@ogtbb sagte in Kader Telekom Baskets Bonn 24/25:
Lasset die Diskussionen beginnen…
Wohl dem der vorbereitet ist.
Mein Fazit der Kaderplanung:
So, Der Kader ist fertig, die Baskets sind dieses Jahr damit sehr schnell fertig geworden, das spricht für mich dafür, dass wir an vielen Stellen Spieler bekommen haben, die recht weit oben auf unseren Wunschlisten gestanden haben.
Wenn ich versuche auf die Ausgangslage am Ende der Vorsaison zurück zu schauen dann lässt sich das ungefähr so zusammenfassen:
Oberste Stelle auf der Wunschliste und uneingeschränkter Konsens war, dass Thomas Kennedy weiter verpflichtet wird.
Diesbezüglich gab es eine Menge Pessimismus, denn es wurde befürchtet, dass er sich zügig aus seinem Rookie-Vertrag raus- und auf die Zettel von finanzstarken Teams gespielt hat, auch bei Griesel gab es die eine oder andere Sorge.
Es gab vereinzelte Stimmen die davon ausgingen, dass sich Pape ganz der Medizin widmet, Sengfelder wurde zunächst nicht besprochen, aber aufgrund des Fabig-Gerüchtes kam sehr schnell sein Name auf die Liste der Spieler bei denen man nicht sicher ist ob sie bleiben.
Der komplette Rest des Kaders wurde sehr kontrovers diskutiert. Die Spannweite ging von Watson (dessen Weiterverpflichtung sehr kritisch gesehen wurde) bis hin zu Frey (den viele gerne als Backup behalten hätten).
In gewisser Weise können wir uns selber auf die Schulter klopfen, denn ziemlich genau so scheinen auch die Verantwortlichen die Situation eingeschätzt zu haben. Die wichtigsten Optionen wurde frühzeitig abgekauft (Griesel, Kennedy), beides für sich genommen schon wirkliche Kracher, die nicht selbstverständlich waren
Mit der Verlängerung von Kennedy und dem Zweijahresvertrag von Pape waren zwei Ecksteine der Vorsaison gesetzt und damit natürlich auch klar, an welchen Stellen man schrauben muss um die Verteidigung auf den großen Positionen im Vergleich zur Vorsaison zu verbessern. Gleichzeitig hatte die “Ballung” vieler deutscher Spieler auf der 4/5 durchaus zu Problemen geführt, da man bei der langen Verletzung von Turudic Schwierigkeiten hatte jemanden nachzuverpflichten. Letztlich sind die Baskets hier einen Mittelweg gegangen: Wir haben im Vergleich zum Start der Vorsaison zwei deutsche Spieler durch zwei deutsche Spieler ersetzt, Thiemann jetzt voll eingeplant für Turudic und Bähre für Sengfelder. Nominell verliert man dabei deutlich an Qualität. Thiemann ist völlig unerfahren mit gerade mal 55 BBL Minuten, und Bähre hat so richtig erst in den letzten 1,5 Saisons Monaten seinen BBL Durchbruch gehabt, wohingegen Sengfelder ein etablierter Deutscher Spieler am Rande der Nationalmannschaft und Turudic ein erfahrener Rollenspieler ist. Auch das “Ballungsproblem” ist erstmal erhalten geblieben.Trotzdem finde ich die Veränderung gut, wenngleich nicht risikolos. Wir haben auch in der kommenden Saison keine Spieler auf “Groß” den man als klassischen “Rim-Protector” bezeichnen würde, und wir haben in Thiemann einen Spieler der erst noch zeigen muss, dass er konstant BBL Niveau hat. Gleichzeitig haben wir nun deutlich mehr Athletik in der großen Rotation, signifikant mehr Länge, und vor allem mehr Variabilität. Klassische Rim-Protektoren sind in der Liga inzwischen ohnehin eher eine Seltenheit geworden (Weil sie entweder zu eindimensional sind, oder, wenn sie das nicht sind zu teuer). Thiemann hat, so hört man, erkennen lassen, dass er nicht nur lang ist, sondern auch einen respektablen Wurf hat und ist kein großartiger, aber ein respektabler Freiwerfer. Bähre ist sogar ein recht guter Werfer (nicht auf dem Niveau von Peak-Sengfelder) und beide bringen ein Element von Vertikalität (Thiemann durch seine Länge, Bähre durch seine Athletik) das uns zuletzt gefehlt hat.
Bähre kann auch mal einen Guard vor sich halten wenn er auf ihn geswitched wird und ist für einen lange Mann ausgesprochen gut zu Fuß. Das gilt auch für Kennedy, so dass wir mit diesen beiden deutlich aktiver gegen das P&R verteidigen können als letzte Saison. Da wäre es vermutlich mit Turudic und Kennedy auch gegangen, aber da haben uns die Verletzungen einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Wie letzte Saison auch (Flagg) haben wir eine Art “Verbindungsspieler” zwischen der großen Rotation und dem Backcourt. Dieses Jahr ist das Rivaldo Soares. Er ist ein bisschen kleiner als Flagg (2 cm laut Realgm) wirkt aber nach allem was ich bisher gesehen habe vor allem deutlich aktiver. Flagg kann alles was es braucht um in der BBL ein Top-Spieler zu sein, aber irgendwie hat er es nicht zusammen bekommen immer auf einem hohen Energielevel zu agieren. Soares wirkt genau an der Stelle wie ein Antagonist zu Flagg. Wie weit sein offensives Potential reicht werden wir sehen müssen (ich bin da ziemlich optimistisch), aber gegen den Ball ist er auf dem College durchgängig super aktiv, sehr aufmerksam und sehr clever gewesen. Wenn sich das nach Europa transferiert sind wir auf der Position sehr gut aufgestellt und können, je nach Spielsituation super variabel auftreten. Das geht dann von “sehr Athletisch und alle können werfen” (Bähre auf der 5, Soares auf der 4) bis hin zu “Size does matter” (Thiemann auf der 5, Pate auf der 4 und Soares auf der Drei) mit allen denkbaren Varianten dazwischen.
Ein “Problemfeld” letzte Saison war der schwankende Output von der PG Position. Beide Protagonisten hatten signifikante Stärken und gleichzeitig auch deutliche Schwachpunkte. Das Kalkül mal das Eine, und mal das andere an der richtigen Stelle zum Einsatz zu bringen ist, wenn man es nüchtern betrachtet, auf der Offensiven Seite des Feldes hervorragend aufgegangen. Die Baskets Offensive war nicht nur numerisch ausgesprochen erfolgreich, das Spiel war auch über weite Strecken sehr attraktiv… Dabei waren zwei Aspekte besonders positiv (Frey’s P&R insbesondere mit Kennedy, und Watsons Pull-Up), aber es gab auch offensiv, trotz aller Effizienz Schwachpunkte. Beide hatten Probleme wenn der physische Druck groß wurde, Watson generell mit der Entscheidungsgeschwindigkeit. Wenn er auf dem Feld war, war oft das Teamplay beendet, wenn Frey auf dem Feld war strahlte er gelegentlich selber zu wenig Korbgefahr aus. Beide hatten zudem große Schwankungen in Ihrem Spiel. Auf der anderen Seite des Feldes war es mit beiden schwierig. Bei Frey stimmte der Einsatz, aber er hat eben körperliche Grenzen, Watson hingegen war zusätzlich zu den physischen Herausforderungen auch oft unkonzentriert und nicht übermäßig clever. Als Konsequenz haben die Baskets nun auf dieser Position den vielleicht größten Umbruch vorgesehen. Die neuen Protagonisten sind Darius McGhee und Phlandrous Fleming, dazu können auch Sam Griesel und Angelo Allegri auf dieser Position entlasten (So wie das auch letzte Saison Kirkwood, Griesel und gelegentlich Fobbs gemacht haben)McGhee ist auf jeden Fall eine spannende Personalie aus der Fan Perspektive und wie ich finde auch was das strukturell-konzeptionelle angeht. Er ist super klein (PJC Format), sehr schnell, und ein irrer Werfer. Irrer nicht nur im Hinblick auf seine Trefferquote, sondern auch im Hinblick auf seine Wurfauswahl. Er hat dass, was Amerikaner gerne “unlimited range” nennen und trifft Distanzwürfe als stepback, vom Logo, aus dem Dribbling, aus dem Pass und wenn es sein muss auch mal mit der schwachen Hand. Er war auf dem College der völlig unbestrittene Scorer seines Teams und durfte (und musste) jeden Wurf nehmen, der zu haben war. Dass er trotzdem hervorragende Quoten aufgelegt hat spricht für seine Klasse. Diese Qualität hat ihm dann auch Räume geöffnet, in die er mit seinen schnellen Drives hineinstoßen kann. Auch das hat er bisher vor allem zum eigenen Scoring genutzt. Die eine große Frage wird sein, wie sich diese Qualitäten in die sehr physische BBL übertragen. Da er aber auch in der Athletisch starken G League seinen Wurf mit ordentlichen Quoten losgeworden ist, bin ich da recht optimistisch. Die Zweite Frage ist, ob er ein echter Creator für seine Mitspieler sein kann. Das war für mich, aus den wenigen Spielszenen die ich sehen konnte, nicht zu beurteilen. Die College Conference in der er war, war vergleichsweise schwach, seine Rolle war es so viel zu werfen wie die Arme hergaben, seine Teammates waren nicht besonders gut, da gilt es auf Moors zu vertrauen.Der dritte Punkt wird sein, wie viel Gegenwehr er in der Verteidigung zu leisten willens und in der Lage ist. Auf dem College hat er, dass muss man festhalten, im Grunde gar nicht verteidigen müssen. Das war einerseits Systembedingt und zum Zweiten hat er auch nicht unbedingt versucht als defensiver Stopper bekannt zu werden. Er ist schnell und scheint flinke Hände zu haben, aber er ist auch klein und leicht und damit limitiert in dem was er machen kann. Machen wir uns nichts vor, wenn er auf dem Feld steht wird er entweder auf dem schwächsten Offensivspieler des Gegners “versteckt” (so wie wir es auch viel mit PJC gemacht haben), oder aber wir werden insbesondere im P&R viel mit Hilfekonzepten arbeiten müssen.
Ein ganz anderer Spieler ist Phlandrous Flemming Jr. Nach einer College Karriere in der er zunächst in einer schwachen Conference aktiv war, wechselte er in seinem letzten Colleg Jahr in eine starke Conference SEC, und suchte danach den Weg nach Europa. Sein Rookie Jahr in Portugal startete er in einem Mittelfeld Team, machte aber genug auf sich aufmerksam um dann Frankreich bei einem der Überraschungsteams der Saison eine starke Saison zu Spielen. Er ist ein mittelmäßiger Dreierschütze (laut Savo: “Er trifft wenn’s wichtig ist”), ein guter Freiwerfer und füllt den Boxscore in allen Kategorien. Wofür er aber besonders steht ist starke, physische Defensive, gegen Guards. Dass er diesen Ruf auch in der Französischen Liga bestätigen konnte, sagt einiges. Das ist, von der Athletik her, die vermutlich stärkste Liga in Europa. Wer da als guter Guard Verteidiger gilt, der ist ein überdurchschnittlicher Guard Verteidiger. Im Grunde haben wir nun zwei komplett gegensätzliche Profile auf der Eins: Ein Spieler der sich extrem über die Offensive definiert und einer, er sich extrem über die Defensive definiert. Es wird super spannend zu sehen wie der Coaching Staff das zusammen baut, nach meiner Einschätzung könnte ich mir gut vorstellen, dass McGhee auch viel als sekundärer Ballhandler auf dem Feld sein wird (viel Spaß dabei dem über die Blöcke hinterher zu rennen).
Den Rest des Backcourts haben die Baskets mit viel Size und Vielseitigkeit ausgestattet. Mit Allegri (2,01 Meter, Griesel (1,98 Meter) und Hume (1,98) Meter haben wir hier viel Länge, viel Gefahr aus der Distanz , solide Rebounder für Ihre Positionen und bei allen Drei viel Upside im Kader. Keiner der drei ist ein klassischer Volumen-Scorer, wie man ich oft auf der Zwei/Drei in der BBL findet, aber was wir da an Länge und Talent aufbieten können ist schon sehr eindrucksvoll muss ich sagen. Letzte Saison war sicherlich Fobb als primärer Scorer vorgesehen, dass verlagert sich jetzt eher auf die Eins, aber gerade Hume mit seinem Shooting und Griesel mit seinen klugen Cuts werden da sicherlich Einiges auf dem Scouting Bogen hinterlassen. Bei Allegri kann ich es schlicht noch nicht einschätzen, aber was ich gesehen haben deutet auch auf einen vielseitigen Spieler hin, der auch ohne die primäre Option zu sein einen guten Beitrag liefern kann, dass ist sozusagen die Überschrift über alle Drei.
In Summe gefällt mir der Kader als Evolution aus der Erfahrung der Vorsaison heraus gut. Wir haben es geschafft die Athletik und das defensive Potential im Frontcourt zu steigern, ohne dabei zu viel an offensiver Potenz abzugeben, wir haben im Backcourt viel Länge und Vielseitigkeit (Aber die hatten wir ehrlicherweise mit Fobbs, Griesel und Kirkwood auch) und wir haben auf der Eins jetzt Zwei sehr unterschiedliche profile, von denen ich bei beiden denke, dass sie in der BBL Funktionieren können. Bei Fleming sind minimal- und maximalerwartung nahe beieinander, der wird mit großer Wahrscheinlichkeit funktionieren, bei McGhee sind minimal- und maximalerwartung sehr weit auseinander. Wenn er sein Spiel auf dem Niveau etablieren kann wird das ein riesen Kracher, wenn nicht, wird er am Ende wenig spielen.