis dato schmerzlichste Niederlage gegen Oldenburg. Am schmerzhaftesten daher, weil beinahe für diesen Leistungs-abfall keine Worte zu finden sind. Vor dem Spiel hatte eine erfahrene Mentaltrainerin mit der Mannschaft gearbeitet. Nach den knappen Pleiten, war das sicher eine gute Maßnahme. So etwas wirkt demotivierend. Scheinbar hatte die Frau ganze arbeit geleistet, denn die Würz-burger legten gegen zahnlose und pomadige Baskets los wie die Feuerwehr. Sandis verteidigte übereifrig und endlich einmal vom Coach geduldet, seinen Bruder, übrigens unter den Augen seines Vaters, einer lettischen Basketball Legende, traf 2 Dreier und holte sich frühe Fouls. Perovic traf seine Würfe, Hoff dominierte und erzielte in der ersten Halbzeit um die 15 Punk-te. Würzburg lag zur Halbzeit scheinbar uneinholbar vorne. Balsam für uns Fans, wir sangen „Macht sie alle! Schießt sie aus der Halle!“. Vielleicht wurden wir dafür bestraft. Was in der zweiten Hälfte abging war eine Qual. Hoff bekam keinen Ball mehr, Mayfield ballerte reuelos und ohne nach rechts und links zu schauen, Valters foulte klanglos aus und so war es den kaum verbesserten Oldenburger ein Leichtes Punkt um Punkt zu verkürzen. Unser Kapitän machte dabei das Spiel seines Lebens, spielte durch und traf keinen Wurf bei stolzen 6 Versu-chen. Trotzdem hätte es noch zum Sieg reichen können- und den hätten wir halt mitgenom-men, unverdient zwar, aber er hätte zumindest das Pech ausgeglichen. Black setze einen Re-versedunk an den Ring, Barlow verwandelte einen Dreier, irgendwie haben wir es dennoch verloren.
Es gibt ihn nicht, den Basketballgott? Nach dieser Saison glaubt keiner in der Domstadt mehr an eine höhere Macht, die aktiv Einfluss auf Basketball nimmt. Oder ist Gott etwa Bamberg-fan?
Dann ging das alte Jahr und das neue zog herauf. Ein Neuanfang? Die Wende zum besseren! Von nun an war das Siegen Pflicht, zunächst sollte das schwächelnde Braunschweig in der Volkswagenhalle platt gemacht werden. Zwei Gründe, die dafür sprachen? Dettmann und Premiere. Dettmann, weil er kein guter Trainer ist und Premiere, weil mit der Liveübertra-gung ein großer Erfolg erzielt sein würde. Zu Zeiten der jungen Wilden war die Arena noch wie das zweite Zuhause des DSF, (nach der Schmeling-Halle), dann war jahrelang keine Ka-mera mehr Gast gewesen. Darüber hinaus stand in Jamie Booker ein potentieller Nealy Ersatz bereit, der zu testen war. Er war einen Tag bei der Mannschaft, kannte sich im europäischen Regelwerk überhaupt nicht aus und war ein Flop, eine weitere Randerscheinung, die gleich wieder ging. Würzburg verpennte den Start, mal wieder, blies dann zur Aufholjagd, mal wie-der, riss das spiel an sich und führte mit 10, und verschenkte den Sieg wie gewöhnlich wieder her, indem man im letzten Viertel das Punkten vergaß. Nichts hatte sich geändert! Eddy ge-lang ein 6-Punkte Spiel, Dreier mit Foul, FW daneben, erneuter erfolgreicher Distanzwurf, Hoff verstopfte sich, Hall sprang ungefähr auf eine Höhe von 4m und hämmerte einen Dunk über Tribe, den besten Shotblocker der gesamten Liga und konstantesten x-ray. Ich muss sa-gen, langsam war das nicht mehr zum lachen. Der Fan erlebte ein von unzähligen Rückschlä-gen gebeuteltes Team, welches genau genommen keines war.
Ausgerechnet unsere Freunde aus Bonn bauten uns wieder auf. Nein, wir gewannen nicht, waren nur nahe dran und schöpften infolge der couragierten Leistung wieder Hoffnung auf die Rückrunde. Ein zweiter Amerikaner würde nachverpflichtet werden, er würde gleichzeitig der Messias, der Retter sein müssen. Das Team war ja nicht schlecht, das wiederholte ich gebets-mühlenartig, lediglich desorientiert und aus der Bahn geworfen, es brauchte doch nur einen Anstoß, das war alles was fehlte um einem „Perpetuum mobile“ gleich nach vorne zu pre-schen.
Wir verloren mit 6 Punkten gegen die Männer vom Rhein. Das war in Ordnung. Schließlich waren sie eines der besten Teams der Liga. Ja, auch in diesem Punkt ist man heute schlauer.
Singaras Tribe vertrat uns beim Allstar-Day. Währenddessen arbeitete die Mannschaft inten-siv an ihrem Spiel. Die gefrusteten Fans hatten die Hoffnung noch nicht völlig aufgegeben. Jeremy Veal verstärkte uns. Er war eine gute Verpflichtung, ein körperlich robuster Guard mit Scorerqualitäten und einer, der sofort Verantwortung übernahm. Gegen Leverkusen bewies er gleich im ersten Angriff, dass er es, ungleich vielen anderen Bundesligaspielern nicht als un-ter seiner Würde empfand aus der Mitteldistanz zu werfen. Das ganze Spiel über haderte er mit dem Dreier, nur um in der entscheidenden Phase, als sich Würzburg vorentscheidend ab-setzte, zwei in Folge zu erzielen. Darüber hinaus klaute er in seiner Drangphase Wucherer den Ball, startete den Fastbreak und schloss ihn per Korbleger plus Bonusfreiwurf ab. Erneut war man gewillt, alles Negative der ersten Saisonhälfte über Bord zu werfen und zielstrebig auf einen gesicherten Mittelfeldplatz zu schielen. Rückblickend war ein Sieg gegen diese Lever-kusener nichts wert. Die traten zu dieser Zeit dermaßen unterirdisch auf, sodass sie selbst in Liga 2 arge Probleme bekommen hätten. Dort scheiterte das groß angelegte Projekt, unser ehemaliges Eigengewächs Greene vermochte nicht mit seinen jungen deutschen Kollegen das Team ins gelobte Land zu führen. Möglicherweise erhält nun ein neu gegründetes Würzburger Zweitligateam die Chance es besser zu machen…
Würzburg bestritt eine Woche später das zweite Fernsehspiel in Ludwigsburg. Vom heimi-schen Fernsehschirm erschien die Ludwigsburger Rundsporthalle, das muss einfach gesagt werden dürfen, als niemals bundesligatauglich. Ein hervorragend aufgelegter Greene und ein, wenn überhaupt möglich, noch stärkerer Wilson ließen die Würzburger Defense den ersten Hunderter kassieren. Frustriert sah man Wilson alles treffen, ausnahmslos alles und musste tatenlos mit ansehen wie Greene seine Verteidiger einfach stehen ließ und entweder selbst erfolgreich abschloss oder Samanic bediente. Daneben trafen die Ludwigsburger Bankspieler ihre Dreier traumhaft sicher, und unsere Jungs, die kamen zwar zum Ende der ersten Hälfte nochmals heran, ergaben sich dann aber den, an diesem Tage übermächtigen, Ludwigsbur-gern. Veal erzählte 32 Punkte und der treue Fan grübelte, warum die besseren Durchschnitts-spieler (Burleson, Wilson) ausgerechnet gegen die x-rays regelmäßig wahre Feuerwerke ab-brannten. Zum allem Überfluss versaute einem noch das Interview mit Wolfgang Malisch die Halbzeitpause, denn dieser jammerte und weinte über das spärliche Budget. Aufmerksame Zuschauer, oder rationalere und gemäßigtere Fans, könnten damals schon leise Andeutungen des Finanzdesasters aufgeschnappt haben.
Nach dieser Niederlage hatte sich die gute Vorstellung gegen Leverkusen relativiert und man blickte fast ängstlich auf den Saisonhöhepunkt. Bamberg würde seine Visitenkarte abgeben, das Frankenderby stand an. Würzburg war für die Oberfranken zuletzt immer ein gutes Pflas-ter gewesen, bis, oh welch wohltuende Erinnerung, King Zemlijc am 11.03.2004 die Pokal-ambitionen der Bamberger zerstörte.
Bamberg würde mit gut 500 Fans aufmarschieren. Im Vorfeld waren aus der Szenario-Richtung dümmliche Parolen zu hören (Würzburg muss brennen und fallen! - pünktlich zum 60. Jahrestag der Zerstörung Würzburgs).
So kamen die Würzburger Anhänger nur zögerlich und mit gemischten Gefühlen (natürlich nicht wegen den Drohungen und Schmähungen, sonder aufgrund der Gefahr einer Klatsche) und peinlicherweise war die Arena nicht ausverkauft. Die 600 Bamberger boten ein imposan-tes Bild, wie sie so friedlich auf an der Rückseite der Arena Aufstellung genommen hatten. Die echten „Freaks“ hatten die Szenario-Idioten auf die Tribüne verbannt und verhielten sich angenehm ruhig während des gesamten Spiels.
Dem Manager war, da am selben Tag Faschingszug in Würzburg war, die Idee gekommen, die Partystimmung zum kulminieren zu bringen. Was er sich davon versprach, ist mir ein Rät-sel, außerdem war die Ausführung eher lächerlich, denn wer singt schon gerne 5 Minuten lange „Life is Life“? Wahrscheinlich schwebte ihm vor, den Unterhaltungswert eines Basket-ballspiels zu steigern.
Das Derby begann ganz nach Würzburger Geschmack. Die x-rays führten schnell 7:0 und vermochten den Vorsprung sogar etwas länger zu halten. Das Spiel war geprägt von harter Defense. Leider nahm Gunman-Beechum zu früh das Spiel in seine Hand und in einer pa-ckenden Schlussphase verlor Würzburg nach toller kämpferischer Leistung doch noch mit 9. Eddy Barlow hatte mehrmals durch Dreier am Mann sein Team ins Spiel zurückgeschossen. Doch Beechum und Ensminger, der von der langen Garde der Würzburger nicht unter Kon-trolle gebracht werden konnte, stellten die standesgemäßen Verhältnisse wieder her. Während des Fights war es ganz im Stile eines Derbys zu beißend, verbalen Auseinandersetzungen ge-kommen, was mein eher gespaltenes Verhältnis zu Bamberger Größen wie Ensminger, Nahar oder besonders „UWE“ Helmanis erklärt.
Diese gesunde Rivalität zwischen Würzburg und dem ungeliebten fränkischen Nachbarn wird uns wohl am meisten fehlen, genau wie die packenden Derbys, die einen manchesmal um den Schlaf brachten.
Wer weiß, vielleicht kreuzen sich ja irgendwann mal wieder unsere Wege…
Nach diesem emotionalen Derbys kamen 4 Spiele zum Vergessen, die endgültig den Abstieg besiegelten. Wäre das Team in dieses wichtigen Vergleichen couragiert und motiviert aufge-treten, wäre ein Erreichen eines Nichtabstiegsplatzes bis zu Letzt realisierbar gewesen. Diese 3 Hauptrundenniederlagen (das vierte Spiel war ein Pokalspiel) brachen dem Team definitiv das Genick.
Fakt ist, das wohl im Januar bereits Gehaltszahlungen ausfielen. Fakt ist, das nach dem Köln-spiel abermals bekannt wurde, dass zum zweiten Mal in zwei Jahren die Insolvenz drohte.
Das Management, das sich wie in der Würzburger Presse- und Öffentlichkeitsarbeit üblich, erst spät und dann nur zögerlich ausließ, begründete die wiederholten Engpässe folgenderma-ßen:
Durch das schlechte Abschneiden wären Zuschauereinahmen ausgeblieben. Das ist plausibel, vor allem dann, wenn man sich die Zielsetzung dieser Herren für die laufende Saison verge-genwärtigt. Siege bringen Zuschauer und Begeisterung, das ist eine einfache Rechnung. Und es sei an dieser Stelle nochmals betont, dass dieses Team viel hätte erreichen können. Nur machte Fortuna dieser Kalkulationen einen Strich durch die Rechnung.
Darüber hinaus hatten die Wechselspiele Geld gekostet. Diese waren notwendig. Wenn dem Fan aber vorgerechnet wird, dass alle Verträge im beidseitigen Einvernehmen gelöst wurden und keinerlei Abfindungen gezahlt worden wären und dann in diesem Bereich doch Lücken auftreten, so hat der Fan das Recht sauer zu sein und sich betrogen und hintergangen zu füh-len.
Des Weiteren hätten, so Falckenberg, verschiedene Sponsoren ihre Zusagen nicht eingehalten.
Der Hauptsponsor hätte nicht, wie versprochen, eine Kapitalaufstockung vorgenommen.
Dies scheint alles etwas wässrig zu sein, denn es würde bedeuten, dass nicht verfügbares Geld ausgegeben worden sein würde. Das entspräche unfachmännischem Wirtschaften.
Zudem seien noch Altlasten vorhanden.
Die tatsächliche Summe, 600.000 €, erschreckte trotzdem.
Die Seifenoper nahm ihren Lauf und erinnerte dabei an die Geschehnisse der letzten Saison.
Fristen wurden gesetzt, um mehrmals außer Kraft gesetzt und verlängert zu werden, der Hauptsponsor wurde öffentlich verunglimpft, bis er seinen Ausstieg für die nächste Saison erklärte und einige Basketball-Bundesligisten schlossen sich zu einer einmaligen Solidaritäts-aktion zusammen, brachten einen sechsstelligen Betrag auf und hofften somit den Imagescha-den der Liga bei einer weiteren Insolvenz abzuwenden.
Und dann meldete sich noch ein alter Bekannter zu Wort.
Holger Geschwindner hatte seine Chance gewittert. Der unorthodoxe Nowitzki-Mentor, der außerdem in der DJK noch als Individualtrainer der jungen Wilden fungierte, hatte während der letzten Jahre, schon während der erfolgreichsten Saison 00/01, vehement die „drittklassi-gen Söldner“ kritisiert, die seiner Meinung nach im Würzburger Kader zu finden waren. Er hatte gefordert, zum deutschen Weg zurückzukehren, auf junge deutsche Spieler zu setzen. Nachwuchsarbeit war sein Schlagwort. Es machte durchaus Eindruck, denn wer hatte nicht Garrett oder Greene bewundert und Nowitzki verehrt? Wer hätte sie nicht gerne weiterhin im x-rays Dress die Liga aufmischen sehen. Leider war dieser Jahrgang wohl nur ein riesen Zu-fall gewesen und man hatte auch gesehen, wie schnell diese Spieler plötzlich weg waren. Die Verantwortlichen hatten daraus wohl die Lehre gezogen, dass Nachwuchsarbeit nicht lohnend sei, solange man die Talente nicht längerfristig an den Verein binden konnte. So hatte man nicht mal für Dirk eine Ablöse kassiert (der alte Verein von Bulls-Spieler Nocioni bekam da-gegen eine satte Summe überwiesen).
Geschwindner hatte also zusammen mit seinem Anwalt, Nico Wucherer und selbstverständ-lich seinem Ziehsohn ein Konzept entwickelt. Er und Malisch waren sich in Zeiten der Krise näher gekommen.
Die Organisation „player development program“, kurz pdp, wollte deutsche Talente in Würz-burg zusammenziehen und unter der Leitung Geschwindners zur zukünftigen deutschen Bas-ketballelite reifen lassen. Diese Spieler sollten dann Teil des Bundesligakaders werden. Würzburg hätte demnach einen etwa sechs bis sieben fassenden Kern an erfahrenen Spielern zusammengestellt (und somit das Geld für weitere Bankspieler eingespart) und den pdp-Leuten reichlich Spielzeit gegeben. Da Geschwindner meinte, für seine Jungs sei die erste deutsche Liga gerade gut genug, war er an einem Verbleib der x-rays im Oberhaus interessiert und bot eine Finanzspritze an. An dieses Geld waren Forderungen geknüpft und am Ende floss es nicht, woran auch Falckenberg nicht unschuldig war, der das Geld einfach munter mit einkalkulierte und anschließend einräumen musste, gar nicht darüber verfügen zu können.
Nun hat das pdp einen Antrag auf Zweitligalizenz gestellt, im Falle der Verweigerung der Vergabe an die x-rays.
In diesem Durcheinander ging es nur begrenzt noch ums Sportliche. Die x-rays scheiterten gegen Köln, kamen im Pokalviertelfinale vor nur 150 Zuschauern (heftiger Schneefall und Unlust) gehörig unter die Räder und der „worst case“, als es eigentlich nicht mehr schlimmer kommen konnte, trat dann beim Spiel gegen Trier ein, wo völlig demotivierte, verunsicherte und verärgerte Spieler 81:41 verloren. Nach dieser Arbeitsverweigerung, auszunehmen ist mal wieder Nils Mittmann, hatten die Fans die Mannschaft satt. Dieses Spiel besiegelte letzt-endlich bereits den Abstieg, obwohl der Kampf noch einmal aufflammen sollte, weil Trier keineswegs eine Übermannschaft war.
Bevor man nach Gießen fuhr, verließen zwei Spieler den Verein. Johannes Tesfaldet, der in einer Würzburger Zweitligamannschaft sicherlich eine Perspektive gehabt hätte, heuerte in der Schweiz an und Mustapha Hoff, ein Schlüsselspieler verabschiedete sich ebenfalls. Dar-über hinaus bestand Unsicherheit darüber, ob Topscorer Veal den Lockrufen aus Frankfurt folgen würde.
Somit hatten wir die Hoffnung aufgegeben, denn ohne Hoff war unser Frontcourt dünn, abso-lut hauchdünn besetzt, da Tribe seit dem Allstar-Break nur noch hinterherhinkte. Aaron Mc-Carthy beschied dem Libanesen unzureichende Charakterstärke. Gerüchte besagten, Hoff ha-be sich innerhalb der Mannschaft wie ein absolutistischer Spielerpatriarch gegeben und wäre indirekt auch an Nealys Abgang schuld. Stets nur am Geld interessiert, war er in den letzten Spielen besonders unmotiviert und lustlos aufgetreten. Trotz allem war er eben Würzburgs wichtigste Waffe unter dem Korb gewesen.
Würzburgs Kader war auf 8 Profis zusammengeschrumpft. Jetzt mussten auch Co-Trainer Glasauer und McCarthy selbst beim Training aktiv mitmachen. Und Würzburg spielte in den kommenden Partien fast immer mit lediglich 7 Spielern, da sich Zivkovic nicht als bundesli-gatauglich erwiesen hatte.
Dass man überhaupt nach Gießen fahren konnte, war alles andere als klar und der Antritt dort war lange Zeit mehr als fraglich. Deutlich engagiertere x-rays konnte in Gießen wiederum nichts gewinnen. Die düstere Prognose, mit Hoff sei jede Siegchance gegangen, schien sich zu bestätigen.
Irgendwann in dieser Zeit wurde dann auch klar, dass die zumindest die Saison zu Ende ge-spielt werden würde und die Diskussionen verstummten für einige Zeit. Überdies wusste na-türlich keiner, wie es um die Finanzen wirklich stand.
Ab diesem Zeitpunkt begann der dritte und letzte Abschnitt der Saison, der richtig Spaß machte. Diese Mannschaft verabschiedete sich so würdevoll wie möglich von der ersten Liga und gewann unzählige Sympathiepunkte bei der Anhängerschaft zurück. Nun stand plötzlich ein eingeschworenes Team auf dem Platz, das sich mit jedem messen konnte, und wollte. Die Gehaltszahlungen waren im Rückstand oder fielen gänzlich aus. Den x-rays tat dies in ihrer Spielfreude und Kampfeslust jedoch keinen Abbruch.
Ehrlich gesagt, waren mir die Spiele dieser Ansammlung an Söldnern sogar lieber als Man-che der Schönwettertruppe um Garrett.
Jaja, man erwartete auch nicht mehr allzu viel. Innerlich erwartete man Niederlagen, die das Wort Klatsche neu definieren würden.
Vielleicht rechnete man sich bestenfalls für das kommende Spiel gegen Schwelm etwas aus.
Die Schwelmer waren im Aufwind. Ungefähr 200 Fans begleiteten sie zu diesem immens wichtigen Spiel. Der Verlierer konnte für die „Junge Liga“ planen.
Das Bild das die Halle eine halbe Stunde vor Spielbeginn bot, war ein trauriges. Im Innen-raum war nur spärlich bestuhlt worden und Fans verloren sich kaum auf den Tribünen. Glücklicherweise kamen dann doch 1700, dank der Schwelmer Fans.
Die erste Halbzeit war ein wahres Offensivfeuerwerk. Auf Schwelmer Seite gelangen einem gewissen Johnson wahre Wunderdinge. Auch wenn er etwas lächerlich, im treuen Sprewell-Look, daherkam, versenkte er einige Dreier am Mann.
In der zweiten Hälfte entwickelte sich ein nett anzusehender Schlagabtausch. Und die so hart geprüften Fans standen plötzlich wieder hinter ihrem Team, gerieten in eine Art Ekstase und übertönten den etwas lahmen Fanclub um Welten. Angetrieben von Veal, Mayfield und über-raschenderweise auch von einem wiedererstarkten Tribe setzten die x-rays zu einem Lauf an, der das Spiel entschied und Begeisterung auf die Ränge zauberte. Das war mal wieder ein schönes Erfolgserlebnis. Da auch Johnson nicht mehr traf, war es gelaufen, sehr zum Ärger deren Fans. Veal und Mayfield trafen 10/15 Dreier und rannten konsequent die Fastbreaks wie zu besten Zeiten des Würzburger Basketballs. Da fiel es auch nicht ins Gewicht, dass Mayfield, der zuvor eingeslammt hatte, den Hunderter in allerletzter Sekunde vergab.
Niemand in der Halle verschwendete an diesem Abend einen Gedanken an müßige Klassen-erhaltsfragen, sondern man freute sich endlich wieder und feierten das neugeborene Team.
Hiernach verlor man dumm in Karlsruhe. Perovic verwarf am Ende zwei offene Dreier zum möglichen Ausgleich. Die Siegesserie konnte nicht fortgeführt werden, der Aufwärtstrend indes hielt an.
Hitzige Szenen und wütende Proteste – das Gastspiel des amtierenden deutschen Meisters war sehr emotional. Unerwartetherweise ging Würzburg in Führung und baute diesen bis kurz vor Ende der Halbzeit kontinuierlich aus. Perovic, es war tatsächlich die Zeit der Wiedergeburten, spielte sich aus seinem tiefen, dunklen Loch heraus und war der Hauptverantwortliche für diese grandiose Vorstellung. Frankfurt steckte nicht auf, Würzburg auch nicht, konnte den deutschen Meister aber nicht davon abhalten, vor allem aufgrund einer effektiven Ganzfeld-presse, 9 Sekunden vor Schluss mit 2 Punkten in Führung zu gehen. Nun kam es zum großen Skandal. Veal schnappte sich den Ball, dribbelte gemächlich Richtung gegnerischen Korb, hüpfte dort herum und nahm endlich einen Wurf mit der Schlusssirene, direkt gegen Defen-semonster Diarra. Der Wurf fiel rein, alles umarmte sich und als der Wurf dann, kurzzeitig, als Dreier gewertet wurde, war ich zunächst verwundert. Von meiner Position hinter dem Würzburger Korb hatte es den Anschein gehabt, als ob Veal klar innerhalb der Markierung abgedrückt hatte.
Veal war, das war auf Fernsehbildern zu erkennen, ganz klar in der Nähe der Dreierlinie ge-dribbelt. Es konnte nicht ganz aufgelöst werden, wo Veals Fuß stand, ob denn hinter der Linie oder knapp darauf. Ein Beobachter analysierte, dass Veals Sprungbein hinter der Linie stand und das andere darauf. Veal war aber mit dem Sprungbein zuletzt abgehoben, also hinter der Linie.
Das eigentliche Ärgernis besteht darin, dass deutsche Schiedsrichter auch die klarsten Zweier als Dreier zählen lassen, solange der Spieler in unmittelbarer Nähe der Linie zu finden ist. In einer solchen Situation, ohne sich sicher sein zu können, gegen die Heimmannschaft zu ent-scheiden ist nicht gerecht. Bei anderen Teams, besonders bei den beiden Retorten, wäre die Entscheidung gnädiger ausgefallen. Das hinterlässt doch einen Beigeschmack…
Ein Tribünenfan war so wütend auf den Referee Prause, dass er mit seiner halbvollen Plastik-flasche auf ihn feuerte und traf. In die allgemeine Anspannung hinein, drohten die Schieds-richter mit Spielabbruch und verzogen sich zur Beratung in die Kabinen. Nach langen 15 Mi-nuten kamen derer Zwei wieder heraus. Das Spiel sollte beim ausgeglichenen Spielstand und verbleibenden 2 Sekunden fortgesetzt werden. Auch bei der Zeitfrage waren Zuschauer und Refs verschiedener Meinung. Nach Veals Wurf, war nach der Üblichen Ignoranz der Zeit-nehmer die Uhr weitergelaufen und die Schlusssirene ertönt. Auf den Fernsehbildern landet der Ball exakt 0,9 Sekunden im Korb.
So wurde Würzburg ein Opfer des einmaligen und auffällig peniblen Verhaltens der Unpartei-ischen. Auch das hinterließ einen faden Beigeschmack…
Ein langer Pass von Roller konnte von Veal nicht entscheidend abgelenkt werden, gelangte zu dem in der Zone postierten Williams, der erfolgreich abschloss. Würzburg verlor.
Über die Entscheidungen wurde hinterher genug diskutiert.
Würzburg verlor nicht nur wegen dieser Entscheidungen. Durch schwache Minuten vor Ende hatten sie sich die Chancen auf den Sieg eigenständig eingeschränkt. Die Fans, die fassungs-los sitzen blieben, ergingen sich in Verschwörungstheorien.
Passenderweise feierte Murat Didin einen runden Geburtstag. Die mitgereisten Frankfurter sangen ein allseits bekanntes Ständchen und machten sich damit keine Freunde. Einige buh-ten, einige pfiffen, einige schrieen, aber das Gros verharrte wortlos auf den Hartschalensitzen.
Premiere hatte sich das schlechteste Spiel der Saisonendphase ausgesucht, um aus der altehr-würdigen Arena live zu übertragen. Hendrik Rödl hatte sein Team perfekt eingestellt und die Albatrosse bolzten Defense von Anfang bis Ende.
Dafür gab es einen netten Erfolg in der überaus schmucklosen Tü-Arena. In einer zerfahrenen Partie bewies Perovic, der jetzt den Vorzug vorm oft zu hastigen Mayfield bekam, warum er „einst“ als großer Hoffnungsträger gegolten hatte. Veal bediente Arbet zum sauberen, kra-chenden Alley-opp, Singaras Tribe traf per lässigem Fadeaway zur Vorentscheidung und Mittmann entschied das Spiel endgültig zu Gunsten der Mainfranken gegen die unausgegli-chenen Badener Korbjäger. Ein letzter Auswärtserfolg erfreute und versöhnte.
Endgültig war man noch nicht abgestiegen, gegen die Dragons galt es die Minimalchance zu verteidigen. Würzburg sah die letzte große Basketballkulisse. 2700 Zuschauer brachten nochmals Stimmung in die Halle. Dass so viele gekommen waren, ist verwunderlich. Wahr-scheinlich waren im Vorfeld viele Freikarten verteilt worden. Die Fans erlebten grausame 10 Minuten zu Beginn. Artland traf von überall, die Schützen wurden freigespielt und die Langen mustergültig in Szene gesetzt. Dagegen fand die Würzburger Verteidigung kein Mittel. Über-dies war Center Heinrich früh foulbelastet. Man war auf Schlimmes gefasst, doch von nun an spielten die x-rays selbstbewusster und verkürzten einen 20-Punkte Rückstand zur Halbzeit auf 10. Was sieben x-rays gegen 10 Quakenbrücker boten war atemberaubend und faszinie-rend. Das Spiel wurde auf hohem Niveau weitergeführt. 10 Minuten vor Ende war der Rück-stand auf 14 angewachsen. Im vierten Viertel tobte die Arena, aufgrund einiger strittiger Ent-scheidungen wurden die Quakenbrücker Angriffe durch pfeiffen geschmäht. Die Einwechs-lung des Kapitäns brachte viel frischen Wind. Perovic traf von außen, Veal von überall und dann erzielte Perovic im Fastbreak die erste Führung des Spiels.
Es wäre auch zu schön gewesen. Der überragende Bulic traf per Dreier und nach einem er-folglosen Angriff auf der Gegenseite wurde er an die Freiwurflinie geschickt. Untypischer-weise verwandelte er keinen, holte sich allerdings seinen eigenen Abpraller und erzielte Er-neut einen Dreier. Beim Stande von 90:87 war es Würzburg vorbehalten bei einer Restspiel-zeit von ungefähr 10 Sekunden den letzten Angriff auszuspielen. Was heißt hier ausspielen? Die Entenhausener fürchteten sich vor einem Dreier und foulten sofort nach Einwurf.
Drei Sekunden vor der Schlusssirene erhielt Veal in der rechten Ecke den Ball. Es gab erneut Grund mit den Schiedsrichtern ins Gericht zu gehen, weil das Publikum das Foul gerne beim Dreipunktewurf und nicht etwa vorher gesehen hätte. Rückblickend war das ebenso eine hauchdünne Entscheidung wie der Dreier beim Spiel gegen die Skyliners.
Veal verwandelte den ersten sicher, verwarf den Zweiten, so wie er es in einer solchen Lage tun muss, Zivkovic verlängert den Rebound zu Veal zurück und der trifft mit seinem finalen Dreier nur den hinteren Ring. Schon wieder mit 2 Punkten verloren. Das Seuchenjahr fand immer eine noch dramatischere Fortsetzung.
Lange tapfer mitgehalten und dann ein weiteres Mal zum Ende hin eingebrochen- was an so viele unglückliche Spiele der Saison erinnerte, widerfuhr den x-rays erneut gegen Oldenburg. Würzburg hatte mehrmals die Chance das Spiel an sich zu reißen und den Niedersachsen ei-nen herben Dämpfer im Kampf um die Playoffplätze zu verpassen. Leider verletzte sich Perovic früh im Spiel. Daraus folgte, dass 6 x-rays gegen eine tiefbesetze Oldenburger Mannschaft anrannten, die es sich leisten konnte 10 in etwa gleichstarke Spieler einzusetzen.
Im 4. Viertel waren die Kraftreserven aufgebraucht und Würzburg erzielte lediglich 6 Punkte im letzten Abschnitt.
Das letzte Bundesligaheimspiel fand gegen Braunschweig statt. Alle wünschten sich einen letzten Sieg. Im Vorfeld drohte jedoch die absolute Misere. Neben Perovic laborierte noch Tribe an hartnäckigen Verletzungen, Veal hatte grippegeschwächt nicht trainieren können und für Mittmann war die Saison vollständig beendet. Wehmütig las man am Tag des Spiels in der lokalen Presse eine Sonderseite zu Höhen und Tiefen der Würzburger Vorzeigesportler, sowie einen anrührenden, emotionalen Kommentar eines treuen Fans. Ähnlich gefühlvolle Gesten und Worte suchte man an diesem Abend vergeblich in der Halle. Der Hallen-DJ verfuhr nach dem Prinzip „business as usual“ und wer auf eine Ansprache der Verantwortlichen, ein Dankeschön vielleicht und ein kämpferischer Appell, oder ein Zeichen der Mannschaft hoffte, wurde genauso enttäuscht. Rechte Stimmung vermochte bei einer dermaßen schwachen Be-gegnung nicht aufkommen. Braunschweig, lange Zeit unser Hauptkonkurrent im Abstiegsrennen, präsentierte genau genommen überhaupt nicht, was Würzburg zu einer klaren Halbzeitführung zu nutzen verstand. In der zweiten Hälfte verkürzte Braunschweig indem sie konsequent ihre lange Garde einsetzten und das Spiel wäre beinah noch gekippt. Veal entschädigte mit einem erfolgreichen Mitteldistanzwurf 3,4 Sekunden vor Ende, der Würzburg die Führung zurückgab, wenigstens halbwegs für ein schwaches Spiel und einen missglückten, primitiven Abschied.
So fühlte man sich nach dem Spiel weder deprimiert noch ausgelassen, eine merkwürdige, leere Stimmung stellte sich ein.
Bei einem Abstieg bleibt nur die Hoffnung auf einen baldigen Wiederaufstieg. Diese hatten alle, allen Gerüchten, Schwierigkeiten und offenen Fragen zum Trotz. Großspurig hatte ein Jörg Falckenberg angekündigt, dass ein 400.000 Euro Etat angepeilt sei und man mittelfristig erneut im Oberhaus spielen wolle. Von einer Kooperation mit dem pdp war auf einmal nicht mehr die Rede.
Nach dem Bonn Spiel, gute Leistung, aber letztendlich doch gegen Bonner, die mit dem Rücken zur Wand standen chancenlos, zeigte die Realität ihr hartes, hässliches Gesicht.
Endlich stand sie an. Völlig unabwendbar. Die Insolvenz. Nachdem wir uns schon zukünftigen Kadern zugewandt hatten, ging es nun ums nackte Überleben. Es wurde bekannt, dass Bonn bei der Finanzierung der Anreise zum Hardtberg finanziell geholfen habe.
Und am Mittwoch wurde sie schließlich eingereicht. Das letzte Kapital unserer verfluchten Saison, die viel Freude hätte bringen können und Kummer gebracht hat.
Die Zweitligalizenz wurde den x-rays verwehrt. Das pdp hat sie bekommen, muss jedoch ein Teilnahmerecht erwerben. Ansprechpartner dafür sind die x-rays, besser gesagt, der neu ein-gesetzte Insolvenzverwalter. Die letzte Chance für den Würzburger Basketball wäre eine Ü-bertragung der Lizenz.
Ein abschließender Blick auf den TSK Würzburg. Wer hat Schuld an dem Desaster? Der Manager oder der Geschäftsführer? Die lahme Region? Gar der Dirk und sein Mentor? Sportliche Misserfolge? Einige Gründe liegen in der Vergangenheit. Der Abgang der jungen Wilden zum Beispiel, der bewies, dass Nachwuchsarbeit in der deutschen Basketball Welt (noch) nur bedingt lohnend ist.
Die x-rays Sportmarketing GmbH ist gestorben. Es lebe der Würzburger Basketball!
Wie sieht die Zukunft aus? Geht das Teilnahmerecht auf das pdp über, so wird es nächstes Jahr Zweitligabasketball geben. Ein low-budget Team, gespickt mit jungen Spielern, die vor allem unter Geschwindner lernen wollen und den Blick stets nach ganz oben richten werden. Geschwindner will der Basketballwelt beweisen, was mit deutschen Spielern möglich sein kann. Doch dabei muss er zuerst zeigen, dass sein Nowitzki-Coup keine Eintagsfliege war.
Wo die Ziele dieser Organisation liegen, weiß ich nicht. Möglicherweise wird pdp Würzburg ein Farmteam für die großen deutschen Vereine werden, ab und zu auch mit Abnehmern aus europäischen Ligen. Ein neuer Name wird gefunden werden müssen.
Inwieweit werden die x-rays weiterexistieren?
Und die Fans? Wer identifiziert sich mit einem Farmteam? Kann ein Neuanfang wieder alte Begeisterungsstürme entfachen?
Bis jene Fragen geklärt sind, hat der unterfränkische Basketballnarr viel verloren, ebenso wie die Bundesliga einen Traditionsverein verloren hat.
Keine Derbys, keine Fights, keine Playoffs und kein Abstiegskampf.
Kein ungebrochener Enthusiasmus, keine Ekstase, keine Gefühlsausbrüche, keine unbändige Wut, kein glühender Jubel. -
Meine Herrn! Das sind 1½-zeilig über 20 Seiten Text!!! Sorry, aber dafür fehlt mir echt die Zeit. Könntest Du vielleicht Deine Kernthesen noch mal in aller Kürze zusammenfassen?
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Heiaiaiiaa!! Was für ein sensationeller Post. Wenn der Inhaltlich auch so gut ist wie er erscheint (lese ich gleich…) dann Respekt.
Meld mich nachher nochmal.
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Ein Tipp von mir: Kopieren - in Word einfügen - Schrift größer machen. Dann kann man es in einer Stunde schaffen ohne Augenschmerzen.
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Ein für das Ergebnis Abstieg doch erstaunlich objektiver Post. Danke für die Mühe, und Kopf hoch.
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ist schon klar, dass so ein langer text schwer am computer lesbar ist.
wer ihn lesen will, kann ihn lesen!
vorrangig war er für das x-rays forum bestimmt, da dieses aber geschlossen ist, habe ich ihn hier herein gepostet.
die länge war zu beginn auch noch nicht abzusehen.
eine art von frustbewältigung.
habe daran von sonntag bis freitag gearbeitet, jeden tag etwa 1,5 h.
wie lange war der bisher längste text bei sd eigentlich? -
Auf jeden Fall ein FLEISS-BIENCHEN!!! Ich schreibe ja auch gern und viel, aber das ist wohl ganz offizieller SD-Rekord.
Nachdem sich Würzburg Jahr für Jahr mehr schlecht als recht in der Liga gehalten hat, teilweise nur mit Hilfe der BBL dem Abstieg von der Schippe gesprungen ist, kommt nun der tatsächliche Abstieg nicht wirklich überraschend. Würzburg sollte wirklich in der Liga spielen, wo sie hinsichtlich finanzieller Möglichkeiten und Publikumsinteresse hinpassen. In die BBL nicht so richtig - zum Sterben zu viel, zum Leben so wenig; und das seit Jahren, irgendwann musste es die mal erwischen….
Jetzt muss man langsam etwas Neues von grundauf aufbauen. Sofortiger Wiederaufstieg sollte gar nicht das Ziel sein. Ich würde mich freuen, in ein paar Jahren wieder XYZ Würzburg in der BBL zu erleben. Die Fans gehören durchaus zur sympathischen Gattung.