Es ist natürlich nicht möglich den einen Faktor zu benennen weshalb Alba nicht nur erfolgreich derzeit ist sondern unfassbar viel Spaß beim Zuschauen macht, Emotionen auslöst und eine Vorbildfunktion einnimmt. Vieles ist bereits gesagt. Man kann es nicht an einer Person festmachen. Baldi, Ojeda, Aito, Harnisch? wahrscheinlich alle zusammen. Mein Eindruck ist, dass langfristig eine hervorragende Jugendarbeit aufgebaut wurde, die nicht nur die Stadt Berlin sondern auch das Umland einbezieht und auf allen Ebenen, von der Grundschule angefangen wirkt. Die sorgt auch nicht nur für Nachwuchs im Spielbereich sondern auch im Fanbereich. Dass dieses Nachwuchskonzept aber auch seine Durchlässigkeit in den Profibereich findet, dafür bedarf es Mut und einen geeigneten Trainer. Hier ist sicher mit Ojeda als Sportdirektor und Aito als Coach eine neue Zeit angebrochen. Es bedurfte eines Ojeda (und Baldi!) um einen Coach Aito nach Berlin zu bewegen. Und es bedurfte eines Coach Aito, der in einer Lebensphase war in der er keinen Rechtfertigungsdruck mehr spürte wenn Anfangserfolge ausbleiben sollten. Der nicht mehr durch den kurzfristigen Erfolg zu bewegen war sondern eher über den Gedanken eine „Legacy“ zu hinterlassen. Dieser Coach Aito kam in genau der Zeit in der das Alba-Nachwuchskonzept in Breite und Klasse Spieler hervorbrachte, die in dieser Klasse mithalten konnten. Was mich von Anfang an bei Coach Aito und dem neuen Alba-Spielstils so gefallen hat war die Tatsache, dass gar nicht mehr explizit erwähnt wurde, dass jetzt ein deutscher Nachwuchsspieler auf dem Feld steht, Garbagetime, Verständnis haben, wenn etwas nicht läuft, blablabla. Sondern die Selbstverständlichkeit mit der die Spieler eingesetzt wurden/werden, das Selbstbewusstsein im Auftritt, die Tatsache, dass auch alle „Starspieler“ die Nachwuchsspieler im Spielablauf gesehen und eingesetzt haben. Das alles hat Zeichen gesetzt. Es hat für mich an diese spanische Schule erinnert, die man auf hohem Niveau in der Nationalmannschaft sieht. Dort ist es ebenfalls so ein selbstverständlicher Mix aus jungen und erfahrenen Spielern. Dafür bedarf es eines Spielsystems und eines Scoutings an besonderen erfahrenen Spielern damit es ohne Egozentrik funktioniert. Die „Entdeckung“ und langfristige Bindung eines Luke Sikma ist hierfür ein Schlüssel gewesen. Ich war sehr erstaunt, als man ihm in einem fortgeschrittenen Alter einen 4-Jahres-Vertrag gegeben hat, muss jetzt sagen, dass es eine hervorragende Entscheidung war, die sich eben nicht aus dem wöchentlichen Spieltagsgeschehen ableiten lässt. Im Fazit hat man bei Alba im entscheidenden Moment alles richtig gemacht und einer Organisation, die sich auf hohem Niveau nach unten bewegt hat eine magische Wendung ermöglicht.
Es wird spannend sein zu sehen, wie Alba damit umgeht, wenn der Erfolg tatsächlich einmal ausbleiben sollte. Ist Improvement dann immer noch das oberste Gebot? Wer wird Nachfolger von Luke Sikma? Wer folgt auf Gonzales wenn der ruf der Heimat lockt? Aber das wird die Zukunft zeigen, heute genieße ich jedes Albaspiel, denn es zeigt etwas, was es bisher nicht im deutschen Vereinsbasketball gegeben hat.
Damit wäre ich auch noch kurz bei Bayern. Es ist für mich gerade auf einem anderen Weg. Natürlich ist der Anspruch, zu Recht!, ein anderer als Alba. Hier geht es zwar auch um Improvement aber viel schneller auch um Erfolge im jetzt. Und es geht um berechenbares Improvement. Meines Erachtens aber ein Widerspruch in sich. Besonders bedenkenswert finde ich die aktuelle Zuschauerentwicklung. Es ist eine Zuschauerbasis, die doch sehr stark an die Erwartung im Fußball anknüpft (höher, schneller, weiter). Und sie zeigt, dass Bayern noch ein ganzes Stück vom Aufbau einer Identität a la Alba entfernt ist. Das Gute ist, dass Bayern die Möglichkeiten zum Experimentieren hat und aus, gemessen am eigenen Anspruch, ausbleibenden Erfolgen lernen kann. Und sie haben auch das Glück am Beispiel Alba lernen zu können, was es an Zutaten bedarf. Ich würde es mir wirklich wünschen, wenn wir es in Dtld schaffen würden zwei „Religionen“ wie Real und Barcelona aufzubauen und nicht nur einen durch Geld erfolgreichen Club, der den Masterplan EL abarbeitet.