Bei der Kaderzusammenstellung für die kommende Saison spielt m.M.n. nicht nur der Standort eine Rolle, sondern auch die Entwicklung des Sports und der gesamten Liga.
Der Basketballsport hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert, in Kürze die aus meiner Sicht entscheidenden Faktoren: Der Sport wird immer schneller. Es fallen im Schnitt deutlich mehr Punkte - es gibt kaum noch Spiele, bei denen der Score bei um die 70 Punkte landet. Insgesamt hat der 3er enorm an Bedeutung gewonnen, der Mitteldistanzwurf hingegen an Bedeutung verloren. Die Positionen verschwimmen mehr miteinander; der klassische Pointguard ist kaum noch existent, genauso wie der klassische Center. Der Smallball ist „salonfähig“ und es werden vermehrt, athletische und agile Spieler auf den großen Positionen eingesetzt. Oldenburg ist da noch einen etwas anderen Weg gegangen und hat in dieser Saison bspw. häufig mit zwei Ballhandlern parallel agiert und verfügt mit Mahalbasic über einen Spieler, der von seiner körperlichen Konstitution zwar ein klassischer Center, aber vom Skillset her ein Point Center ist.
In der Breite ist die BBL schon wirklich stark geworden, ich denke da stimmt mir jeder zu. Jeder einzelne Fast jedes Team kann jedes Team an einem guten Tag schlagen. Sieg steigt somit in seiner Bedeutung. Im Podcast von magentasport ging es einmal darum, ob die deutsche Liga eine Basketballidentität hat, ob sie einen eigenen Spielstil hat. Das ist eine schwierige Frage, wie ich finde. Gibt es sowas überhaupt? Ich finde, der Basketball von Alba ist bspw. relativ einfach zu beschreiben. Ganz runtergebrochen ist das für mich eine auf Automatismen basierte Motionoffense mit sehr viel Ballbewegung und klugen Entscheidungen. Vechta spielt für mich die variabelste Defense mit dem höchsten Einsatz. Und wie sieht’s mit der Oldenburger Spielidentität aus? Da kommt mir als erstes Paulding in den Kopf. Und dann Mahalbasic…und dann Boothe. Also eigentlich nur einzelne Spieler und keine Spielkultur. Unser Spiel ist sicher nicht die Motionoffense von Alba und auch nicht die Hustledefense von Vechta. Unser Spiel hängt ab von der individuellen Klasse und Spielintelligenz einiger weniger Spieler…also von Paulding…und Mahalbasic, die uns beinahe komplett tragen. Das hört sich nicht berauschend an, aber es funktioniert eben seit Jahren. Das funktioniert auch nur, weil wir einen Kader haben, der viele wirklich gute Schützen hat und somit prädestiniert für gutes Spacing ist, wodurch ein Mahalbasic erst zur Entfaltung kommt. Gepaart mit Spielern, die über gute Passfähigkeiten verfügen spielen wir durchaus einen modernen Basketball. Einzig das Tempo und die Athletik sind nicht unbedingt dem Trend entsprechend.
Ich halte Oldenburg für einen Verein, der unter hohem Druck steht. Gerade in der BBL sind die Ansprüche doch deutlich gestiegen. Wir erleben hier im Forum selbst, wie schnell die Stimmung kippt, sofern der Erfolg ausbleibt. Dementsprechend ist auch immer der kurzfristige Erfolg relevant, ein Jahr ohne Playoffs könnte bspw. Auswirkungen auf Sponsoren und Hallenauslastung haben. Der Erfolgsdruck wirkt sich bspw. auf die Einsatzzeiten der jungen Spieler aus. Außerdem ist Oldenburg von der Ausrichtung nicht unbedingt auf deutsche Spieler ausgerichtet. Die Verantwortung tragen die ausländischen Spots, die dann mit soliden und guten deutschen Spielern ergänzt werden. Durch den “Abstieg” der ProB wird diese Ausrichtung auch weiterhin der Weg der Oldenburger bleiben, um erfolgreich zu bleiben.
Ich für meinen Teil denke, dass der Standort Oldenburg nach aktuellen Gegebenheiten in den Playoffs vertreten sein sollte, je nach Kader der anderen Teams halte ich Platz 3 bis 6 für realistisch.
Die Baskets sollten auf jeden Fall international vertreten sein, da spielt es in der derzeitigen Situation erst einmal keine Rolle, ob CL oder EC (wobei ich persönlich mittel- bis langfristig den EC bevorzugen würde). International zu spielen wird in den kommenden Jahren jedoch nicht einfach werden, da sich die Liga enorm entwickelt und auch die Konkurrenz nicht schläft (Ulm mit seinem Orange Campus schlägt da z.B. einen sehr interessanten und bisher einzigartigen Weg ein). Es gibt mittlerweile 11-12 Vereine, die eine realistische Chance auf die Playoffs haben, von daher wird es künftig immer schwerer, sich im oberen Tabellenbereich festzusetzen.
Im einzelen möchte ich nun gar nicht auf das Team eingehen, der Beitrag würde alles sprengen… Ich möchte in diesem Zusammenhang nur auf das Trainerteam und Mahalbasic eingehen.
Mahalbasic ist, wie schon oben genannt, gemeinsam mit Paulding die Säule und Identifikationsfigur des Oldenburger Spiels. Er ist vielmehr als ein klassischer Center durch sein breites Spektrum an Fähigkeiten. Offensiv kann er eigentlich alles, mit Abstrichen beim Distanzwurf…und evtl. ist er etwas zu risikofreudig mit seinen Pässen, wodurch seine Turnover zustande kommen. Das eigentliche Problem ist aber seine Defensive…und die wird er nicht mehr groß verbessern können. Er wird unfassbar oft im P’n’R attackiert…sobald Oldenburg geswitcht hat, wurde er geschlagen und häufig sind einfache Punkte daraus resultiert. Und ich bin mir tatsächlich unschlüssig, ob er in Oldenburg bleiben sollte. Nicht falsch verstehen, ich bin ein Fan seines Spiels und ich mag ihn als Typen sehr! Er ist aber ein extrem balldominanter Spieler, der den Ball im Post durch den eigenen Abschluss oder Kickout-Pässe sehr effektiv händelt. Aber durch diese Art wird das Spiel langsam gemacht…es hindert die Ballbewegung und das Spiel wird statisch (alle Mitspieler „parken“ am Perimeter bis mal einer cuttet). Es hindert Spieler daran, selber zu agieren…der Ball geht in den Post und dann macht Mahalbasic schon was draus. Durch diese Balldominanz nimmt er anderen Spielern einfach den Rhythmus und die Möglichkeit, sich zu entfalten. Ich glaube nicht, dass wir einen Point Center brauchen, wir benötigen einen beweglichen, athletischen 5er, der gut im P’n’R ist, ergänzt mit einem starken Backcourt á la Ludwigsburg. Ich glaube nicht, dass eine Neuausrichtung möglich ist, solange Mahalbasic in unserem Kader ist.
Nun könnte man sagen, dass es am Trainerteam ist, diese Dominanz zu minimieren. Aber dafür ist sie einfach zu erfolgreich…und Mladen und Co. stehen einfach unter großem Erfolgsdruck. Insgesamt kann man mit dem Trainerteam auch zufrieden sein, denke ich. Wenn man sich die anderen Vereine mit vermutlich etwa gleich hohem Etat anschaut, dann haben wir es doch ganz gut und konstant geschafft, uns im oberen Bereich der Tabelle zu halten und international ganz gut mitzuspielen und häufig auch schönen Basketball gezeigt. Dementsprechend kann man dem Trainerteam schon einmal keine Erfolglosigkeit vorwerfen, wie jemand bereits mit der 67%-igen Gewinnquote untermalt hat! Und in dieser Saison habe ich auch tatsächlich Umstellungen, vor allem defensiv, im System feststellen können. Und diese Anpassungen waren erfolgreich! Oldenburg bleibt Oldenburg…wir sind kein Euroleague-Team und bekommen dementsprechend auch keine Euroleague-Spieler. Wir müssen uns also mit Kompromissen arrangieren und das Trainerteam muss dafür sorgen, dass individuelle Schwächen als Team aufgefangen werden. Ich denke, das hat Drijencic in diesem Jahr das erste Mal tatsächlich (für mich sichtbar) umgesetzt. Durch Doppeln auf dem Flügel und teilweise sogar eine Presse ist unsere Defense deutlich variabler geworden und unsere Schwäche beim P’n’R wurde deutlich verkleinert. Das Ganze war dann leider beim Turnier nicht mehr so deutlich zu sehen…trotzdem stimmt es mich positiv, dass Mladen sich weiterentwickeln kann. Ein ganz großer Kritikpunkt ist nach wie vor, dass Oldenburg kein gutes Pflaster für junge und deutsche Spieler ist. Ein McClain hat anfangs Spielzeit gesehen und hat selbstbewusst aufgespielt. Im Laufe der Saison hat er immer weniger gespielt und wurde bei Fehlentscheidungen oft sofort ausgewechselt. Für mich ein verschenktes Potenzial. Insgesamt ist Mladen nicht besonders stark darin, Spieler zu entwickeln.
Ich gehe aber trotzdem davon aus, dass Mladen noch einige Jahre bleiben wird. Ich hoffe sehr, dass er weitere Anpassungen im Spiel vornehmen kann und auch den modernen Basketball weiter fördert. Ich bin wirklich gespannt, ob er es schafft, ein System und eine Identität nach der Ära Paulding zu etablieren…denn das ist m.M.n. die Herausforderung der kommenden Jahre. Ich würde mir einen noch schnelleren Stil wünschen, mit deutlich mehr Ballbewegung und auch mehr Bewegung abseits des Balles, sodass die individuelle Stärke nur in dringenden Situationen notwendig ist. Außerdem würde ich mir mehr Mut beim Trainerteam beim Thema Spielzeitverteilung wünschen, sodass evtl. tatsächlich mal junge Spieler mehr Vertrauen bekommen, sich entwickeln und bedeutende Bestandteile des Teams werden.