Es ist wie es ist. Die Sache wurde schlecht gehandhabt, aber es geht für mich im Kern nicht um Körner/Ulrich sondern um die Einflussnahme eines Klubs auf die Sportberichterstattung (wobei das andere in diesem Thread anders sehen mögen). Ob das nun die “professionelle Medienarbeit” ist, die @Barack_Alabama erwähnt lässt sich bezweifeln, aber ich habe keine Zweifel dass sie effektiv ist. Das vom FCBB gepuschte Narrativ der Opferrolle der Euroleague-Teams (das von ALBA Berlin dankbar angenommen aber nicht initiert wurde, das ist aber nur mein Eindruck) dominiert mittlerweile so sehr Vor- und Nachberichterstattung, Spielübertragung und Pressegespräche, das andere Themen teilweise keine Rolle mehr spielen*. Die Folge (und sicherlich Intention) ist, dass die Trainer und Entscheider dieser Klubs praktisch unangreifbar sind, da externe Faktoren, die man nicht beeinflussen kann. Die andere Folge ist, dass der Basketballdiskurs verarmt.
Als ein Beispiel von vielen, siehe die PK nach dem Spiel gegen Bonn, wo der Gästecoach, der gerade das 4. seiner letzten 5 Spiele gegen den FCBB gewonnen hat und wettbewerbsübergreifend bei 23-4 stand (davon die Hälfte der Spiele mit einer 9,5-Mann-Rotation), von den anwesenden lokalen Sportjournalisten nur eine Frage gestellt bekommt: ob die Doppelbelastung der Heimmannschaft einen Einfluss auf das Endresultat gehabt habe. Man hätte den Coach vieles fragen können und jeder, der ihm mal bei Podcasts oder Pressegesprächen zugehört hat weiß, dass seine Ausführungen jede Sekunde Wert sind, aber das einzige was vorgetragen wurde, war wieder mal der priorisierte FCBB Talking Point. Und was folgte war dann dieser Artikel, der die Frage aufwirft, wie es um die journalistischen Standards der SZ bestellt ist.
Man könnte genauso vor, während und nach jedem Spiel über den Spieleretat der Teams philosophieren, das wäre vermutlich die zig Mal sinnvollere und interessantere Diskussion, und sie wäre trotzdem genauso diskurslähmend. Der Reiz des Wettkampfs ist nun mal das 5 gegen 5 auf dem Feld, die Individualleistungen, die Taktik, die Adjustments, nicht wer gerade aussetzt, wer wieviel Gehalt bezieht oder wer unter der Woche schon Basketball gespielt hat**. Ich weiß nicht ob es nur mir so geht, aber ich finde das absurd, wenn ein Euroleague-Team mit einer 11er-Rotation nach Würzburg reist, die mit einem 500.000€-Spielernettoetat oder wasweißich competen, und das Hauptthema in der Vorberichterstattung ist, dass beim Favoriten 3 oder 4 Spieler fehlen oder dass sie vor 3 Tagen in Spanien waren.
Sind das nun wirklich alles separate individuelle journalistische Entscheidungen, die dieses Thema immer wieder über all die anderen Dinge, über die gesprochen werden könnte, priorisieren?
*Mein Eindruck ist, dass diese Diskussion im europäischen Ausland deutlich weniger präsent ist und hauptsächlich von Verlierern (also unter ihren Ansprüchen agierenden Mannschaften) geführt wird. Mailand, Virtus Bologna, Barcelona.
**Ich beziehe mich hier auf die Spieltagsdiskussion. Ich drifte ins Off-Topic, aber natürlich haben diese Themen ihre Berechtigung zur Einordnung der Saisonleistung, allerdings glaube ich, dass das mit der Belastung weniger eindeutig ist als beim Spieleretat. Nur als Beispiel, Bayern spielt Freitagabend um halb 9 gegen Baskonia, reist nach Bonn, verliert das Spiel dort am Sonntag um 6 mit 10 Punkten, klar, die Belastung. Baskonia spielt Freitagabend um halb 9 gegen Bayern, reist nach Gran Canaria, eine der besten Mannschaften außerhalb der Euroleague, und möppt die Gastgeber dort am Sonntag um halb 7 mit 28 Punkten Unterschied aus der Halle.