Ein Hauch von Gold am Berg Fidel…
Legendär waren seine Grimme-Preis-verdächtigen Antworten in den Halbzeitinterviews mit Benni Zander bei der WM. Gerüchteweise wurde kolportiert, dass er 50 € pro Wort in die Mannschaftskasse einzahlen musste. Für jedes Ziehen der Mundwinkel gen Norden sollen sogar 200 € pro Fall fällig geworden sein. Dass er trotzdem recht günstig davonkam, dürfte nicht zuletzt der Tatsache geschuldet sein, dass er in Niedersachsen in grenzwertiger Nähe zu Ostwestfalen aufwuchs. Da redet man für gewöhnlich nur das Nötigste, und auch mit den Emotionen ist es etwas schwierig. Für viele verkörperte er bei der WM die „Morosität an der Seitenlinie“.
Trotzdem gibt es einen audiovisuellen Beweis dafür, dass er durchaus in der Lage ist, für einige Millisekunden zu lächeln, auch wenn es dazu eines intensiven gruppendynamischen Prozesses unter Anleitung von Moritz Wagner bedurfte. Zu hören und sehen bei exakt 40:30min in Folge 6 einer mehr als sehenswerten WM-Dokumentation:
Klaus Perwas heißt der Mann, und er war bei der WM Assistant Coach von Gordon Herbert und kehrte mit der Goldmedaille zurück. Von der Natio in die ProA, von Manila nach Frankfurt, von der Mall of Asia Arena in die Frankfurter Ballsporthalle, und Samstag an den Berg Fidel. Vielleicht hat der Hallensprecher das auf dem Schirm und begrüßt ihn als Teil des Gold-Teams, ein donnernder Applaus wäre ihm sicher. Wer mehr von Klaus Perwas hören möchte, dem ist dieser brandaktuelle Podcast von Talkin’ Basketball zu empfehlen
Der ehemalige Guard und Nationalspieler steht seit 2008 als Assistant Coach in Diensten der Frankfurter und stand auch schon in Vertretung von Gordie Herbert und Diego Ocampo für jeweils kurze Zeit als Head Coach in der Gesamtverantwortung für das hessische BBL-Team.
Sein aktueller Chef als Head Coach ist Denis Wucherer, der bis zur Verpflichtung von Frenki Ignjatovic beim Liga-Konkurrenten Gießen vielen Fans dort als Sehnsuchts-Coach galt. War er doch derjenige, der mit den 46ers in der Saison 2014/2015 den Sprung von der ProA in die BBL schaffte und in der darauffolgenden Saison mit Gießen nur knapp den Einzug in die Playoffs verpasste. Eine Entwicklung, die er mit Frankfurt wiederholen möchte, denn der Wiederaufstieg ist das erklärte Ziel der Frankfurter, und Wucherer weiß, wie das geht.
.
.
Die Älteren werden sich noch an den 24.06.1990 erinnern, als Deutschland im WM-Achtefinale auf Holland traf und Frank Rijkaard mitten in Tante Käthes Haarpracht rotzte. Zur Strafe für die Holländer wurde Deutschland Weltmeister. Zu dieser Zeit war Rudis Sohn Marco gerade eineinhalb Jahre alt. Zum Glück reichte sein Talent nicht fürs professionelle Fußballspielen, und er begann etwas verspätet mit 14 Jahren eine Basketballkarriere, schaffte es bis in die BBL (Gießen/Frankfurt). Dort stand er bis zur Saison 2020/21 insgesamt 142 Mal auf dem BBL-Parkett, bevor er ins Frankfurter Farmteam wechselte. Ein echter BIG Man, 115 kg verteilt auf zwei Meter. Adam Touray sollte über eine Gewichtsweste nachdenken .
Mit Frankfurt kommt ein Schwergewicht zum Berg Fidel, vielleicht sogar DAS Schwergewicht der Liga. Nach Platz 17 und Abstieg aus der BBL haben mehr als zehn Spieler das Team verlassen. Aufgefüllt wurde es durch Spieler aus dem eigenen Pro B-Team und mit potenten Neuzugängen. Aus Düsseldorf (ProA), Hanau (ProB) und Schwenningen (ProA) hat man sich mit Booker Coplin (SG/16,6 PpS), Bruno Albrecht (SG/21,3 PpS) und Jacob Knauf (C/16,9 PpS) die Topscorer der jeweiligen Teams geholt und sich mit Aiden Warnholtz (PG/Kanada) und David Muenkat (SF/Kanada) weiter verstärkt.
Booker Coplin hat gleich im ersten Spiel gegen Bayreuth seinem neuen Arbeitgeber gezeigt, wie gut und immens wichtig er für das Team ist. Immer dann, wenn er statt oder mit Aiden Warnholtz spielte, war Frankfurt am Drücker. Mit 16 Punkten war er direkt der Topscorer der Hessen. Daneben ein agiler und alles andere als schmaler Small Forward David Muenkat (2,01 m/95 kg) mit 13 Punkten und unterm Korb die beiden Balleinsammler Marco Völler und Lorenz Brenneke (PF/2,06 m/95 kg). Die drei und der athletische Shooting Guard Cameron Henry dürften am Samstag die entscheidenden Nüsse sein, die es für Münster zu knacken gilt.
Auffällig: Im Spiel der Frankfurter gegen Bayreuth stand ein Jacob Knauf, der in der Off-Season der vermutlich meist gejagte deutsche Big Man der Liga war, nicht mal in der Starting Five, bekam im vierten Viertel gar keine Spielzeit mehr und war insgesamt nur knapp 11 Minuten zu sehen. Das wäre in seiner Geburtsstadt sicher anders gewesen…
.
.
Münster geht ohne Druck und als klarer Außenseiter ins Spiel. Viel wird davon abhängen, ob man Booker Coplin kontrolliert bekommt (Oli!!!) und ob man den Frankfurter Bigs beim Rebounding Paroli bieten kann (das Reboundduell gewannen die Frankfurter gegen Bayreuth mit 50:29). Geht man von einer vollen Halle, einer deutlichen Reduktion der individuellen Fehler (Konzentration!) und einem vollständigen Kader aus, könnte vielleicht die große Überraschung gelingen.
Tip-Off ist um 19.30 Uhr, Karten gibt es hier, und der Livestream startet gegen 19.10 Uhr. Vielleicht sind ja schon ausreichend Studenten in der Stadt, schließlich ist Montag Vorlesungsbeginn an der Uni, und einen besseren Auftakt in einer neuen Stadt kann es für Studis gar nicht geben. Großes Spektakel für lau!