@Exil-Berliner:
Mir ist völlig klar, das es für die Alba Group Sinn macht in China zu investieren, aber was bringt das Alba Basketball?
Generell scheint sich die Hypothese ja zu bestätigen, dass dieser Thread hier nur zur Offseason frequentiert wird. Deshalb hole ich ihn mal wieder hoch, indem ich versuche, auf die Frage zu antworten:
Ich bin ebenfalls der Meinung, dass ein Engagement des chinesischen Sponsors dem Unternehmen Alba viele Vorteile bringt, was das Knüpfen von Kontakten im wohl am schnellsten wachsenden Markt angeht. Aber das soll hier nicht primär Thema sein.
Was hat der Verein Alba davon?
Erst einmal direkt nichts anderes als einen Betrag X durch die Werbung auf der Brust. Klingt jetzt nicht sonderlich erhellend, mehr kann man sich aber auch kurzfristig nicht erwarten. Letztendlich kann man die Sache so sehen: auf der Brust in Platz für Werbung, wofür sich Baldi und Co wahrscheinlich einen materiellen Gegenwert erhoffen. Hauptsache man schöpft das Potential dessen möglichst weit aus, der Rest ist erst einmal unwichtig (solange das Image des Sponsors und das Albas sich jetzt nicht orthogonal verhalten…).
Für diesen Fall kann man sagen: alles in Ordnung, Sponsor ist da, Etathöhe kann gehalten werden, gut ist!
Man kann aber auch fragen, was bedeutet ein Trikotsponsor strategisch?
Ich möchte zuerst anfangen, das Ganze wirtschaftlich zu erörtern: wie könnte sich der Deal wirtschaftlich auf Albas Rahmenbedingungen auswirken, Merchandising, etc.?
Es ist festzuhalten, dass Alba auf dem Sponsorenmarkt perspektivisch hier ein Experiment eingeht: es wirkt auf mich zumindest eher so, dass gar nicht versucht wird, über den Sponsor auf dem eigenen Markt weitere Aufmerksamkeit zu erzeugen (Beispiel: vergünstigte Tickets bei Edeka -> Interesse bei Kunden, die bisher mit Basketball eher wenig am Hut haben -> Akquise neuer Zuschauerkreise). Wir hatten in diesem Thread ja bereits die Frage aufgeworfen, ob diese Strategie nicht am Unwillen möglicher Partner, neben der Alba-Group nur die zweite Geige zu spielen, scheitern könnte.
Aber im Gegenteil, man wendet sich einfach einem völlig neuen Markt zu und versucht, sich in China einen Namen im Basketball zu machen. Ob und wie das klappen kann, haben wir mit Trainingslagern, Vorbereitungsturnieren und Austauschprogrammen gesehen. Vermutlich soll auf diesem Weg weitergegangen werden.
Es besteht zudem die Möglichkeit - sollte sich das Engagement für den Sponsor lohnen - mit dieser Strategie auch dickere Fische an Land zu holen. Wenn ein Unternehmen sich den deutschen Markt erschließen will, warum dann nicht über ein Sponsoring eines Basketballvereins? Hauptstadt, Internationalität, Berlin sollte da erste Anlaufstation sein!
Momentan heißt die Antwort auf diese Frage: “Na es gibt doch Fußball!” Welcher Deutsche, der sich außer für Fußball für nichts interessiert, wüsste ohne dessen Sponsoring, wer Dietmar Hopp ist?
Richtig, und ob sich die Bedeutung von Fußball in Deutschland jemals ändern wird ist fraglich. Man kann jedoch erhoffen, dass sich zukünftig Basketball zumindest eindeutig an zweiter Position positioniert. Aber das gehört wohl ebenfalls nicht hierher.
Strategisch scheint die Übereinkunft also das Potential zu haben, besonders stark von dem Wachstum der Liga zu profitieren, aber sie ist auch riskant.
Wer garantiert uns denn, dass sich die Zusammenarbeit nicht auch negativ auf unser Image auswirken kann? Eine chinesische Investitionsgesellschaft, getragen vom 5-Jahresplan eines Wirtschaftsverbandes? China? Korruption! Industrialisierung auf Kosten der Umwelt! Lobbyismus! Es gibt mit Sicherheit Partnerschaften, wo weniger Quellen für negative Schlagzeilen bestehen… (Wiesenhof mal ausgenommen…)
Reichlich Vorurteil und Zuspitzung, ich weiß. Die genannten Dinge sollen auch in Deutschland vorkommen. Mir gefällt sogar die Idee dieser Eco-City. Aber dennoch alles auch ein Risiko.
Wie siehts mit Merchandising aus? In China wohnen ca. 15 mal mehr Menschen, als in Deutschland. Selbst wenn sich da ein Einmillionstel der Leute ein Trikot holt, gibts auf den nächsten 10 Saisonabschlussfeiern Freibier.
Eine andere Zahl (Jahresstatistik visitberlin*): Im Jahr 2013 kamen insgesamt fast 84.000 chinesische Touristen nach Berlin (+20% zum Vorjahr!), jeder gibt im Schnitt 594 € pro Besuch aus (2012).
Da ist doch bestimmt auch genug Raum im Budget für ein nettes Trikot oder einen Plüsch-Albatros! (“Schau mal, bei denen ist so ein komischer Vogel als Maskottchen rumgerannt und ein chinesisches Unternehmen sponsert die sogar!”)
Die Frage, die sich stellt, ist dabei jedoch wieder: wie will Alba selbst in China bekannter werden?
*Kleine Randnotiz: Wenn man sich bei dieser offiziellen Touristikseite des Landes Berlin über “Berlin für Sportfans” informieren will, ist der anzuklickende Bereich mit einem Bild von Alba und nicht etwas von Hertha und Co hinterlegt…
Könnte die Vereinbarung auch sportliche Konsequenzen haben?
Wenn man jetzt mal außer Acht lässt, dass Banic und Renfroe nur wegen des Deals möglich gewesen wären, hilft momentan der Sponsor natürlich nicht, die Spiele zu gewinnen.
Allerdings könnte man sich besser Kontake nach China aufbauen, um den dortigen Spielermarkt flächendeckend zu scouten. Zugegeben, die chinesische Liga ist durchaus hochpreisig (Deon Thompson und Bobby Brown lassen grüßen). Und welchen Anreiz hat da ein chinesischer Spieler, nach Europa zu wechseln, wenn es auch die NBA gibt?
Um ehrlich zu sein, ich habe keine Ahnung.
Ich erinnere mich nur an Bilder, welchen Hype der (erste) Wechsel von Kagawa nach Dortmund in den japanischen Medien ausgelöst hat.
Dabei ist zu beachten:
- Fußball ist nicht Basketball und Japan ist nicht China, aber Basketball in China dafür ungleich beliebter.
- Dortmund spielt Champions League, die findet Aufmerksamkeit. BBL/Euroleague tut dies in China (noch) nicht genug, um einen Hype auszulösen.
Ein anderes, vielleicht besseres Beispiel war wohl die Dauerpräsenz Yao Mings beim NBA All Star Game.
Sollte aber tatsächlich Albas Bekanntheitsgrad erhöhen, weil für das Basketball-Team ein hinreichend qualifizierter spieler geholt wird, würde sich immer die Frage stellen, was Mittel und was zweck ist…
Der wichtigste Punkt der Vereinbarung hat für mich jedoch einen einfachen Namen: Jordi Bertomeo.
Er hat ja schon einige Mal bekräftigt, auch den chinesischen Markt erschließen zu wollen.
Wir hatten ja im Kader-Threat schon einige Male NBA2k erwähnt, das wohl auch in China recht gerne gespielt wird (finde dazu aber keine konkreten Zahlen…). Ich würde bei dem Gedanken, dass ein chinesischer Sponsor bei so einem Spiel auf der Brust erscheint, feuchte Träume an Bertomeos Stelle kriegen. Gerade bei der hohen Affinität zur NBA in China, zahlt es sich doch da aus, Alba auch im Spiel zu haben.
(Da wird dann schnell mal nach diesem “Alba” gegoogelt und hey, die haben sogar eine chinesische Seite! Da schaue ich mir mal ein Spiel an!)
Kann er, wenn er sein Produkt “Euroleague” neben der NBA in China positionieren will, in Zukunft überhaupt auf Alba verzichten? Ich will ja nicht sagen, dass wir jetzt deswegen eine A-Lizenz bekommen, bei der Vergabe zukünftiger Wildcards haben Baldi und Co mit diesem chinesischen Partner allerdings ein gewichtiges Argument in Ihren Händen.
Klingt jetzt vielleicht etwas weit hergeholt, aber bei dem ganzen Rumgeschacher der letzten Jahre in der Euroleague… völlig abwegig ist es auch nicht, oder?
Also um mal zu resumieren:
Erst einmal ist wichtig, dass Alba einen Trikotsponsor hat. Ich finde auch extrem spannend, wie sich dieses Experiment weiterentwickelt, Potential ist vorhanden. Wir haben nicht viel zu verlieren, deshalb kann man Baldi und Co zu diesem Vertrag aus meiner Sicht gratulieren.