@pieps:
In welche Richtung soll sich die DBBL entwickeln?
Aus meiner Sicht muss man sich klar zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden: Entweder man strebt eine Profiliga mit hohem Spielniveau, professionellen Strukturen und vielen guten ausländischen Spielerinnen an oder man wünscht sich eine Ausbildungs- und Beschäftigungsliga für deutsche Spielerinnen. Zwischen beiden Alternativen sind Abstufungen denkbar.
Die Ligen in Spanien und Frankreich, also den beiden wohl derzeit führenden europäischen Basketballnationen im Damenbasketball aber auch die Liga in Italien zeigt, dass es keine Konflikte zwischen diesen beiden Möglichkeiten gibt, sondern dass diese Ziele auch ohne Abstufung nebeneinander erreichbar sind. In allen Ländern spielen etablierte Starting-5 WNBA Spielerinnen als auch Jugendnationalspielerinnen aus den heimischen U-18 und U-20 Mannschaften sowie weitere U-22 Nachwuchsspielerinnen in den jeweiligen Erstliga Mannschaften.
Um den Beruf “professionelle Basketballspielerin” in Deutschland attraktiver zu machen, müsste sich der Etat der DBBL und 2.DBBL Teams deutlich erhöhen. Langfristig in Richtung 1 - 1,5 M€ bei der DBBL und in Richtung 500 k€ bei der 2.DBBL. Ansonsten werden die besten Spielerinnen, die sich wirklich im “Erst Job” auf Basketball fokussieren möchten schon mit 19-21 Jahren ins Ausland abwandern, sofern sie nicht zuerst das College besuchen, um danach bei entsprechender Qualifikation direkt ins europäische Ausland zu wechseln oder Basketball nur noch als Hobby betreiben.
Für ambitionierte Spielerinnen, die zuerst beruflich zweigleisig fahren möchten, hat der Gang an ein College neben der Möglichkeit, einen akademischen Abschluss zu erhalten, auch den Vorteil, dass die Trainingsbedingungen (Trainingsinfrastruktur, Reha- & Regenerationsmöglichkeiten, Anzahl der Trainer & Individualtraining, etc.) am College deutlich besser sind als bei einem DBBL Verein. Dies gilt nicht nur für die "Major Colleges“, sondern auch bereits für die “Mid-Majors”. Der evtl. finanzielle Nachteil von Basketballspielen und Studieren am College gegenüber Basketballspielen in der BBL und in Deutschland studieren, ist - sofern ein Stipendium am College vorliegt (Regelfall) - sehr gering.
Was die Ausländerregelung in der DBBL angeht, so ist die Situation vielschichtig. Zunächst einmal wäre zwischen der genauen Herkunft der Importspielerinnen zu unterscheiden. Hierbei lassen sich z.B. folgende Einteilungen vornehmen:
Gruppe A: EU (Bosman) Importspielerin
Gruppe B: Cotonou Importspielerin
Gruppe Nicht EU/nicht Cotonou Importspielerin
In die Gruppe C fallen z.B. Spielerinnen aus den USA, Australien, Canada und Südamerika. Für diese Spielerinnen gilt das Bosman Urteil nicht. Somit wäre es möglich, den Einsatz dieser Spielerin vollständig zu verbieten bzw. auf eine Maximalanzahl zu begrenzen (siehe Pro B im Herrenbereich). Eine limitierende Quotenregelung ist somit für diese Gruppe zulässig!
Spielerinnen der Gruppe B sind in vielen Ländern (bzgl. des Diskriminierungsverbots) Spielerinnen der Gruppe A gleichgestellt, so dass sie nicht unter evtl. Restriktionen für den Einsatz von Importspielerinnen fallen können.
Für Spieler der Gruppe A gilt das Diskriminierungsverbot der EU vollumfänglich.
Somit ist es rechtlich nicht möglich, eine offizielle Maximalanzahl für Importspielerinnen der Gruppen A und B vorzunehmen. Was jedoch möglich, und in einigen Ländern auch praktiziert wird, sind sog. “Gentleman-Agreements” für „positiv Quoten“ einheimischer Spielerinnen. Auch die BBL hat eine solche Vereinbarung, die m.W. sogar dieses Jahr ausläuft, dass maximal 6 Spieler, die keinen deutschen Pass besitzen, bzw. nicht aufgrund ihres Werdegangs als Jugendspieler als “Home-grown” gelten, eingesetzt werden dürfen.
Das Modell der BBL könnte somit von der DBBL übernommen werden, sofern der Wille dazu vorhanden ist. Gegenwärtig fehlt es jedoch an diesem einheitlichen Willen. Jedoch könnte die DBBL im Extremfall beschließen, dass überhaupt keine Spielerin, die nicht in die Gruppen A und B fällt, mehr in der DBBL zum Einsatz kommen darf. Ob dies in der Praxis jedoch wirklich zu mehr einheimischen Spielerinnen führen würde oder nur dazu führt, ist fraglich. Wahrscheinlicher scheint eher, dass dann Spielerinnen aus der Gruppe C von (evtl. qualitativ schlechteren) Spielerinnen aus den Gruppen B und A verdrängt werden.
Zudem ist die Wirkung von Importspielerinnen nicht einheitlich. Sofern es sich bei den Importspielerinnen um absolute Spitzenspielerinnen (wie z.B. Diana Taurasi, Maya Moore, Breanna Stewart) handelt, profitiert die einheimische Liga aber auch die einheimischen Spielerinnen davon. Ich weiß, dass Spielerinnen dieser Güte für die DBBL auf Jahrzehnte hinaus unrealistisch sind, dies ändert jedoch die grundsätzliche Gültigkeit der Aussage nicht.
Problematisch wird es jedoch, sofern eine Liga von im internationalen Maßstab maximal durchschnittlichen bis evtl. leicht unterdurchschnittlichen Importspielerinnen “überschwemmt” wird. Also von Spielerinnen, die sich grundsätzlich auf einem Niveau bewegen, dass heimische Nachwuchsspielerinnen bei entsprechender Förderung und Einsatzzeit auch zeitnah erreichen werden, wenn sie die Chance dazu bekämen.
Für mich stellt sich somit die Frage, ob es nicht für die DBBL vorteilhafter wäre, wenn sich bei einhergehender Reduzierung der Anzahl (Quantität) der Importspielerinnen deren (individuelle) Qualität erhöhen würde. Anschaulicher: Die finanziellen Ressourcen, die für vier Spielerinnen der Güteklasse C aufzuwenden sind, werden für 2 Spielerrinnen der Güteklasse B sowie zwei einheimische Talente eingesetzt.
In Deutschland gibt es keine etablierte und nachhaltige Kultur, den einheimischen Nachwuchs einzusetzen. Das ist in Spanien und Frankreich (sowohl im Damen- als auch Herrenbereich) anders. Im Herrenbereich führte Berlins Coach Aito Garcia-Renesses, bezeichnenderweise ein Spanier, deutlich vor Augen, dass es durchaus möglich ist, mit 19 bis 21-jährigen Deutschen in der Rotation zu spielen. Ich bin überzeugt, dies kann auch im Damenbereich und der DBBL gelingen.
Persönlich erachte ich ein “Gentlemen-Agreement” für die Limitierung des Einsatzes von Importspielerinnen im Sinne der BBL Regel, dass maximal 6 Spielerinnen ohne deutschen Pass aufgeführt sein dürfen. Mittelfristig sollte diese Regelung durch eine Absichtserklärung ergänzt werden, dass der Spielanteil deutscher Spielerinnen an der Gesamtspielzeit auf mindestens 35% steigt ergänzt und vervollständigt werden. Alleine es wird dazu auf absehbare Zeit nicht kommen. Hoffentlich finden sich jedoch mehr Vereine, die qualifizierten Nachwuchsspielerinnen künftig eine Chance geben und auch bereit sind, in die Jugendarbeit zu investieren. Vielleicht können Satou Sabally, Marie Gülich als aktuelle WNBA Spielerinnen sowie Leonie Fiebich und Luisa Geiselsöder als potentielle WNBA Spielerinnen etwas mehr Aufmerksamkeit für den Damen-Basketball generieren, von der dann auch hoffentlich die DBBL und die deutschen Talente profitieren können.
Jedenfalls ist es das, was ich der DBBL im Speziellen und dem deutschen Damenbasketball im Allgemeinen wünsche.