Habe mir Spiel 5 gerade als Wiederholung angesehen und gestaunt, wie knapp es trotzdem war. Ulm 10 Sekunden vor Schluss mit 2 Punkten hinten und mit Ballbesitz! Das Spiel und die Runde hingen an einem seidenen Faden!
Kompliment an die Oldenburger, die nie aufgegeben haben und die Serie auswärts gewonnen haben! Paulding hat sie in der ersten Halbzeit nach vorne gebracht, aber in der zweiten Halbzeit war es das ganze Team, das den Sieg gemeinsam eingefahren hat. Chris Kramer als unermüdlicher Antreiber, Massenat und Mihailovic als Scorer, auch die bisher glücklosen de Zeeuw und Qvale mit ihrem Einsatz, sogar der Ex-Bamberger Dennis Kramer war ein Faktor - das Team hat mich als Ganzes beeindruckt. Auch der Manager Srdjan Klaric im Interview in der Halbzeitpause hat mir gefallen und Mladen Drijencic mit seiner positiven Art sowieso.
Den Ulmern hätte ich den Sieg nicht gegönnt. Trotzdem hätten sie ihn fast geschafft - obwohl ihre stärkste Waffe, die Dreier, fast ganz ausfiel. Ich konnte das Spiel der Ulmer nie leiden: auf der einen Seite serienweise Dreier aus Phantasie-Distanzen, auf der anderen zig Freiwürfe im Inside-Game. Namentlich Babb, der in normalen Spielzügen von kurz vor der Mittellinie die Dreier versenkte, und Rubit, der bei jedem Zug zum Korb seinen Pfiff bekam und fast immer zwei Freiwürfe traf. Das ist kein schöner Basketball.
Jetzt fiel die Hauptwaffe der Ulmer, die Dreier, fast komplett aus. 4 von 21 als Team, Chris Babb mit 0 von 8! Das ist eben die Gefahr bei guten Dreier-Teams: wenn die Würfe mal nicht fallen, fallen sie fast gar nicht. Es gibt so etwas wie eine Team-Psyche. Wenn die Mannschaft Zweifel an der eigenen Überlegenheit bekommt, versagt jeder Einzelner. Man kann das gerade auch in unseren Nachbarländern beobachten. AS Monaco, erneut überlegener Tabellenführer in Frankreich mit 30:4 Siegen, verlor im Viertelfinale gegen den Tabellenachten Villeurbanne. Monaco hat drei amerikanische Guards (Jamal Shuler, Zack Wright und Dee Bost), die während der Saison nach Belieben Dreier versenkt haben, aber in den Playoffs trafen sie nicht mehr. In Italien war nach Ende der regulären Saison wieder Olimpia Milano vorne - wer sonst? Der reichste Verein, der Giorgio-Armani-Club, der A-Lizenzinhaber der Euroleague. Momentan liegen sie im Halbfinale mit 1:3 gegen den Tabellenvierten Trento hinten. Sie müssen jetzt beide Heimspiele und das letzte Auswärtsspiel gewinnen, um nicht auszuscheiden. Auch Milano lebt von seinen Dreiern. Sie haben Schützen wie Dragic, Kalnietis, Macvan, Rakim Sanders, Krunoslav Simon, Davide Pascolo, während der Saison haben sie locker versenkt und gepunktet. Aber wenn die Dreier nicht fallen, weil ihnen der Gegner das Penetrieren in die Zone wegnimmt und sie fallen MÜSSEN, dann nagt der Selbstzweifel, und die Dreier fallen nicht, und wenn es dann keinen verläßlichen Plan B gibt, sieht es schlecht aus.
Ulm hätte es trotzdem fast geschafft, wie sie es gegen Ludwigsburg geschafft haben, leider unter zweifelhaften Bedingungen. Von daher finde ich den Ausgang gegen Oldenburg gerecht. Leibenath halte ich trotzdem für einen sehr guten Trainer, wie er das Team über Jahre aufgebaut und von Jahr zu Jahr besser gemacht hat, verdient wirklich Respekt. Trotzdem war es noch nicht perfekt. 30:2 Siege in der Regular Season, aber 5:5 in den Playoffs, das ist ein Unterschied. Mir ist noch das Gesicht von John Patrick bei der Niederlage von Ludwigsburg am letzten Spieltag in Berlin in Erinnerung, wie er sich gefreut hat, als Achter auf Ulm zu treffen. Er wußte, dass Ulm zu schlagen ist … und Oldenburg hat es jetzt getan.