Ein paar Gedanken zu dem Thema möchte ich noch loswerden, auch wenn Schmock im Eingangspost schon vieles dargestellt hat, das ich genau so unterschreiben würde.
Ich war fünf Tage in der Halle, habe von 15 Spielen 12 gesehen. Insgesamt war das eine großartige Sache mit tollem Basketball und viel mehr Fans, als ich erwartet hätte, v.a. von Island und Italien. Wenn ich da an fast leere Hallen bei vergangenen Europameisterschaften zurückdenke, gibt es am Zuschauerzuspruch nicht viel zu bemängeln.
Dennoch drei Kritikpunkte am Ausrichter, sprich dem DBB:
1.) Die Türkei als Vorrundengegner auszusuchen, um die Halle zu füllen, war ein Schuss in den Ofen. Es waren selbst gegen Deutschland kaum mehr als zweitausend Türken in der Halle, bei anderen Spielen ein paar Hundert. Die Karten wären ohne weiteres auch so weggegangen. “Hinterher ist man immer schlauer” hör ich es schon rufen. Aber ehrlich gesagt trifft das Menschen, die ein bisschen in der Fankultur-Materie sind, nicht völlig unvorbereitet. Ich habe schon vor dem Turnier prognostiziert, dass es die Serben sein würden, die in Heerscharen ihre Mannschaft unterstützen und für gute Zuschauerzahlen sorgen würden. Nichts anderes ist eingetreten. Hätte man sich Polen als Vorrundengegner ausgesucht, wäre man in jedem Fall Italien aus dem Weg gegangen (gleicher Lostopf), hätte mindestens so viele polnische wie türkische Fans in der Halle gehabt und stünde jetzt mit hoher Wahrscheinlichkeit im Achtelfinale.
2.) Die Zusammenarbeit mit den Fanclubs im Vorfeld bestand darin, sich von möglichst jedem Fanclub mind. einen Trommlerin per Freikarten einzuladen. Das Ergebnis waren über 30 Trommeln am Eröffnungswochenende und ca. 15 bei den restlichen Spielen. Auch wenn das einige Leute sicher nicht hören möchten, aber es war der völlige Stimmungskiller! Ich hatte bei den fünf Spielen jeweils unterschiedliche Plätze in Ober- und Unterrang auf der anderen Hallenseite als dem Fanblock. Egal wo ich saß oder stand, immer waren um mich herum genügend Leute, die gerne und laut anfeuerten, deren Potential aber überhaupt nicht genutzt wurde. Das ständige “Defense” - Getrommel war viel zu ermüdend und viel zu schnell. Bei Ballbesitz wurden meistens irgendwelche einschläfernden Trommelrythmen statt kräftige Schlachtrufe angestimmt. Bezeichnend eine Szene beim Spiel gegen Italien: Kaum ist der Fanblock mal für ein paar Sekunden ruhig, fangen in der ganzen Halle Menschen an, zu singen. Deutsche Fans wohlgemerkt! In der Endphase des Spanien-Spiels entwickelte sich Stimmung, wie sie viel öfter hätte sein können. Pfeiffkonzert bei gegnerischem Ballbesitz und Schlachtrufe bei eigenem Angriff. Quasi überall in Europa läuft das aus gutem Grund genau so.
Das ist kein persönlicher Vorwurf an die Jungs und Mädels im Fanblock, sondern an DBB, der sich genau diese Art der “Stimmung” offenbar gewünscht hat. Und es spricht daraus meine persönliche Ernüchterung, dass in Basketballdeutschland Stimmung mit Trommeln gleichgesetzt wird. Das ernüchtert mich zwar nicht erst seit gestern, aber seit fünfzehn Jahren immer wieder aufs neue. In dieser Logik glaubt man natürlich, mit 30 Trommeln alle Voraussetzungen für überragende Athmosphäre geschaffen zu haben. Vielmehr hätte man sich überlegen sollen, wie man möglichst viele organisierte Fans dazu bringt, nach Berlin zu kommen und unmittelbar zusammen irgendwo zu stehen. Ich schreibe das nicht alles, weil ich purer Stimmungsfetischist bin, der sich nicht für Basketball interessiert (wie gesagt, 12 Spiele an 5 tagen…), sondern weil ich schlicht und ergreifend davon überzeugt bin, dass wir mit einer lauteren, einschüchternderen Halle eine Runde weitergekommen wären.
Über den DJ möchte ich keine Worte verlieren, denn ich hätte nur unfreundliche. Er macht das seit zwanzig Jahren in Bonn. Leider nicht nur seit, sondern auch genau wie vor 20 Jahren. Das wird sich nicht mehr ändern, damit bin ich durch.
3.) Die Europameisterschaft war über die o2 World in Berlin quasi nicht sichtbar. Ballineurope spiegelt in diesem Beitrag meine Eindrücke absolut wieder. Nirgendwo in der Stadt jenseits der Warschauer Straße war auch nur irgendetwas davon wahrzunehmen, dass gerade in Berlin ein riesiges Basketballspektakel läuft. Sicher, der Vorverkauf lief gut, da musste nicht noch jede Menge Geld in aufwendige Werbung gesteckt werden. Der Basketballbegeisterung hätte es allerdings gut getan, die Sichtbarkeit der Veranstaltung zu erhöhen. In Riga geht das auch: Da hängen laut Aussagen von Anwesenden überall in der Stadt Flaggen und Plakate. Warum keine Fanzone auf dem Alex? Wo war der überdimensionale Basketball vorm Brandenburger Tor? Da wäre leider einiges mehr möglich gewesen. Mit Sicherheit hätte man ohne weiteres noch genügend Touris animieren können, für einen Abend in die Halle zu kommen.
Soviel erstmal zu dem Thema. Nochmal: Die letzten Tage waren eine tolle Zeit. Dennoch bleibt das Gefühl, es wäre nicht nur ein sportlich, sondern auch drumherum einiges mehr möglich gewesen, um Basketball mindestens in Berlin, aber auch darüber hinaus einen kleinen Schub zu geben. Vielleicht reichten die Ressourcen beim DBB nicht, vielleicht war das eine Jahr Organisationszeit zu knapp. Wie dem auch sei, sollte irgendwann eines fernen Tages noch einmal ein großes internationales Turnier in Deutschland stattfinden (die Bewerbung für die WM 2023 ist ja hoffentlich noch aktuell), sollte man diese EM als Steinbruch nutzen, es besser zu machen.