Für alle, die nicht die Zeit – oder Englischkenntnisse - haben, das Urteil in Gänze zu lesen, versuche ich es mal mit einer Chronologie der Ereignisse.
Disclaimer: bin kein Rechtswissenschaftler noch Braunschweig Fan – trotz passendem Wohnort. Es wird versucht, nicht wertend zu schreiben. Meine Meinung werde ich in einem separaten Post kundtun.
18.09.19: Braunschweig verpflichtet Releford für zwei Jahre unter GF Sebastian Schmidt
23.09.19: Laut Braun (der zu diesem Zeitpunkt nicht bei den Löwen involviert ist) gibt es einen positiven Dopingbefund (THC)
05.2020: Schröder wird alleiniger Gesellschafter der Basketball Löwen Braunschweig GmbH
07.2020: Sebastian Schmidt verlässt die Löwen und Oliver Braun wird neuer Geschäftsführer
02.07.20: Braun sagt Releford’s Agenten Trapani, dass er gerne woanders spielen darf. Trapani antwortet, dass der Spieler einen gültigen Vertrag besitzt und es schwer wird, eine vergleichbare Stelle zu finden
22.07.20: Braun schickt Trapani den - angeblichen - positiven Dopingtest von vor knapp einem Jahr. Mit dabei ist ein Angebot eines Auflösungsvertrages, bei dem Releford kein Geld erhalten würde. Die Deadline für dieses Angebot ist der 24.07.
“Beweis” für den positiven Dopingtest ist ein Foto eines uringefüllten Plastikbecher und einem Testgerät, welches augenscheinlich THC nachweist.
Bis Ende Juli 2020: Ein Hr. Lotsos (ich schätze Releford’s Anwalt) versucht eine außergerichtliche Einigung mit den Löwen zu finden - ohne Ergebnis. Vorschläge seitens der Löwen waren u.a. eine Zahlung von 30.000€ für die Vertragsauflösung oder eine Rückkehr Releford’s ins Team mit einem Jahresgehalt von 50.000 statt 120.000€
10.08.: Releford’s Team macht Druck. Es wird gefordert, dass die Löwen ihren vertraglichen Verpflichtungen nachkommen oder Releford schriftlich bezahlte Abwesenheit zusichert.
11.08.: Der Club antwortet, man werde die Ergebnisse des Doping Tests (von 2019) am 13.08 um 13:00 Uhr an die NADA weitergeben. Die Nada solle über den Fall entscheiden. Außerdem habe Releford “den Missbrauch von THC” zugegeben.
11.08.: Die Löwen schicken eine offizielle Ermahnung an den Spieler mit der Aufforderung, bis 17.08. zum Training zu erscheinen
17.08.: Releford’s Vertretung antwortet den Löwen. Es gäbe keinen positiven Dopingbefund und macht den Löwen harte Vorwürfe:
„we find your actions, tactics and strategy untolerable and psychologically unbearable to continue working for an Employer who is struggling to find a way to terminate Mr. Releford’s contract blaming him without any really existing reason, in order to avoid paying any compensation, using illegal and unethical methods such as psychological force and blackmail, and has even reached to the point to threat the Players’ career based on ‘invented’ and fraudulent positive doping control results."
Kurzfassung: Releford wirft dem Team vor, in unter Druck zu setzen – bis hin zur Erpressung – um ihn nicht bezahlen zu müssen. Der Dopingtest sei „erfunden“. Es sei für Releford nicht zumutbar, für einen Arbeitgeber tätig zu sein, der so agiere.
21.08.: Team Releford schaltet das Schiedsgericht BAT (Basketball Arbitral Tribunal) ein
28.08.: Die Löwen schicken Team Releford eine Kündigung, da der Spieler nicht zum Trainingsbeginn erschienen ist
31.08.20: Releford verlässt offiziell die Löwen
11.20: Oliver Braun wechselt in den Aufsichtsrat und Nils Mittmann wird neuer GF
Irgendwann: Gesellschafter Schröder schreibt an Releford per Social Media grob zusammengefasst: "Ich habe während Covid übernommen und möchte alles fair gestalten. Was davor passiert, ist “not my business”! 120.000€ wäre ein sehr schlechter Deal für die Löwen gewesen.
Schröder drückt aus, er habe „them“ (also den Löwen) gesagt, sie sollen Releford eine Wahl („a choice“) geben. Relefords Antwort bezieht sich auf die oben erwähnten 30.000€: „30k gross is not a deal“
Bis 12.2020: Beide Seiten übermitteln ihre Beweise an BAT.
Die Löwen argumentieren, dass Braun nach Amtsantritt über den positiven Dopingbefund vom 23.09.2019 informiert wurde. Am 24.09. habe der Spieler vor Trainer und Manager (Schmidt & Strobel) THC Konsum zugegeben. Beim Test waren weder ein Labor noch die NADA involviert.
In der Argumentation der Löwen heißt es schriftlich: “It was clear from the beginning that the Club would send the test result to the German NADA in case the parties did not agree on a termination agreement.”
Übersetzt: Der Club hätte sofort klargemacht, dass der Test der NADA übergeben werde, könne man sich nicht auf eine Vertragsauflösung einigen.
02.21: Dieses Zitat fällt den Löwen in der Urteilsbegründung auf die Füße. Zum einen seien außer Aussage und Foto keine Beweise für ein Dopingvergehen vorgelegt worden. Außerdem hätte der Verein innerhalb von drei Monaten auf den Test reagieren müssen. Die zitierte Aussage wird
so interpretiert, dass der Verein den Spieler unter Druck setzen wollte. Urteilsbegründung:
"It seemsobvious to the Arbitrator that in the summer of 2020, the Club pulled the alleged doping test of a year earlier out of its hat to get rid of its obligationto continue to employ the Player in the2020/2021 season. "
Übersetzt: Es scheint offensichtlich, dass der Verein den Dopingtest „aus dem Hut“ gezaubert habe, um den Spieler unter Druck zu setzen.
Urteil: Der Club müsse Releford 120.000€ netto + 5% Zinsen (ab 18.10.2020) an Gehalt zahlen plus 12.000€ netto + 5% Zinsen (ab 18.10.2020) Beratergebühr
03.05.2021: Das FIBA-Schiedsgericht untersagt den Löwen die Registrierung neuer Spieler aufgrund ausstehender Gehaltszahlungen an Releford.
2021: Die Löwen verklagen Releford wegen Falschaussage. Er habe vor dem Schiedsgericht gelogen mit der Aussage, es gäbe keinen positiven Dopingtest.