Ich habe mich lange zurückgehalten, weil ich weder Lust hatte, die ganze Zeit nur rumzumotzen, noch, den Verein zu verteidigen.
Doch das ist nun der traurige Gipfel einer Vereinspolitik, die ganz weit weg von den Fans stattfindet. Nennt mir einen Verein, der seine verdienten Spieler, DEN Spieler schlechthin der letzten 10 Jahre, so unwürdig behandelt wie Ludwigsburg.
Ob Jerrys Rauswurf nun die fehlgeleitete Idee Keys war, auf diesem Wege Dorris sein Vertrauen auszusprechen, oder ob Reil einen Weg sucht, aus Jerrys letztem Vertragsjahr herauszukommen, kann ich nicht sagen. Ich werde aber das Gefühl nicht los, dass Jerry einfach der Sündenbock der Saison ist: Früher waren das Brian Jones oder Kyle Bailey, allesamt Point Guards, die es nicht schafften, die spärlich vorhandenen Offensivsysteme ihrer jeweiligen Trainer zum Laufen zu bringen. Dass die Trainer in den letzten Jahren einfach ein Griff ins Klo nach dem anderen waren, ist ja kein Geheimnis. Da hat sich Reil mit seinem begrenzten Basketballsachverstand (gemessen an Reils Aussagen in den einschlägigen Medien) nicht mit Ruhm bekleckert.
Nur wenn ich lese, dass der Ball ohne Jerry besser läuft o.Ä., dann ist das ein schlechter Witz! Außer Jerry Green haben wir keinen einzigen echten Point Guard in der Mannschaft. Dorris/Fisher/Harris sind allesamt Scoring-Guards die kaum ein ordentliches Pick and Roll spielen können. Scorer braucht eine Mannschaft, keine Frage, allerdings scheint es mir, als wollte Key völlig auf jegliche Organisation auf dem Feld verzichten und in Don-Beck-Gedächtnis-Manier nur eins-gegen-fünf spielen. Wenn das Team etwas braucht, dann ist es ein Organisator.
Was mich während der ganzen Misere auch stört, ist, dass viel zu wenig die Psychologie und das Selbstvertrauen berücksichtigt werden. Das kann man belächeln, aber Basketball wird einfach zu großen Teilen im Kopf gewonnen, da entscheidet das Selbstvertrauen, ob man den entscheidenden Wurf versenkt oder nicht. Da sind zum einen die Fans gefragt, aber vor allem auch die Verantwortlichen. Allerdings kennen Reil & Co. als Motivationsmittel nur Druck, Druck, Druck (Reil verkündet in der Zeitung, wer alles um seinen Vertrag spielt / man verpflichtet bewusst einen Ausländer zu viel / usw….).
Das kann funktionieren, tut es aber offensichtlich nicht.
In dieses ganze Dilemma haben sich das Management und der Trainer ganz allein gebracht:
Angefangen hat es mit der (viel zu späten) Verpflichtung von Fisher, der kam, als Jerry schon fast wieder fit war. So weit, so gut. Diesen allerdings dann zu verlängern, obwohl auch er kein Point Guard ist und eine Ausländerstelle fehlt, ist einfach nur hirnrissig. (Das kann sich Artland leisten, die nebenbei noch europäisch spielen und dabei rotieren können, außerdem war abzusehen, dass Hess einen deutschen Pass bekommt.)
Wie soll aber im Abstiegskampf ein ordentliches Mannschaftsgefüge entstehen, wenn jeder fürchten muss, im nächsten Spiel auf die Tribüne gesetzt zu werden? Und wie soll das funktionieren, wenn man der Mannschaft dann noch den Kopf nimmt?
Richtig wäre gewesen, sich herzlich bei Fisher zu bedanken und ihn ziehen zu lassen, wie man das eben macht, wenn eine Verletzung überbrückt ist.
Fisher ist aber da, was tun?
Nun muss zwangsläufig nach dem Leistungsprinzip aufgestellt werden, aber Key scheint jetzt bereits zu wissen, dass Jerry keine Leistung bringen wird.
Ich persönlich würde übrigens lieber 20 Minuten Small-Ball pro Spiel sehen, als Jazvins unmotiviertes und verweichlichtes Gezocke - Jazvin wäre mein Streichkandidat.
Key selbst wird man übrigens kaum feuern können, man hat ja nicht einmal einen Assistant-Coach, der das Training übernehmen könnte (Ob Key unter solchen Bedingungen überhaupt eine faire Chance hatte oder ob er ohne Assistent nicht völlig überfordert ist, steht auf einem anderen Blatt).
Dass ein Trainer eine halbe Saison lang ohne Assistent arbeiten muss, passt aber auch zu unserem Management. Da vermisse ich seit Jahren Basketball-Know-How.
Zum einen ist da der Präsident Reil, der alle paar Wochen ein Zitat in der Bildzeitung raushaut, was eigentlich immer für Unruhe und Unfrieden gesorgt hat. Er scheint in allen wichtigen Fragen das letzte Wort zu haben.
Der andere ist Mario Probst, dessen Kompetenzen scheinbar keiner genau kennt außer er selbst. Eindeutig kann ich ihm nur die BBA zuordnen, das scheint er ganz ordentlich zu machen.
Meines Erachtens fehlt jedoch ein echter Basketball-Fachmann, der allein zuständig ist für den Bundesligasport (Pesic bei Bayern/ Demirel in München). Langsam müsste doch auch Reil einsehen, dass seine Basketballentscheidungen meist einfach schlecht sind. Er muss sich endlich auf den finanziellen Part beschränken. Reils Rauswurf kann man schon fordern, aber eigentlich kann der sich ja nur selbst feuern.
Ich hoffe, dass der Fanclub beim nächsten Heimspiel eine Aktion für Jerry startet (bei Facebook habe ich die Idee gelesen, alle sollen in grün kommen, fände ich gut). Bringen wir ihm den Respekt entgegen, den er verdient.
Ich hoffe aber, dass sich die Emotionen dann nicht gegen Dorris entladen, der ist in der ganzen Geschichte eigentlich das zweite Opfer: Er hat Jerry nicht auf die Tribüne verbannt und auf ihm wird der meiste Druck lasten. Dass er sich nicht reinhängt, kann man ihm aber m.E. nicht vorwerfen.
Zum Schluss: Klassenerhalt ja - aber nicht zu jedem Preis! Dann lieber in Würde absteigen oder die Wildcard kaufen!