@backdoor_cut:
Gute Diskussion, gerade die differenzierte Außensicht von @Dunker finde ich sehr spannend.
Ich will nochmal versuchen, meine Eindrücke darzulegen. @Langjährige Rockets-Fans, korrigiert mich gerne, wenn ich etwas falsch verstanden haben sollte. Ich bin erst vor zwei Jahren zum Studieren hergezogen, aber mir macht der Verein so Spaß, dass ich mich doch langsam hier beteiligen möchte.
Umzug
Gerade weil in Bamberg auch immer das Damoklesschwert namens Nürnberg über uns hing verstehe ich die Gotha-Fans. Wenn man jahrelang in seiner Stadt einen ProA-Verein hat und gute Stimmung und sich alle kennen, dann ist der Umzug echt ein ganz harter Schnitt. Aber @McGrady1, ich glaube, dir fehlen hier ein wenig die Hintergründe. Die Firma Oettinger hat den Verein quasi alleine finanziert, das war vor allem Dirk Kollmar zu verdanken. Das war totaler Wahnsinn, was der für den Standort geleistet hat.
Danach musste man sich schon fragen, wie es weitergeht. Erstmal hat Oettinger weitergesponsert, aber die sportlichen Zielsetzungen (Aufstieg) waren auf jeden Fall wichtiger als vorher, um die finanziellen Aufwendungen zu rechtfertigen. Die Halle in Gotha war aber nicht erstligatauglich, daher war der Umzug quasi notwendig. Als sich jetzt bei Oettinger die Situation geändert hat und die dem Basketball verbundenen Personen plötzlich an Einfluss verloren, wurde der Ausstieg als Sponsor beschlossen.
Wären die Rockets nicht umgezogen, wäre der Verein noch in der ProA, stände nun ebenfalls ohne Oettinger als Hauptsponsor da und hätte dadurch so wenig Geld, dass ein Fortbestehen in der ProA wohl nicht möglich wäre. Mit dem Umzug nach Erfurt wurden auch die Bemühungen um eine ausgeglichenere Sponsorenlandschaft intensiviert, ich glaube auch recht erfolgreich. Ich denke, es sieht gut aus, dass die Rockets bei Klassenerhalt nächstes Jahr weiter in der BBL spielen, und das wäre schon eine Leistung, wenn man sich bewusst macht, dass Oettinger wirklich einer der größten deutschen Basketball-Sponsoren war.
Jetzt haben die Rockets-Fans also noch “ihren” Verein, der spielt nur in Erfurt, vermarktet sich dort und ja, auch die Spieler wohnen dann hier. Aus sportromantischer Sicht ist das traurig für die Menschen aus Gotha, aber wer die Geschichte dazu kennt, und das tun ja alle hier, der kann glaube ich verstehen, dass es irgendwo auch ein Glücksfall ist, als Gothaer jetzt in naher Distanz den Heimatverein in der 1. Liga verfolgen zu können.
Nachwuchsarbeit
Ich verstehe die Frage nach Erfurter und Gothaer Spielern in der BBL, und das wurde hier von @rocketstar schon gut beantwortet, wie ich finde. In den letzten Jahren wurde das Thema sicher nochmal intensiver angegangen. Ein, zwei Spieler aus der Region gehen jetzt schon ihren Weg mit dem Ziel 1. Liga - bis aber mehr davon oben ankommen, wird sicher noch ein wenig Zeit vergehen. Sowas dauert. Wer Heyder kennt, der weiß, wie wichtig ihm der ganzheitliche Ansatz ist. Auch aus vermarktungstechnischen Gründen macht das Sinn: Wenn viele Basketball spielen, die Sportart kennen lernen, der Verein in der Stadt präsent und Thema ist, dann ist auch die Halle voll und für Sponsoren interessanter.
2. Mannschaft
Gerade Braunschweig hat damals ja Schlagzeilen gemacht, als das Geld von der ProB-Mannschaft abgezogen und fortan in die 1. Mannschaft investiert wurde. Es ist beeindruckend, was Braunschweig aus seinen finanziellen Möglichkeiten macht, und dass mit Nawrocki und Lagerpusch zwei Eigengewächse Minuten bekommen, ist auch anerkennenswert. Der Sprung von der 2. Regionalliga in die BBL dürfte für talentierte Braunschweiger in Zukunft aber sehr schwer sein. Oder gibt es eine Kooperation mit einem höherklassigen Team?
Erfurt versucht aktuell offensichtlich, das Regionalligateam in die ProB zu bringen. Das würde erstmal Mehrkosten bringen, aber zeigt auch, welchen Weg man hier gehen will. Vielleicht ist es manchmal auch gar nicht so wichtig, aus welcher Stadt die Spieler dann genau kommen. Wenn jetzt hier ein Stanic aus Berlin oder ein Zylka aufgebaut werden, hab ich da auch Spaß dran - kann aber daran liegen, dass ich selbst auch nicht von hier bin. Für die Spieler ist das jedenfalls eine große Chance. Und mir macht es Spaß, deren Weg hier mitzuverfolgen.
Der Umzug in die Messehalle der Stadt Erfurt ist nicht das hauptsächlichste Problem, diese Notwenidigkeit haben die meisten verstanden. Wenig Verständnis gibt es dafür, dass von den Verantwortlichen vorm Umzug viele Dinge versprochen, aber nicht eingehalten wurden. Die Mannschaft sollte weiter Oettinger Rockets Gotha heißen, die Spieler sollten weiter in Gotha leben und trainieren, Spiele an Werktagen sollten die Ausnahme bleiben und das Thema Hallenbau in Gotha auch nicht vom Tisch sein.
https://www.rockets-basketball.de/rockets-news/und-was-passiert-mit-dem-hoellenwart/
Gekommen ist es ganz anders. Da sollte sich aber niemand sehr wundern, dass viele treue Gothaer Fans die Krise gekriegt haben.
Wenn das ein Bamberger nachvollziehen will, dann muss er sich vorstellen, dass Bayer und Stoschek über Nacht den Umzug nach Nürnberg beschließen und Bamberg nach zwei Jahren nur noch in der Adresse von Brose Nürnberg auftauchen würde, wenn die Messe in Nürnberg an der Bamberger Straße liegen würde (Messe Erfurt liegt an der Gothaer Straße). Und würden dann im Fernsehen bei einem Auswärtssspielen einmal langjährige Bamberger Edelfans wie Meister Meißner zu sehen sein, dann würde der Moderator von Telekom Sport sagen: „Das sind die Fans aus Nürnberg, tolle Stimmung machen die.“