Ich finde die Frage prima und lese alle Argumente gerne. Bei den Pro-LBJ Argumenten ist das mit den drei Teams/Coaches/Sidekicks ein gewichtiges. Das ist schon ein ziemliches Statement. Etwas relativiert wird das allerdings durch LBJs GM-Fähigkeit, die ihm jedes mal wirklich erstklassige Mitspieler verschafft hat - in der Rückschau sicher Spieler, die zu ihrer Zeit jeweils gemeinhin höher bewertet wurden als es dem aktiven Pippen zugebilligt wurde (sein Einfluss wurde eigentlich erst nach seiner Karriere wirklich gewürdigt).
Das Argument mit der Dichte des „Talents“ sehe ich nicht so: auch damals waren in der NBA wohl die talentiertesten Basketballer der Welt versammelt, sie wurden lediglich unter den Vorraussetzungen und dem Wissen ihrer Zeit ausgebildet. Das Spiel war damals ein komplett anderes und damit erschöpft sich die Vergleichbarkeit (wieder Spekulation: viele der damaligen Superstars hätten, wären sie heute aufgewachsen, höchstwahrscheinlich einen halbwegs brauchbaren Dreipunktwurf entwickelt…).
Jede Generation spielt in ihrem Wettbewerb, und da erscheint mir Jordans Karriere bzw. Leistung dominanter als die von LBJ. Auch weil die Dramaturgie, eine lange Lehrzeit mit zwei (!) Threepeats (!) abzuschliessen ziemlich perfekt inszeniert war.
LBJ kam schon viel früher in seiner Karriere mit dem Titel in Kontakt, konnte dann aber wegen individueller und teamkollektiver Schwankungen nicht so konstant gewinnen, wie es Jordan vergönnt war.
LBJ ist ein Generalist, der auf dem Platz (und abseits davon) alles kann und er ist, jetzt, gegen Ende seiner Karriere, einfach überall extrem gut. Jordan war da deutlich eindimensionaler, aber, meinem Eindruck nach in der Spitze zwingender und der Konkurrenz überlegener.
Die in meinen Augen stärksten Argumente für Jordans GOAT Titel sind seine Dominanz auf dem Court (die man sehen und fühlen und fast greifen konnte) sowie die Threepeats: Immer wenn man irgendwas vergleichen will, „LBJ mit dem Repeat in Miami“ muss man nur nach nebenan schielen, wo einer sitzt, der auf alles und jedes einen oben drauf gesetzt hat.
Dazu kommt noch der Einfluss auf den Sport selbst: die Liga war nach Jordan eine komplett andere - er hat sowohl das Spiel, wie das Wirtschaftsunternehmen NBA (& Nike) verändert.
Lebron ist dieser Einfluss nicht gegeben, er ist jetzt 15 jahre lang der beste Spieler der Liga, hat aber darüberhinaus nur relativ geringen Einfluss. Die erhebliche Wandlung, die der Sport während seiner Karriere durchmacht (Spacing und Konzentration auf den Drei-Punktwurf), haben quasi nichts mit ihm oder spezifisch seinem Spiel zu tun…
Das alles ist im großen und ganzen natürlich herrlich egal: ich ignoriere altersbedingt Bill Russel (auch weil ich die zeit nicht dem „modernen basketball“ zuordne), sehr bald wird man (zurecht) auch Michael Jordan ignorieren.
Als popkulturelles Phänomen ist mir der politisch und gesellschaftlich meinungsstarke LbJ eh sehr viel näher als der unnahbare Soziopath Jordan - das aber auch erst, seit dem aus dem endlos pubertierenden Großmaul (chosen one) der deutlich reifere Lebron James erwachsen ist…).