Was ist los in ASC?
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Unnötig, unprofessionell, unrichtig“
Shantrell Moss, vom Zweitligisten ASC Mainz freigestellte Basketballerin, wehrt sich die Vorwürfe des Sportlichen Leiters Dominique Liggins: „Warum der Verein mich in ein so schlechtes Licht rückt, verstehe ich nicht.“
Mainz. Shantrell Moss war entsetzt, als sie las, wie der ASC Mainz ihren Rauswurf begründete. Abgesehen davon, dass die US-Amerikanerin schon den Schritt des Zweitligisten an sich als ungerechtfertigt empfindet, sieht sie durch die Aussagen des Sportlichen Leiters Dominique Liggins gegenüber den Medien ihren Ruf beschädigt. „Solche Äußerungen sind nicht nur nicht notwendig, sie sind auch falsch“, sagt sie.
Im Gespräch mit SPORTAUSMAINZ.de hatte Liggins unter anderem den Vorwurf erhoben, die 35-Jährige verbreite innerhalb des Teams schlechte Stimmung. Schon in der vorigen Saison, Moss‘ erster am Theresianum, habe es „immer mal wieder Trouble wegen ihrer Allüren“ gegeben. Und in der Vorbereitung auf die laufende Saison, als die Stimmung unter der neuen (und nach wenigen Wochen wieder entlassenen) Trainerin Schquana Stanford am Boden gewesen sei, habe Moss dies „mit ihrem Egoismus noch befördert“.
„Es gehört sich nicht, so über eine Spielerin zu reden“, sagt Lauren Mortier, die langjährige ASC-Spielerin, die in dieser Saison zwar noch mit der Mannschaft trainiert, aber nicht spielt. „Und ich spreche für das gesamte Team. Alle sehen das so.“ Die Kanadierin hält die Öffentlichkeitsarbeit des Klubs in diesem Fall nicht nur für unprofessionell, sondern schlicht für unrichtig. Moss als nur auf die eigenen Interessen bedacht darzustellen, entspreche nicht der Realität. „Sie ist eine gute Freundin, sie hilft anderen, wo sie kann – und wer egoistisch ist, nimmt sich nicht an Thanksgiving einen ganzen Tag Zeit, um ein Essen für das gesamte 20-köpfige Team zuzubereiten.“
Niemanden beschimpft und niemanden beleidigt“
Sie selbst, sagt Moss, habe weder in der vorigen noch in der laufenden Saison Probleme mit den Mitspielerinnen gehabt. Tatsächlich hätten zwei Kolleginnen Probleme mit ihr gehabt, „sie haben meine Einstellung auf dem Feld kritisiert und dass ich mich außerhalb der Halle nicht ausreichend ins Team einbringe“. Letzteres sei für sie schwierig gewesen, da sie für ihren Job als Zimmermädchen in einem Hotel der US-Army sehr früh am Morgen aufstehen musste. „Und dann konnte ich nicht abends etwas mit den Mädels unternehmen. Aber ich habe mit niemandem einen Streit angefangen, ich habe niemanden beschimpft und niemanden beleidigt.“
Den Job wiederum brauche sie, um ein Visum für Deutschland zu erhalten. Moss promoviert an der TU Kaiserslautern in Sportwissenschaften, zuvor hatte sie bereits zwei Masterabschlüsse in Personalmanagement und African Women‘s Studies erworben. Dass ihr Doktorvater in Mainz wohnt, sei für sie der Hauptgrund gewesen, im vorigen Jahr von Schwabach an hierherzukommen. „Damit musste ich nicht mehr die weiten Wege zurücklegen.“
Was den Vorwurf der mangelhaften Einstellung angeht, so sei sie vorige Saison selbst nicht mit ihren Leistungen zufrieden gewesen. Allerdings sei sie auf der ungewohnten Centerposition eingesetzt worden. „Da bin ich von meinen körperlichen Voraussetzungen her limitiert“, sagt die 1,75 Meter große Spielerin und räumt ein: „Wenn du ständig gegen physisch überlegene und deutlich größere Gegnerinnen kämpfst, ist es nicht immer einfach, die Motivation hochzuhalten. Dennoch habe ich immer versucht, mein Bestes zu geben. Und wenn ich manchmal müde gewirkt habe, dann lag das auch an meinem Job.“
Negron machte ihr keinen Vorwurf
In ihren letzten Spielen für den ASC setzte Trainer Andre Negron sie als Point Guard ein; rasch wurde klar, dass sie der Mannschaft auf dieser Position deutlich mehr würde helfen können. Im zweiten Meisterschaftsspiel gegen die Falcons Bad Homburg jedoch gehörte die Amerikanerin schon nicht mehr zum Kader. Der Grund: Das Team hatte Anfang Oktober eigene Verhaltensregeln formuliert, in denen steht, dass, wer eine Trainingseinheit verpasst, am folgenden Wochenenden nicht in der Starting Five stehen darf. Und wer binnen einer Woche zweimal fehlt, muss einen Spieltag aussetzen.
Das war bei Moss der Fall. Wegen ihres Geburtstages habe sie sich zwei Tage freigenommen, erzählt sie, „aber das kam nicht überraschend. Das hatte ich mit Andre schon mehrere Wochen vorher geklärt“. Dass er sie daraufhin nicht für die Partie nominiert habe, sei für sie in Ordnung gewesen. „Aber er hat daraus auch keine große Geschichte gemacht.“ In der Tat teilte Negron der Spielerin per Whatsapp mit, er mache ihr keinen Vorwurf. Sie nicht einsetzen zu dürfen, sei nervig, aber er müsse die Richtlinien befolgen. „Erst nachdem die Mannschaft ein schlechtes Spiel gemacht und hoch verloren hat, kam plötzlich der Vorwurf, ich hätte im Stich gelassen“, sagt Moss. „Und einen Tag später hat Andre mir mitgeteilt, dass der Verein mich rauswirft.“
Dem Spiel komplett fernzubleiben, statt ihre Kolleginnen von der Tribüne aus zu unterstützen, sei im Übrigen nicht ihre Idee gewesen. „Ich wäre gerne in die Halle gekommen, aber aufgrund der Coronaregeln durfte ich nicht.“ Auch das hat sie schriftlich.
Kurzfristiger Meinungsumschwung
Finanzieller Schaden entsteht Shantrell Moss nicht. War sie vorige Saison noch auf 450-Euro-Basis aktiv, erhielt sie in der laufenden Runde keine finanzielle Zuwendung mehr. Die Wohnung, die ihr der ASC im ersten Jahr bezahlte, musste sie zudem binnen einer Woche räumen, weil diese für eine neue Spielerin benötigt wurde. „Aber das war für mich kein Grund, den Verein zu verlassen. Ich mag das Team und ich mag Mainz“, sagt Moss. „Warum der Verein mich in ein so schlechtes Licht rückt, verstehe ich nicht.“
Noch merkwürdiger mutet die Trennung an, wenn man die Nachricht liest, die Dominique Liggins der 35-Jährigen knapp anderthalb Wochen vor der Trennung zukommen ließ: „Ich weiß es sehr zu schätzen, dass Du unter den gegebenen Bedingungen bei uns geblieben bist“, schrieb der Sportliche Leiter. Er wisse, dass der Verein im Umgang mit ihr viele Fehler gemacht habe. „Und ich weiß, dass Du Dir nichts von diesen Worten kaufen kannst, aber: Danke! Ich bin froh, dass Du in diesem Team geblieben bist.“