Ich kann dem Post von @styLesdavis von heute früh nur voll zustimmen. Für ein Basketball-Fachmagazin ein wirklich haarsträubender Kommentar. (Es ist kein Artikel, sondern nur ein Kommentar, deshalb passt für mich der nachfolgende Post nicht mehr.)
Der einleitende Satz des Kommentars ist lächerlich:
… Basis für das Verständnis dieses Kommentars sind zwei Zahlen: 38 und 84.
Das eine hat erst einmal mit dem anderen nichts zu tun. Ansonsten wäre RW0 mit seinen “quadruble doubles” tendenziell der weltbeste Spieler und nicht die zweite bzw. dritte Geige bei den Lakers hinter LeBron James.
Kai Zimmermann ist ja von der Vorstellung beseelt, dass Basketball nur populärer wird in Deutschland, wenn mehr und kontroverser über ihn berichtet wird. Der Kommentar ist Populismus pur. sowas passt von mir aus gut zur SportBild oder anderen Springer-Publikationen; soll von mir aus auch in fachfremden Magazinen wie kicker erscheinen oder dergleichen. Die BiG hatte ich mal so kennengelernt, dass man auch Sachen im Hintergrund beleuchten will, die sonst nicht in der Öffentlichkeit vorkommen. Dieser Kommentar ist kein Ausleuchten, sondern eine Verkürzung der Tatsachen zu Zwecken der Polarisierung. Schade, dass es so weit gekommen ist.
DS71 hat in den letzten drei Spielen der Celtics einen überdurchschnittlichen offensiven Output bei wirklich sehr guten Wurfquoten. So gut hat er lange nicht getroffen. Wäre wirklich super, wenn er solche Quoten konsistent liefern könnte in deutlich mehr als der Hälfte der Spiele und insbesondere wichtigen Spielen wie Playoffs etc. Dann können wir gerne wieder über 84 reden. Ich warne vor der IMHO falschen Erwartung, Schröder könne dies von fortan konsistent immer so abliefern. Dazu ist Dennis in meinen Augen zu lange dabei, als dass er mal eben sich auf ein neues Level hieven könnte und problemlos auf diesem Level bleibt.
Er gehört definitiv zu den besten europäischen Point Guards. Dragic hatte gestern offenbar ein relativ starkes Comeback nach dreiwöchiger Verletzungspause, hatte aber ansonsten bislang eine gebrauchte Saison und steht möglicherweise demnächst wieder auf dem Trade Block. Inwieweit Dragic mit 35 Jahren noch konsistent abliefern kann, wird man sehen, kann man aber durchaus bezweifeln. Ricky Rubio ist ein noch inkonsistenterer Werfer als Schröder. Eigentlich gibt es nur Luka Doncic als europäischen Point Guard/Forward, den man als NBA-Superstar als klar besser bezeichnen kann. Von mir aus kann man Schröder daher auch berechtigterweise als Weltklassespieler bezeichnen.
Nur müssen wir mal aber auch Wasser in den Wein schütten, weil ja auch Kai Zimmermann sich hier an der 84 abarbeitet. Nochmal zur Redlichkeit, anscheinend lag das Angebot der Lakers mit dieser Zahl auf dem Tisch, d.h. die Lakers haben ihn “gewogen” und so hoch bewertet. IMHO ist er dabei (also ca. 21 Mio. USD p.a.) schon ca. 25% bis 30% überbezahlt, wenn man die besondere Arithmetik des Salary Caps und der Max Contracts berücksichtigt. DS71 hat dieses Angebot ausgeschlagen, weil er mehr meinte verdienen zu können. Jetzt komm mir keiner, DS71 wollte doch nur mal FA austesten und “faire” Angebote bekommen. Damit hat Schröder unverhohlen zum Ausdruck gebracht, dass da noch mehr als 84 bzw. 21 Mio. p.a. im Pott sein könnten. Wenn er das Angebot von vorneherein als mehr als fair eingeschätzt hätte, hätte er es angenommen.
Man muss auch nicht so skeptisch sein wie ich. DS71 darf an sich glauben und auf sich setzen. Würde ich ihn kritisieren, wenn er mich widerlegt und auf einem besseren und höheren Level performt als bislang in seiner Karriere? Nein, ich würde es auch wunderbar finden, wenn er noch besser würde. Nur Glaube an sich reicht nicht, er muss es dann auch zeigen. Und in den Playoffs hat er auch für seine Verhältnisse eher unterdurchschnittlich performt. Jetzt hätte er sagen können: Okay, vielleicht war ich übermütig, aber ich habe an mich geglaubt und dazu stehe ich. Ich möchte trotzdem weiter bei einem title contender spielen und glaube, dass ich den Lakers noch viel und vor allem besser als zuletzt helfen kann, selbst wenn das bedeutet, dass ich nicht so viel verdiene, wie ich ursprünglich erhofft hatte.
Nee, hat er aber nicht. Stattdessen war im Sommer in der Olympia-Vorbereitung erster Fanboy der Nationalmannschaft und ist ansonsten herumgelaufen, als würde er demnächst nicht einen Vertrag über 84, sondern über 100 Mio. USD unterschreiben. Laut Medienberichten wollte er sogar eine Absicherung mit einer Versicherungssumme von 120 Mio. USD, wobei unklar blieb, ob die Vertragslaufzeit in dem Fall fünf Jahre betragen hätte. Völlig unreflektiert dem äußeren Anschein nach hat er so getan, als wäre nach dem ausgeschlagenen Lakers-Angebot sportlich alles bestens gelaufen beim in der ersten Runde gescheiteren Titelverteidiger, zumindest aber doch für ihn. Aber weder das eine noch das andere war der Fall.
Und das ist für mich auch der Knackpunkt in der Causa Dennis. Ich hätte ihm geraten, das ursprüngliche Angebot anzunehmen. Er hat anders gewettet, was sein gutes Recht ist, aber für sein Verhalten im Sommer ist er voll verantwortlich. Es war doch klar, dass nach der wenig erfolgreichen Saison der Lakers der Ruf nach personellen Veränderungen laut wird. Und es war auch klar und IMHO nachlesbar, dass dabei die PG-Position und Schröder, der ein gut dotiertes Angebot ausgeschlagen hat, im Fokus stehen. So schlecht kann kein Agent vernetzt sein, dass er nicht merkt, woher der Wind weht. Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass Pelinka nicht wenigstens ein Sign-and-Trade angefragt hat. Aus wirtschaftlichen Interessen der Lakers heraus hätte er das eigentlich tun müssen. Aber es hat den Anschein, dass DS71 das alles nicht hören wollte und/oder an seinen ursprünglichen Maximalforderungen festhielt. Das war aber aber nicht drin und da bin ich meines Erachtens nicht der einzige gewesen, der das so eingeschätzt hat.
Kommen wir nochmal zurück zu seinen Leistungen zuletzt und den Aussichten auf einen Vertrag mit einem (Jahres)Verdienst, der höher ist als er es bei dem Vertrag mit 16 Mio. USD p.a. war, den er ursprünglich bei den Hawks unterschrieb. Ja, er war nahezu in allen drei Spielen interner Topscorer der Celtics (gegen die Raptors hat Tatum zwei Punkte mehr gemacht). Und er hatte wirklich sehr gute Wurfquoten für einen Guard. Aber wie effizient war er wirklich? In allen drei Spielen hatten seine drei Starter-Kollegen Smart, Tatum und R. Williams ein deutlich höheres +/-- Rating als der Topscorer Schröder. Das war trotz vergleichbarer Einsatzminuten nicht zufällig erhöht, sondern tatsächlich um zehn Punkte erhöht. Nur Horford und Grant Williams als Starter fielen ab und waren noch einmal schlechter als Dennis. Dazu kam dann Josh Richardson und zuletzt Juancho Hernangomez von der Bank mit einem höheren +/–Rating, so dass Dennis jeweils trotz großem Output und guter Wurfquoten nur maximal das fünfbeste +/–Rating der Celtics in den jeweiligen Spielen hatte. Soll heißen, wenn Dennis es fühlt (und in diesen Spielen bei seinen Quoten gewissermaßen zurecht), dann vernachlässigt er andere Aspekte seines Spiels. Bei den Siegen gegen Raptors und Bucks sind seine Turnover explodiert und er hatte eine ATR von 0,5 (zum Vergleich hat Olympiasieger Jrue Holiday ähnlich viele Abschlüsse wie Schröder, hat quasi nix getroffen, aber ohne Giannis und Khris Middleton 13 Assists bei 3 Turnover; Dennis hatte umgekehrt 6 Turnover bei 3 Assists und gegen die Raptors waren es acht gegenüber vier Vorlagen). Offensichtlich kam der Gegner mit Dennis auf dem Feld leichter zu eigenen Punkten als ohne ihn auf dem Feld.
Gesetzt den Fall, DS71 würde seinen aktuellen Output halten, dann wären seine Leistungen quasi auf dem Level von Jamal Crawford oder Sweet Lou Williams, die über die Karriere gesehen ein ähnliches PER haben wie Schröder. Nur die beiden haben bis auf drei Saisons von Crawford niemals mehr als 10 Mio. USD p.a. verdient. Man muss schon eine sehr deutsche Brille aufhaben, um zum Schluss zu kommen, dass Schröder doch sicherlich 20 Mio. USD p.a. und mehr verdienen können sollte. Mir fehlt der kritische Blick auf die gesamten Stats von Schröder. Alleine auf die Punkte zu schauen ist wirklich unterkomplex für ein Fachmagazin. Und sich dann genau ein vermeintlich passendes Spiel herauszupicken, ist im Grunde geistiger Dünnpfiff. Aber Kai Zimmermann hatte vermeintlich anderes im Sinn und hat letztlich dann Schröder auch nur benutzt, um zu polarisieren und Aufmerksamkeit zu heischen.