Ich weiß, ich bin reichlich spät dran mit meiner Analyse, aber da mich das Zustandekommen der beiden Heimniederlagen gedanklich nicht loslässt, also auch mein Senf dazu:
Zunächst mal, Glückwunsch an Ulm zur verdienten Führung! Dennoch, und dabei bleibe ich, ist Ulm für Alba kein unschlagbarer Gegner. Aber wenn der Zweitplatzierte gegen den Siebten hinten liegt, spricht das eben auch dafür, dass der Favorit nicht auf der Höhe des eigentlichen Könnens agiert. Wie kann es sein, dass Alba in der regulären Saison - trotz Euro League Belastung und zeitweise mehreren Verletzten in der BuLi die meisten Gegner locker beherrscht und nun in nahezu ausgeruhtem Zustand bei annähernd voller Kapelle mit 12 gestandenen Spielern mit weniger Intensität agiert als Ulm mit bestenfalls 9 ernst zu nehmenden Spielern?
Erstens: Es stimmt atmosphärisch einiges nicht im Team. Auch zu sehen an einigen verbalen Scharmützeln untereinander auf dem Feld und wenig gegenseitigem Aufputschen.
Zweitens: Der Trainer hat keinen Plan bzw. erreicht die Spieler überhaupt nicht. Die Philosophie des Laufenlassens auch in schlechten Phasen läuft vollends ins Leere. Manchmal muss man wenigstens die Auszeit nehmen, um den Rhythmus des Gegners zu brechen.
Und selbst als reiner Passiv-Sportler, der selbst keinen Ball im Korb unterbringen würde, maße ich mir an, personelle und taktische Fehler anzuprangern. Denn gefühlt ist Ulm mit immer dem gleichen Rezept erfolgreich gewesen:
Dos Santos (oder auch Nunez) schlagen ihren Verteidiger im 1:1 oder streifen ihn am Block ab und haben dann 3 Optionen: a) Selbst zum Korb ziehen
b) Pass auf den abrollenden Caboclo (der für keinen seiner Punkte “arbeiten” bzw. sich gegen seinen Gegenspieler durchsetzen musste)
c) Pass auf einen der oft viel zu freien Dreierschützen
Wenn man diesen Spielzug x-mal gesehen hat, muss man doch versuchen, ihnen diese Leibspeise vorzuenthalten - auch wenn sich dadurch andere Optionen ergeben.
Das könnte bedeuten: Mehr Spielzeit für Mattiseck, als bestem Guard-Verteidiger, der Dos Santos vielleicht mal vor sich halten kann, was weder Lo noch Blatt hinbekommen.
Oder auch mal unter dem Block durchgehen. Zudem darf der Center dann eben nicht so weit mit rauskommen, sondern muss stärker den abrollenden Caboclo bewachen, bzw. das Anspiel unterbinden/erschweren.
Damit gibt man Dos Santos zwar eher den Dreier, aber bislang war dessen Quote überschaubar. Da muss er erstmal beweisen, dass er die ebenso gut trifft.
Wenn Dos Santos trotzdem in die Zone kommt, sollten die Hilfe doch am ehesten von dem Spieler kommen, von dessen Gegenspieler am wenigsten Gefahr ausgeht, statt die heißlaufenden Schützen wie Paul und Klepeisz frei zu lassen. Das hieße der Power Forward muss als erstes helfen, denn für mich stellen weder Christen noch Herkenhoff eine große Gefahr dar.
Natürlich kann auch das alles schief gehen. Aber wie gesagt, zunächst mal nimm Ulm ihren Lieblingsspielzug weg! Dann müssen sie wenigstens mal andere Lösungen finden.
Auch personell würde ich zumindest andere Schwerpunkte setzen. Wie erwähnt plädiere ich für mehr Spielzeit für Mattiseck für eine bessere Defense, mehr Emotionen. Zudem war der Dreier bei ihm zuletzt sicherer als bei den meisten anderen. Dafür sollte Lo etwas weniger Spielzeit bekommen. Bei Blatt sehe ich momentan gar nicht, wie er Alba weiterhilft. Dann ggf. Entlastung im Aufbau durch Smith oder Delow.
Proccida hat Spiel 2 nahezu im Alleingang rumgerissen. Warum kriegt er dann so wenig Gelegenheit, es wieder zu tun, wenn es nicht läuft?
Gleiches gilt für Koumadje. Weder Wetzel noch Lammers konnten Caboclo kontrollieren. Lammers ist zudem nicht in der Lage, Caboclo in der Defensive zu beschäftigen. Da stellt Koumadje doch die größere Gefahr unterm Korb dar und kann in der Defense zumindest Würfe des Gegners verändern und stellt eine physische Barriere für Caboclo dar, wenn dieser mal im Post den Ball bekommt. Und wenn auch das nicht funktionert, evt. mal wieder Thiemann - unseren besten Post-Spieler - auf die 5 stellen. Allerdings brauchen wir JT auch auf der 4, denn Sikma ist - wie schon vielfach von anderen angemerkt - eben wirklich nur ein Schatten seiner selbst. Wenigstens die Spielzeit zwischen Thiemann und Sikma müsste anders verteilt werden.
Fazit: Alba hat viele Möglichkeiten, es besser zu machen. Ich glaube immer noch, dass sie - die richtige Einstellung vorausgesetzt - die Serie gegen Ulm drehen können. Für mehr fehlt mir in dieser Saison leider die Phantasie…