So…nach monate- bzw. jahrelanger „passiver Begleitung“ des SD-Forums kann ich die aktuell vorherrschende Diskussion nicht mehr ertragen und werde im Forum nun aktiv.
Ich bin Anhänger des besten Bonner Basketballclubs seit einer gefühlten Ewigkeit. Ich habe die Mannschaft sowohl unter dem Namen Telekom Baskets Bonn, Post-SV Telekom Bonn und BG Bonn ´92 spielen sehen. Ich war sowohl Augenzeuge der legendären BBL-Finalserien der jüngeren Vergangenheit gegen Berlin und Oldenburg im ausverkauften Telekom Dome als auch von Abstiegsrundenspielen der 2. Bundesliga Nord gegen den TuS Lichterfelde vor 200 Zuschauern im Sportpark Pennenfeld. Ich habe sowohl die legendären Frank Fankhauser-Dreier „aus der Ecke“ bejubelt, mich über die gefärbten Haare eines Lars Hasselbach aufgeregt, die „Garbage-Time“-Show von Farzin Hamzei bewundert und diverse US-amerikanische Leistungsträger kommen und gehen gesehen…
Aber was sich aktuell hier im Forum an Diskussionen abspielt, ist für mich nur mit jugendlicher Naivität oder einer grandiosen Fehleinschätzung der generellen Lage zu erklären.
Rein objektiv betrachtet unterscheidet sich die aktuelle Saison nicht wesentlich von den letzten Jahren. In der Liga steht man (auch aufgrund eines geringeren Etats) auf einem ordentlichen Platz 7. Den Großteil der Heimspiele (Ausnahmen Berlin, Tübingen und Ludwigsburg) konnten zumindest gewonnen werden. U.a. auch gegen nicht zu unterschätzende Gegner wie Frankfurt, Oldenburg und Artland. Naturgemäß sind nicht alle Heimspiele eine Galavorstellung. Wer selber aktiv Sport betreibt hat, weiß wovon ich rede… Auswärts gab es Siege (u.a. Bayreuth, Bremerhaven in schwieriger personeller Situation), knappe Niederlagen und heftige Klatschen. Dieses ist m.E. aber im Mehrjahresvergleich auch nichts ungewöhnliches. Im Pokal hat man traditionell die Sache mal wieder falsch angegangen. Auch dieses Phänomen ist seit jeher in Bonn fest verankert. Abgesehen davon, dass dieser neue Pokal-Modus sowieso in meinen Augen lächerlich ist und für mich keinen sportlichen Stellenwert hat. In der EuroChallenge hat man dieses Jahr ebenfalls nichts gerissen. Da die Bonner Vereinsführung aber auch hier traditionell andere Prioritäten setzt (Konzentration auf BBL etc.), ist dies auch nichts wirklich neues. Wann hat eine Bonner Mannschaft das letzte Mal einen europäischen Wettbewerb wirklich ernsthaft angegangen (wie z.B. Göttingen)? Insgesamt lässt sich feststellen, dass das aktuelle Jammern weiterhin auf hohem Niveau angesiedelt ist.
Thema Spielweise/System: Zugegebenermaßen wirkt die Spielweise dieses Jahr extrem kopflos in unzähligen Situationen. Viele Einzelaktionen sind m.E. einer fehlenden Handschrift von Koch geschuldet. Die vergleichbaren Jahre mit favorisiertem Eins-gegen-Eins-Tendenzen (Rowland, Bowman, Frazier…) haben sich diesbezüglich allerdings nicht wesentlich von diesem Jahr unterschieden. Wenn man den klassischen Systembasketball sehen möchte, ist dies nicht unter Koch in Bonn möglich. Das dürfte wohl jedem klar sein. Also heißt es m.E. das Beste aus der Situation zu machen, d.h. einige klare Systeme einzustudieren, die Stärken im Eins-gegen-Eins taktisch geschickt ausspielen und über die Verteidigung zum Erfolg kommen. Falls Koch im nächsten Jahr dann ggf. den Sprung zu einem ambitionierteren europäischen Club (oder dann doch nur zu einem griechischen Zweitligisten?) vollziehen sollte, besteht ggf. die Möglichkeit mit einem neuen Trainer eine neue Philosophie zu etablieren.
Und nun noch einmal zum Thema Campbell/Wise/Hunt etc.: Als ich die Banner am Sonntag gesehen hatte, war ich doch etwas „überrascht (um es vorsichtig zu formulieren). Für mich absolut überzogen, total fehl am Platze und nicht nachvollziehbar. Ja, die Twitter-Einträge von Campbell sind z.T. mehr als unglücklich und nicht wirklich notwendig. Andererseits finde ich es absolut lachhaft diese zwei Zeilen bzgl. des Frankfurt-Spiels zum Anlass zu nehmen diese Lawine loszutreten. In meinen Augen hat Campbell uns diverse Spiele in dieser Saison gewonnen…und zwar wesentlich mehr als er angeblich als Hauptschuldiger für Bonn verloren hat. Man stelle sich vor Hunt, Campbell und Wise würden nun wirklich das „Arbeiten“ einstellen. Die diesjährige Mannschaft ist offensiv abhängig von diesen Spielern und aufgrund fehlender Alternativen müssen wir dieses Jahr die Stärken der Spieler nutzen und Schwächen möglichst effektiv minimieren. Was soll Rookie Wise von Deutschland (besser gesagt Bonn) denken in seiner ersten Profi-Saison? Grenzwertige Banner, verletzende Twitter-Einträge etc. Für mich wurde diesbezüglich von einzelnen Personen die Grenze klar überschritten. Mir ist klar, dass viele der „Fans“ lieber einen limitierten Lukas Lazoukits auf Regionalliga-Niveau im Spielaufbau vor sich hin dribbeln sehen wollen oder einen „bissigen“ Vincent Y. verteidigen (der offensiv allerdings allenfalls Tyndale-Niveau hat). Aber um sportliche Erfolge feiern zu können, ist auch Qualität nötig. Und viele Spieler mit Qualität sind nun mal nicht ganz einfache Charaktere. Statt konstruktiver Kritik (siehe Aktionen für Schiffner etc.) wurden persönliche Beleidigungen öffentlich zur Schau gestellt. Solche Transparente gehören allenfalls zu Heimspielen des BSC im Sportpark Nord in der Landesliga-Saison 2011/12, aber nicht in den Telekom Dome…
Fazit: Runterkommen, das Team unterstützen, Playoffs erreichen, für Überraschungen sorgen und sich nicht auf das Niveau mancher Geißbock-Fans aus der (im Basketball verhassten und im Fußball anscheinend vergötterten) Domstadt herunterbegeben und immer zwischen Meisterschaft/Europapokal und Abstieg hin und her pendeln. Falls dies bei manchen nicht möglich ist…der BSC freut sich bestimmt über neue „Supporter“ im Kampf gegen den Abstieg in die Bezirksliga in der nächsten Saison (falls denn die Insolvenz überwunden wird…).