Aber mal im Ernst: Was soll man mit der Saison noch machen? Der Abstiegskampf ist kein Thema, und Playoffs wird’s für uns sowieso nur bei bbl.tv geben. Das einzige Saisonziel kann und muss nur noch sein, Tübingen zu schlagen, in der Tabelle am Ende vor ihnen zu stehen und die Weichen für nächste Saison zu stellen. Ein Aspekt davon muss sein, Heyden und in geringerem Maße McCray mehr Spielanteile zu geben. Die brauchen junge Spieler sowieso und in einem Saisonende im tabellarischen Niemandsland kann man sie ihnen auch geben. Ich rede hier schließlich von vier, fünf Minuten.
Dazu gehört mAn, sich bereits nach einem neuen Trainer umzusehen und Stafford intern zu stecken, dass man bei Nichterreichen der POs nicht mehr mit ihm plant. Damit hätten beide Seite frühzeitig die Möglichkeit, für die nächste Saison zu planen. Es mag vielleicht sein, dass es eine komplette Saison braucht, bis das Konzept eines neuen Trainers wirklich greift, allerdings bin ich von Coach Staffords Konzept kein bißchen überzeugt. Trotz vager Hoffnungen aus seiner eher offensiven Breitengüßbachzeit hat Stafford leider einen gänzlich destruktiven Bauerball einführen lassen, dem aber im Gegensatz zum Vorbild die individuelle Klasse fehlt, um aus der Zerstörung einen Punktevorsprung zu machen. Ich habe nicht das geringste gegen einen harten Defensivbasketball und brauche auch keine 2 Fastbreakalleyoops, um eine Kundenmentalität oder ein Entertainment-Anspruchsdenken befriedigt zu kommen. Allerdings verwechselt das Konzept, so wie es sich mir auf dem Feld darstellt, zo oft kalkulierte Härte um ihrer selbst willen mit guter Defense als solcher. Stafford lässt auf “zu Null” spielen.
Schwerwiegender ist allerdings die Hilflosigkeit in der Offensive, die die Mannschaft, mal abgesehen von den sensationellen ersten Minuten gegen Oldenburg, an den Tag legt. Während im ersten Viertel, was nicht unüblich ist im Basketball, noch häufig über Nagys und Gibbs gegangen wird, bricht im weiteren Verlauf der meisten Spiele das Insidegame nahezu völlig zusammen, und man verlässt sich in einer Mannschaft, die bis auf Woudstra keinen guten Schützen aufweist, auf Ave-Maria-Dreier, die gerne im Cluster auftreten. Darin liegt auch der Grund, warum sich die EnBW selbst gegen durchschnittliche Zonenverteidigungen zusätzlich schwertut. Wenn man keine Standardsituation einköpfen kann, geht eine zu-Null-Tatik nicht auf, denn im Basketball gibt es dankenswerterweise kein 0-0. Letztlich lässt die Mannschaft/das Systemein ausgewogenes Offensivspiel und ein Mindestmaß an Kreativität so schmerzlich vermissen, dass dieses Manko auch defensiv nicht auszugleichen ist. Wenn Ludwigsburg vergleichsweise wenig Punkte kassiert, liegt das nicht nur an der soliden Abwehr, sondern nicht zuletzt auch an einem generellen Verschleppens des Spieltempos. Dagegen ließe sich ja nichts sagen, wenn die Mannschaft in der Lage wäre, sich konstant erfolgsversprechende Optionen im Setplay zu erspielen.
Demnach bin ich schlussendlich der Ansicht, dass Stafford mit seinem Konzept gescheitert ist und plädiere darauf, dass sich der Verein von ihm trennt. Das finde ich zwar schade für Rick, den ich wie wohl die meisten für einen grundanständigen, ehrlichen und angenehmen Kerl halte, aber ich sehe nicht, wie er die Misere beenden und ein wesentlich besseres nächstes Jahr auf die Beine stellen sollte. Vielleicht hätte er den Weg seines ehemaligen Mitspielers Derick Taylor gehen und zwei, drei Jahre in der Pro A coachen sollen. Aber das ist Besserwisserei im Nachhinein, zugegeben.
Natürlich ist Stafford nicht der Alleinschuldige, werfen wir also ein Blick auf den Kader und prüfen einige Bewerbungsschreiben für 09/10.
Brian Jones - Das personifizierte Sinnbild des Staffordschen Schildkrötenbasketballs mit dem dicken Panzer und der überschaubaren Bewegungsgeschwindigkeit. Ein bei den Fans von vornherein unbeliebter Ex-Tübinger mit Schnelligkeisdefiziten, einem lausigen Distanzwurf und trotz seiner Fähigkeit, irgendwie doch zum Korb durchzukommen, wankelmütig im Abschluss. Auf der Habenseite sicher im Ballvortrag, kräftiger als die meisten Aufbauspieler und mit einem exzellenten Reboundverhalten ausgestattet. Versuchte vergeblich zu organisieren, was nicht zu organisieren war. Zu wenig Korbgefahr in einer Mannschaft, die Punkte stets dringend nötig hat.
Fazit: Zwar nicht so unnütz, wie ich ihne gerne darstellen würde, allerdings passt sein Stil zu sehr zu Staffords Basketball und mit dem plane ich ja nicht mehr. Hat zwar noch ein Jahr Vertrag, dennoch - gehen.
David McCray - Dass er mit auch schon 22 noch nicht weiter ist, liegt nicht zuletzt daran, dass er am Anfang seiner Profilaufbahn den Sport nicht ernst genug genommen hat, wie er einmal im Hallenmagazin eingeräumt hat. Die Zeit tickt zwar eigentlich gegen ihn, aber da man in Deutschland noch als 24jähriger Methusalem in den Talentförderungstopf fällt, hat er noch Gnadenfrist. Diese Saison brachte ihn kein Stück voran. Seine Spielzeit sank gegenüber der Vorsaison um 2 Minuten im Schnitt und auch seine Punktausbeute hat sich halbiert. Der Stil Staffords hat nicht dazu beigetragen, seiner Entwicklungshauptaufgabe nachzukommen: Seinen enormen athletischen Möglichkeiten in mehr Korbgefahr umzusetzen, seinen wackeligen Jumper zu verbessern und seine Übersicht zu schulen. Defensiv rechtfertigt er seine Einsatzzeit durch eine bissige Defense.
Fazit: kann als Backup bleiben.
Domonic Jones - Der Comboguard mit den größeren Stärken auf der 2 ist flink wie ein motorisiertes Wiesel. Auch wenn er dieses Jahr Probleme mit seinem Dreier hat, ist er doch derjenige Spieler, der am besten von allen seinen eigenen Wurf im 1-gegen-1 kreieren kann, eine Rolle in der er dieses jahr notgedrungen oft genug gefragt war.
Fazit: Als Instant-Scorer von der Bank und sechster Mann, der das Spiel schnell machen kann eine glänzende Besetzung. Behalten.
Brandon Woudstra - Unser geliebtes Sorgenkind ist dieses Jahr meilenweit von seiner MVP-Form der letzten Saison entfernt. Oft wurde gesagt und geschrieben, dass er mit B. Jones nicht klar käme, dieser in schneiden würde und unser Kapitän zu nett sei, um den Point Guard in der Kabine mal ordentlich zusammenzustauchen, ihm gefälligst den verdammten Ball zu geben. Allerdings habe ich ganz stark den Eindruck gehabt, dass Woudstra systembedingt verhungert, weil er als Offguard, der in der Ecke auf den offenen Dreier warten soll, kaum Touches bekommt. Auch wenn er, und nur er allein es war, dem wir gegen Düsselkusen den Sieg zu verdanken haben, ließ doch die “Schande von Tübingen” erahnen, dass er zutiefst frustriert ist. Woudstra ist ein Spieler, der den Ball viel in den Händen braucht, der mit seinen Pick’n’Roll Fähigkeiten sogar Sascha Kesselring wie einen legitimen Center ausehen lassen kann. Der den Ball haben muss um Fouls zu ziehen, wenn der Gegner die Mannschaftsfouls voll hat. Dieses Jahr wiederholt sich in drastischerem Maße, was schon in Leverkusen neben Goldsberry zu beobachten war: Neben einem balldominanten Point Guard gehen er und seine Allroundqualitäten unter.
Fazit: Ich würde ihn ja gern behalten, aber ob er noch Bock drauf hat?
De’Angelo Alexander - Durch seine lange Verletzungspause schwer zu bewerten. Aufgrund seiner starken Physis ein guter Verteidiger und starker Rebounder, der unauffällig, aber konstant in Korbnähe punkten kann. Wackeliger Distanzwurf und wegen mäßigem Ballhandling auch kein übermäßig gefährlicher Slasher.
Fazit: Was er kann, kann Robinson ähnlich gut oder besser. Kein Schlechter, kann aber gehen.
Stefan Fahrad - Solider Ergänzungsspieler ohne Risiko. Engagierte Verteidigung, mal der offene Dreier, wenig Fehler.
Fazit: Ein Mann für die Deutschquote und das hintere Ende der Rotation. Kann bleiben.
Frank Robinson - What you read is what you get. Hat sich nach drei Spielen schon zum Publikumsliebling gemausert. Bringt Leidenschaft, Einsatz und positive Energie ins Team und besitzt großartige athletische Möglichkeiten aufgrund derer er beim Zug zum Korb auch gegen große Brocken abschließen kann. Leider ist sein Wurf von außen ziemlich unzuverlässig.
Fazit: Definitiv eine Bereicherung, wenn er bliebe.
Chris Schlatter - Hat einige Qualitäten: einen brauchbaren Distanzwurf, eine solide Größe für einen SF, aktiv im Rebound und engagiert in der Verteidigung. Das alles aber leider weniger auf BBL- als vielmehr auf ProA-Niveau.
Fazit: Hat nicht die Klasse für die Bundesliga.
Marco Sanders - In der Verteidigung für einen Vierer ordentlich zu Fuß und eine solide Athletik besitzt er auch. Sonst basketballerisch eigentlich nichts.
Fazit: Nicht BBL-tauglich.
Dane Watts - An dieser Stelle könnte man jetzt über den Wert eines vorwiegend als Distanzschützen wertvollen PFs diskutieren, der von draußen nichts trifft. Allerdings ist es kein völlig ungewöhnliches Phänomen, dass die Dreierquote eines Collegeabsolventen im ersten Profijahr einbricht. Dieser Einbruch ist bei Watts aber qualitativ und zeitlich einigermaßen erschreckend. Dafür stimmen Einsatz und Reboundarbeit.
Fazit: Seine Trefferquote ist zum Haareraufen, jedoch berechtigt seine gute Wurftechnik zu verhaltener Hoffnung. Zudem bei den Fans recht beliebt. Kann gehen, kann aber auch bleiben.
Kelvin Gibbs - Als die Gegner seine zwei, drei Moves in Brettnähe spitzgekriegt hatten, stürzen seine Offensivleistungen ab. Zwar kann er mal Dreier treffen, zum guten Schützen macht ihn das noch lange nicht. Seine Reboundzahl lässt sich gut an, weil er mit seiner Masse den Gegner gut vom Ball weghalten kann. Im Sprungduell aber hoffnungslos verloren. Außerdem hat er gegen Gardemaßcenter dicke Probleme, die einfach mal so über ihn hinwegwerfen. Besitzt den bisweilen ungesunden Drang, als Finesse-Player aufzutreten. Neigt zu Unkonstanz und ist “turnover-prone”.
Fazit: Hat was auf dem Kasten, mit dem er den gegner überraschen kann. Sobald ihn die Gegenspieler jedoch kennen, wird sein ungewöhnliches Profil vom Vorteil zum Hindernis. Kann gehen.
Tomas Nagys - Unzweifelhaft der beste Big Man, den wir haben. Besitzt die nötige Physis, einen guten Sprungwurf aus der Mitteldistanz und die Centerbewegungen am Brett. Eigentlich ein Center, mit dem man glücklich werden könnte. Wäre er nur nicht so ein Headcase, für den es zwischen den Extremen gelangweilter Dienst nach Vorschrift und tickende Holzhackerzeitbombe kein gesundes Mittelmaß zu geben scheint.
Fazit: Bei den Fans unten durch. Sportlich wertvoll, aber sein Kopf schadet dem Team zu oft. Gehen.
Philipp Heyden - Auch wenn bei den Dukes einige keine besonders hohe Meinung von ihm haben, halte ich einen 20jährigen Center mit seiner Mobilität und dem bereits guten Halbdistanzjumper für ein ausgesprochenes Talent, zumal er in Kirchheim Zahlen auflegt, die alle Ehre wert sind. Auch wenn er körperlich sicher noch etwas zulegen kann, ist er physisch doch schon weiter als ein Pleiss und die Spöler-Spargel.
Fazit: Meiner Meinung nach bereit, in den Bundesligakader aufzurücken. In der Pro A konnte er überzeugen, jetzt braucht er Spielzeit bei den “Großen”. Hat langfristig Vertrag und wird bleiben.
Alles besser weiß natürlich mal wieder
uhg80.