Man muss bei allen Emotionen, die die Beteiligten hier hegen doch mal die Objektivität wahren.
Was haben wir denn?
Es gab ein enges Spiel mit einer Schiedsrichterleistung, die vermutlich in keiner anderen BBL-Halle als befriedigend empfunden wird. Darüber sind sich beide Fanlager einig. Die Stimmung in der Chemnitzer Halle ist dabei durchaus hitzig. Das ist bekannt und wird auch von Aktiven auf dem Feld wie auch Kommentatoren oder anderen Fans respektiert und teilweise gefeiert. Die Fans schießen dabei mit ihren Rufen auch mal über das Ziel hinaus (z.B. wiederkehrende “Schieber”-Rufe wo die Situationen doch eigentlich halb so schlimm sind). Kann man gut finden oder halt nicht. Ich persönlich bin da auch eher zur Ruhe und Besonnenheit geneigt und denke, dass sich schlechte Pfiffe immer ausgleichen, aber die Atmosphäre in Chemnitz macht dafür auch aus der Entertainment-Sicht durchaus Spaß.
Jetzt gibt es den letzten Pfiff - und da will ich mal sehen, dass das in den anderen Hallen der Liga einfach so weggeschluckt wird nach dem Motto: Ja, das war ein Foul - glasklare Entscheidung. In einem engen Spiel, mit dieser Leistung der Schiedsrichter als Vorgeschichte. Zeigt mir hier eine Halle, wo das der Fall ist - die Fans und die Spieler dort bedauere ich sehr.
Dann kommt es zu den Szenen nach dem Spiel: Ein Offizieller rennt auf das Feld zu den Schiedsrichtern. Das geht nicht und das muss auch in irgendeiner Form Konsequenzen haben. Aber auch keine radikalen. Da sind die Sicherungen durchgebrannt, dafür muss die Person dann auch gerade stehen - aber das ist noch kein Politikum. Das passiert in Deutschland jeden Tag millionenfach und ich möchte denjenigen sehen, der noch nie aus einer Emotion heraus etwas dummes getan hat.
Dann gibt es anscheinend Fans, die den Gegner provozieren. Das ist nicht schön, aber auch hier habe ich in deutschen Hallen schon mehrfach erlebt, dass Fans ihren Einfluss und ihre Nähe zum Feld missbrauchen. Und da möchte ich auch keinen Standort ausnehmen. Ich heiße das nicht gut - egal ob in Chemnitz oder sonstwo. Aber das kommt halt auch mit Emotionen und ich habe zumindest Verständnis dafür, dass sich nicht jeder Mensch immer zu 100% emotional kontrollieren kann und dabei auch Dinge tut, die andere oder auch er/sie selbst im Nachgang nicht gerade als glücklich empfinden.
Was mich aber stört ist dieses Video und die Debatte, die jetzt hier angeschoben wird. Ich bin zu 100% objektiv und ich kann hier die Worte, die da in den Mund und in den Kontext gelegt werden mal so gar nicht nachvollziehen. Vllt. noch ein “Drecksau” (man ist beeinflusst, nachdem man es gelesen hat), aber wie der Kollege auf Twitter da durch den Kommentar des Magenta-Manns die rassistischen Vorworte raushören will, ist mir schleierhaft. Und da beginnt für mich ein großes Problem: Das steht jetzt im Raum und macht ein Bild. Und was passiert als nächstes: User springen auf den Zug auf und fordern strafrechtliche Verfolgung, Geldstrafen, Hallenverbote… Hauptsache radikal…
Und dann kommt noch ein super gutes Stichwort auf: Die Vargas-Diskussion von vor vielen Jahren. Da wurde auch aus dem nichts eine Rassismus-Diskussion eröffnet, deren Ursprung nie nachgewiesen werden konnte. Und wie schön, dass es jetzt wieder Kommentare á la “der Osten halt”, “Halle voller Wutbürger”, “Dunkeldeutschland”, etc. gibt. Da passt das eigens geformte Bild wieder gut zusammen für den einen oder anderen. Das Problem, was ich hier sehe, ist die fehlende Objektivität und gar nicht mal die Frage nach den Fakten - sondern nur nach dem Empfinden und dem Bestätigen der eigenen Anschauung.
In der Sache gehen viele Dinge nicht mit meinem Wertekompass einher und ich zähle diese auch gern auf:
- Vorwurf der Spielmanipulation durch Schiedsrichter (Ich glaube, das ist keine Absicht. Fehler passieren einfach.)
- verbale Angriffe auf Spieler (Die können nun am wenigsten dafür)
- ein Pressesprecher auf dem Spielfeld (Das deeskaliert nicht wirklich)
- Rassismusvorwürfe, die nicht belegbar sind (Schürt ein Feuer)
- Vorurteile, die einfach mal zeigen, in welchen Schubladen der eine oder andere hier wirklich denkt
Der letzte Punkt ist für mich übrigens der, den ich am wenigsten nachvollziehen kann. Vielleicht können alle Beteiligten (und vor allem diejenigen, die gleich meinen, ein Urteil fällen zu müssen) mal ein paar Grad abkühlen und sich hinterfragen, ob die Handlungen und Aussagen, die sie tätigen mehr helfen als die, die sie hier kritisieren.