Also niemand interessiert an Frauen-Basketball, nicht einmal für die oberste Spitze des europäischen Vereinsbasketballs, das Final Four der Euroleague Women? Ich sage euch: Ihr verpasst was! Es gibt zwar keine Dunks und keine Alley-Hoops, aber umso wichtiger sind das Pass-Spiel und die Team Defense. Dass Frauen-Basketball in Deutschland dermaßen unpopulär ist, ist international nicht die Regel. Viele europäische Top-Nationen im Männer-Basketball sind auch im Frauen-Basketball Spitze: Spanien, Russland, Frankreich, Türkei, Italien, Serbien, Litauen. Dort werden Frauen-Basketballspiele live im Fernsehen übertragen. Und es gibt Länder, die mit ihren Männer-Mannschaften international nicht viel ausrichten können, aber im Frauen-Basketball stark sind, z.B. Tschechien, Ungarn, Lettland oder Weißrußland.
Und eines dieser Länder hat nun die europäische Vereinskrone geholt. USK Prag, der Ausrichter des Final Four und gleichzeitig der Underdog des Turniers, hat das Finale gegen den hohen Favoriten UMMC Ekaterinburg gewonnen. Sie hatten keine amerikanischen Top-Stars in ihrem Team, haben aber mit unglaublich effektivem Teamplay die Star-gespickte Truppe aus dem russischen Ekaterinburg in Schach gehalten.
Die Prager Team Defense war so stark, dass die “Russinnen” drei Viertel lang zu wenig dagegen ausrichten konnten. Die Inside-Spielerinnen Candace Parker und Sandrine Gruda waren zwar wieder enorm stark (27, bzw. 19 Punkte), aber das hat nicht gereicht. Sie haben im Eins-zu-Eins dominiert und die unvermeidlichen Punkte am Korb gemacht, aber ansonsten kamen die “russischen” Spielerinnen kaum in die Nähe des Korbes. Sie mußten notgedrungen von draußen werfen, und wie es meistens ist, wenn man von draußen werfen MUSS, gingen die Würfe nicht rein. 0:10 war die Dreier-Bilanz irgendwann im dritten Viertel. Die “tschechischen” Spielerinnen standen hinten sehr kompakt, machten viele Punkte aus Steals und Schnellangriffen und waren weniger ausrechenbar.
Laia Palau bot die überragende Point-Guard-Leistung im Final-Four-Turnier, ihre Mitspielerinnen in der Starting Five punkteten alle zweistellig. Kia Vaughn, die im Halbfinale überragt hatte, war wieder sehr gut, aber die Top-Leistung des Finales bot Danielle Robinson. Immer wieder stahl sie den Ball und zog unglaublich schnell auf den gegnerischen Korb zu. Sie wurde zwar nicht Top-Scorerin des Spiels, trug aber mit ihren 24 Punkten am meisten zum Sieg der Pragerinnen bei.
Erst als Alba Torrens 7 Minuten vor Schluss den ersten (und einzigen) Dreier für Ekaterinburg versenkte, schmolz der Prager Vorsprung auf 5 Punkte. Candace Parker machte danach ein Vier-Punkt-Spiel, indem sie bei einem And-1-Spiel den Freiwurf bewußt gegen den Ring setzte und den Rebound versenkte. Da waren es nur noch 4 Punkte Rückstand. Die letzte Spielminute zog sich ewig hin mit vielen Freiwürfen auf beiden Seiten, aber die Pragerinnen behielten die Nerven und gewannen.
Der deutsche Trainer von Ekaterinburg, Olaf Lange, dessen Frau Sandy Brondello ebenfalls mitcoachte, eilte nach dem Schlusspfiff sofort zur Prager Trainerin, Natalia Hejkova aus der Slowakei, um ihr zu ihrer großartigen Leistung zu gratulieren. Respekt!