Eine schwierige und am Ende doch noch erfolgreiche Spielzeit für Keltern
Bis zum heutigen Tag ist noch kein Bericht von Keltern über das letzte Finalspiel und die Meisterschaft erschienen. Wahrscheinlich sind dort einige Personen noch im Siegesrausch. Deshalb möchte ich hier einen Bericht über diese schwierige und am Ende doch noch erfolgreiche Spielzeit der Sterne geben.
Der unerwartete Rückzug von Hergenröther war nicht nur für das Management sondern sicher auch für viele Spielerinnen ein schwerer Schlag, weil auch seine Person für ihre Unterschrift in Keltern mit entscheidend gewesen sein dürfte.
Die schnelle Entscheidung für Topal, ohne Prüfung der anderen Bewerbungen, erwies sich später als klare Fehlentscheidung. Der Trainerjob auf diesem Niveau erfordert mehr als Fachwissen über Basketball. Er wollte wohl allen Spielerinnen gleichmäßig Spielzeit geben, statt eine klare Starting Five und eine sportlich begründete Hierarchie zu enwickeln. Wegen der Verletzung von Tavic ließ er Mayombo neben Wilke den Aufbau machen. Eine Position auf der Mayombo nicht wirklich gut ist und die sie wohl auch nicht gerne spielte. Vielleicht hat dies mit zu ihrem vorzeitigen Rückzug geführt. Auch Hartmann hat er nie so in das Spiel integriert, dass sie ihre Stärken zeigen konnte. Sie blieb in Keltern weit unter ihren Möglichkeiten und ging dann ja auch vorzeitig. Die Niederlage in Herne war dann der erste absolute Tiefpunkt, bei dem man auch keine positive Einwirkung des Trainers auf die Mannschaft beobachten konnte. Es dauerte dann noch bis zur Niederlage in Nördlingen bis er endlich beurlaubt wurde.
Die Zwischenlösung mit Hergenröther war okay, obwohl er die Niederlage in Saarlouis verantworten musste. Dauerhafte Verbesserungen brauchen im Mannschaftssport einfach auch Zeit.
Die Verpflichtung von Lojo war ein absoluter Glücksgriff. Schnell fand er seine Starting Five, an der er dann konsequent festhielt und er hatte einen guten Blick für die Stärken und Schwächen der einzelnen Spielerinnen. Das zeigte sich dann auch an den Spielzeiten für schwächere Spielerinnen in engen Spielen. Es war erstaunlich, wie schnell er die Mannschaft in der Defense stark gemacht hat. Höhepunkt war die Zonenverteidigung im dritten Viertel des 1. Finalspiels mit der Folge, dass Hannover nur 5 Punkte scoren konnte.
Nun noch ein Blick auf die einzelnen Spielerinnen der Meistermannschaft:
Alexandra Wilke war eine sehr kluge Verpflichtung. Sie ist eindeutig eine Führungsspielerin. In kritischen Situationen erhöhte sie ihre Energie und konnte durch Dreier oder durch konsequenten Zug zum Korb das Momentum oft wieder auf die Seite der Sterne ziehen. In der Defensive hatte sie meistens eine der stärksten Spielerinnen des Gegners zu verteidigen und hielt diese auf Grund ihrer Schnelligkeit und ihrer Erfahrung meistens gut vor sich und vom Korb ab. Beim Aufbau war sie sicher im Ballvortrag und setzte ihre Mitspielerinnen mit klugen Pässen gut in Szene.
Sie kam nach Keltern um Titel zu erringen, umso schöner ist es, dass sie gleich im ersten Jahr mit der Meisterschaft den wichtigsten Titel gewinnen konnte. Ein Glück für Keltern, dass sie schon für die nächste Spielzeit unterschrieben hat.
Linda-Lotta Lehtoranta kam im Januar für Emanuelle Mayombo. In ihren ersten Spielen hatte ich Zweifel, ob sie Mayombo angemessen ersetzen könnte. Später hatte ich dann den Eindruck, dass sie deutlich stärker war als Mayombo, die in dieser Saison nicht mehr an die Leistungen früherer Jahre in Keltern anknüpfen konnte. Mit großem Selbstbewusstsein trieb sie den Ball in die gegnerische Hälfte, brachte durch ihre Schnelligkeit die Abwehr in Bewegung und spielte dann gute Pässe auf die Centerspielerinnen oder auf einschneidende Mitspielerinnnen. Die Qualität der beiden Aufbauspielerinnen Wilke und Lehtoranta war wahrscheinlich ein Schlüssel zum Erfolg der Sterne.
Bei Gergana Ivanova, der dritten Aufbauspielerin, war der Sprung nach Keltern vielleicht etwas zu groß. Besonders in den ersten Spielen bekam sie oft Foulprobleme und hatte kein Wurfglück. In den letzten Playoff-Spielen zeigte sie dann aber auch, dass sie den Ball energisch nach vorn treiben und beschützen kann. Sie konnte eine oder beide anderen Aufbauspielerinnen ersetzen, ohne dass es zu einem zu starken Leistungsabfall der Mannschaft kam.
Stephanie Kostowicz, der dritte Neuzugang im Januar, ist ein besonderes Phänomen. Mit ihren außergewöhnlich geschickten Bewegungen gelang es ihr immer wieder trotz Bedrängnis, sich den Freiraum unter dem Korb zu schaffen, um erfolgreich abzuschließen. Dabei wurden etliche Fouls an ihr von den Schiedsrichtern garnicht gepfiffen, was nicht nur Lojo in Rage versetzte. Da sie keine gute Freiwerferin ist und oftmals beide Würfe vergab, hielt sich der Schaden in Grenzen. Am besten wurde sie noch von Alba verteidigt, indem sie gleich von drei Spielerinnen umzingelt wurde, eine Falle, der sie meistens nicht entkommen konnte.
Trotzdem dürfte sie in den Playoffs die Topscorerin der Sterne gewesen sein.
Krystal Vaughn hatte zu Beginn der Spielzeit und nach ihrer Verletzung den Touch für ihre Würfe aus der Halbdistanz verloren. Aber als echter Profi lief sie in den Playofffs und besonders in den Finalspielen zur Hochform auf. Krönung war das dritte Spiel gegen Hannover, das sie mit 23 Punkten dominierte. Durch ihre starke körperliche Präsenz und Robustheit unter beiden Körben sammelte sie viele Rebounds ein und punktete trotz starker Gegenwehr. Da war sie wieder die starke Krystal Vaughn aus dem Meisterjahr 2021. Zu Recht wurde sie zur MVP gewählt.
Alexandria Kiss-Rusk war allein durch ihre Größe ein wichtiger Faktor unter beiden Körben. Defensiv sammelte sie jede Menge Rebounds ein und nervte die Gegenspielerinnen durch ihre vielen Blocks. Offensiv setzt sie sich in Korbnähe meistens stark durch und trifft auch sicher aus der Halbdistanz. Erstaunlicherweise für eine große Spielerin trifft sie gefühlt zwei Dreier pro Spiel. Bei Topal passte sie aus Korbnähe viele Bälle wieder nach außen mit dem Ergebnis, dass die dort dann oft verdaddelt wurden. Lojo hat ihr wieder Mut gemacht, auf ihre Stärken zu vertrauen und in diesen Situationen lieber selbst den Korb zu attakieren.
Mit diesen drei starken großen Spielerinnen ist Keltern unter dem Korb gut aufgestellt. Viele Vereine sind froh, wenn sie ein oder zwei gute große Spielerinnen haben. Seit dem Meisterjahr 2020/2021 setzt Keltern verstärkt auf das Spiel unter dem Korb.
Adrienne Webb ist auf Grund ihrer Schnelligkeit eine sehr gute Verteidigerin. Für ihre Gegenspielerinnen muss es nervend sein, immer wieder gestellt zu werden und kaum eine Chance zu haben, an ihr vorbeizuziehen. Durch ihren schnellen Antritt gelangen ihr auch viele Steals. Offensiv läuft sie gezielt in die freien Räume und kommt so zu leichten Punkten.
Rachel Arthur stellt ihre Gegenspielerinnen meistens schon in deren eigener Hälfte und ist kaum abzuschütteln. Sie ist eine starke Verteidigerin wodurch Keltern bei ihrer Einwechslung keinen qualitativen Abfall erleidet. Offensiv schneidet Arthur ähnlich wie Webb gerne in die freien Räume und punktet dann sicher. Unter Lojo wurden gerade diese Spielzüge optimal einstudiert. Schön, dass Arthur auch schon bei Keltern verlängert hat.
Veronika Remenarova war in den ersten Spielen sehr nervös und anfällig für Fehler. Danach gewann sie Selbstvertrauen und nahm unter Topal eine gute Entwicklung. Schnelle Auswechslungen nach Fehlern und nur kurze Einsatzzeiten unter Loojo nahmen ihr das Selbstvertrauen. Sie ist die einzige Spielerin, die unter Topal besser gespielt hat als später unter Lojo. Schade, dass es dann nicht mehr gepasst hat.
Linn Schüler spielt am längsten in Keltern. Zeitweise war sie die Alibi-Deutsche. Sie trifft relativ viele Dreier und zieht auch erfolgreich zum Korb. Durch gute Anspiele auf Vaughn und andere Spielerinnen gelangen ihr auch einige Assists. Defensiv verteidigt sie dann gut, wenn es eng zugeht. Sobald ihre Gegenspielerinnen aber Platz haben, um Geschwindigkeit aufzunehmen, ist sie verloren. Sie ist zu klein und zu langsam um ihre Gegenspielerin dann am Korberfolg zu hindern. In einem Eurocupspiel vor Jahren hatte ein Trainer diese Schwachstelle saofort erkannt und er ließ seine Spielerinnen konsquent gegen Schüler zum Korb ziehen.
Annika Soltau kam, auch wegen der Schule und den Spielen bei Speyer, nur selten zum Einsatz. Mit ihren 17 Jahren hat sie schon ein erstaunlich gutes Niveau. Die Begabung und die Spielintelligenz sind offensichtlich. Allerdings ging es in den Playoff-Spielen zu eng zu, als dass sie viel Einsatzzeit hätte bekommen können. Ich bin neugierig wie es nach der Zeit in den USA mit ihr weitergeht.
Wie geht es weiter?
Nach den beiden Meisterschaften 2018 und 2021 gab es im Folgejahr immer einen Einbruch. Die Leistungsträgerinnen konnten nicht gehalten werden und die Verpflichtung neuer Spielerinnen ging dann oft daneben. Freiburg hat gerade leidvoll erfahren was die Folge ist, wenn man Leistungsträgerinnen nicht adäquat ersetzen kann. Es wäre schön, wenn Keltern einige der beschriebenen Ldeistungsträgerinnen halten könnte.