Zuallererst möchte ich sagen, dass ich meine Bewertung und Betrachtung eher auf die Hauptrunde im Allgemeinen beziehe. Die Playoffs waren letztendlich enttäuschend, und Ludwigsburg hat gnadenlos unsere Schwächen aufgezeigt und ausgenutzt. Dies soll jedoch nicht die gute Arbeit der letzten 10 Monate zunichtemachen. Daher möchte ich mich hauptsächlich auf die Hauptrunde beziehen, obwohl die Niederlagen in den Playoffs absolut gerechtfertigt waren. Ich möchte Ludwigsburg fairerweise alles Gute für ihre Spiele gegen Bonn wünschen, da es sicherlich keine leichte Aufgabe für sie sein wird.
#0 Shakur Juiston: Seine Statistiken sind eigentlich ganz ordentlich: Fast 80% Trefferquote aus dem Feld und fast 4 Rebounds pro Spiel bei durchschnittlich 15 Minuten Einsatzzeit. Allerdings verstehe ich nicht, warum Juiston am Ende nicht mehr gespielt hat. Ich meine, er hatte in einem seiner ersten Interviews doch gesagt, dass er mehr Spielzeit als in Griechenland haben möchte. Das hat sich leider nicht bewahrheitet. Außerdem fehlt es Juiston an Wurfqualitäten außerhalb der Zone. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er beim Team bleibt.
#2 Hassani Gravett: Meiner Meinung nach ist er weder ein richtiger Point Guard noch ein Shooting Guard. Er scheint irgendwo dazwischen zu sein, aber leider ohne erkennbare Stärken. Weder besitzt er die Fähigkeiten eines guten Point Guards noch die Wurfähigkeiten eines guten Shooting Guards. Zudem hat er oft Schwierigkeiten in der Verteidigung. Seine Dreierquote und Freiwurfquote sind ebenfalls nicht besonders gut. Es ist fast unglaublich, dass Gravett überhaupt acht Spiele in der NBA gespielt hat. Zudem ist sein Assist/Turnover-Verhältnis schlecht. Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass er im Team bleiben wird.
#3 Max DiLeo: Ich sehe diLeo nicht unbedingt als erstklassigen Verteidiger, obwohl er mit großer Intensität spielt. Für mich ist er ein solider Verteidiger, aber kein Lockdown-Verteidiger wie einst der junge Quantez Robertson. Es gibt andere Spieler, die körperlich besser dafür geeignet sind – aber wie gesagt: Die Energie macht diLeo aus. Mir gefällt seine Entschlossenheit und sein Einsatz. Seine Hauptaufgabe besteht nicht darin, zu scoren, sondern der Mannschaft die Philosophie des Coaches zu vermitteln und das macht er hervorragend. Ich bin froh, dass er noch einen Vertrag hat, besonders als deutscher Spieler in der BBL ist er eine gute Wahl. In der BCL sieht das schon wieder anders aus: Dort gilt er als Ausländer, was das ganze schon wieder ein bisschen haariger macht. Aber dennoch: Ich freue mich, dass er in Oldenburg ist und noch Vertrag besitzt.
#4 DeWayne Russell: Russell ist der Motor der EWE Baskets in diesem Jahr, und obwohl ich mich über seine 30-Punkte-Spiele freue, muss das Spiel im nächsten Jahr deutlich ausgeglichener werden. Wir brauchen mehr individuelle Qualität auf anderen Positionen, um Russell von der alleinigen Scoringlast zu befreien. Im Moment ist das Spiel meiner Meinung nach zu sehr auf ihn ausgerichtet. Trotzdem ist es großartig, dass wir ihn haben, und es ist fantastisch, dass er mindestens bis 2025 bleibt. Er fühlt sich wohl und die Fans fühlen sich auch wohl mit Russell.
#5 Trey Drechsel: Nun, da bin ich ehrlich gesagt unsicher. Die Hinrunde war durchaus gut, und er erwies sich als Allzweckwaffe, aber die Rückrunde war schlechter. Seine Quoten sanken deutlich, seine Dreier wackelten, und manchmal schien es, als würde er die Kontrolle in der Offensive verlieren und schwierige, Off-Balance Würfe nehmen. Abgesehen von Russell scheint er der Einzige zu sein, der etwas Kreativität ins Spiel bringt um sich seinen eigenen Wurf zu erarbeiten. Nach der Hinrunde war ich wirklich ein Fan von Drechsel und seinen vielseitigen Fähigkeiten, aber die Rückrunde war oft enttäuschend. Ich weiß nicht, wie viel Potenzial noch in ihm steckt. Emotional zeigt er positive Gefühle auf dem Feld, und in Interviews wirkt er immer sympathisch. Insgesamt bin ich jedoch unschlüssig. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass die Baskets weiterhin auf Drechsel setzen möchten, da sie offensichtlich von ihm überzeugt waren. Schließlich haben sie ihn aus einem Vertrag herausgekauft. Und da frage ich mich, ob man das nur für eine Saison tut. Ich meine, in der Pressemitteilung zur Verpflichtung von Drechsel wurde nichts über die Vertragslaufzeit erwähnt. Also: Wer weiß mehr? Als Alternative werfe ich mal Anthony Polite in die Runde – der hat mir in Hamburg auch wirklich gut gefallen. Ähnlich wie Drechsel eine Allzweckwaffe mit gutem Basketsball-IQ auf dem Feld.
#9 Rihards Lomasz: Ich muss zugeben, dass ich mich sehr gefreut habe, als Lomasz im Winter für Teague kam. Teague war regelmäßig überfordert, nahm keine offenen Würfe und schien nicht ins System zu passen. Aber ehrlich gesagt, hat Lomasz nicht viel besser gespielt. Seine Dreierquote lag nicht einmal bei 30%, holte nur wenige Rebounds, und seine Defense hat mich enttäuscht. Immerhin zog er viele Freiwürfe, das muss man ihm lassen. Die Verletzung war schade und nur deshalb kam später Gravett. Ich wünsche ihm eine schnelle Genesung und danke ihm für das kurze Intermezzo in Oldenburg. Aber ich halte es für sehr unrealistisch, dass er in Oldenburg bleibt. Auf der anderen Seite könnte er durch seine Verletzung jetzt günstiger zu haben sein. Doch wenn wir ehrlich sind, kann er Russell auch nicht wirklich entlasten - dafür fehlt es ihm an PG-Qualitäten, obwohl er die ideale körperliche Größe dafür hätte.
#15 Owen Klassen: Mein Sorgenkind der Saison. Diese absolut blöden und dummen Fouls regen mich bis heute auf. Gegen Ende der Saison wurde es insgesamt besser mit den Fouls, aber insgesamt hat er dem Team mit seinen kurzen Einsatzzeiten aufgrund der Fouls mehr geschadet als genutzt. Außerdem war er im Post nicht wirklich dominant. Wie oft habe ich nach einem Turnover in der Zone gedacht: Mahalbasic hätte das locker gemacht. Im Schnitt über drei Fouls bei weniger als 20 Minuten Einsatzzeit pro Spiel. In 7 von 29 Hauptrundenspielen hat er mit 5 Fouls aufgehört. Das ist fast jedes vierte Spiel. Außerdem schwankte seine Leistung zwischen Genie und Wahnsinn, mit Ausnahme von einigen Monsterspielen wie in Ludwigsburg, Chemnitz oder gegen abstiegsbedrohte Frankfurter und Weißensfelser. Andererseits gab es auch Komplettaussetzer wie z. B. in Göttingen. Für mich stehen die Zeichen auf Veränderung. Mehr individuelle Qualität und ein Center, der nicht immer in Foultrouble ist, wäre hier meine Hoffnung.
#17 Norris Agbakoko: Das ich das nochmal sagen würde: Für mich die Überraschung der Saison und ich hoffe wirklich sehr, dass sich der Trend fortsetzt und er von Verletzungen verschont bleibt. Die Leistungskurze geht steil bergauf und mittlerweile schaue ich ihm sogar ganz gerne zu, auch wenn er sich in Sachen Rebounding und Post-Up-Game noch durchaus entwickeln muss. Aber alles nach seiner Zeit. Ich freue mich, dass Agbakoko mindestens bis 2025 in Oldenburg bleibt. Für mich ein solider Backup inzwischen. Tolle Entwicklung - die Entdeckung und der Gewinner der Saison!
#21 Tanner Leissner: Er mag zwar unauffällig sein, aber in meinen Augen ist er ungemein wichtig. Ich würde sogar behaupten, dass er kein herausragender Spieler ist, da er weder athletisch noch andere herausstechende Qualitäten hat. Dennoch zeichnet ihn seine Teamplayer-Mentalität und seine unauffällige, aber unermüdliche Arbeit auf dem Feld aus. Ich schätze Leissner und wünsche mir sehr, dass er seinen Vertrag verlängert. In einer Spot-On-Folge hat er erwähnt, dass er gerne länger an einem Ort bleiben würde. Das ist doch eine ideale Gelegenheit. Für mich der perfekte Rollenspieler und der zweiteffektivste Mann der Baskets nach Russell. Fazit: Ich bin und bleibe Fan von Leissner.
#22 TJ Holyfield: Holyfield hatte es wirklich schwer. Als Boothe-Ersatz gestartet, begann er unter Mladen sehr schlecht und wirkte im Vergleich zu Boothe wie ein Anfänger. Das Problem wurde schnell erkannt und mit Clark fand man einen qualitativ hochwertigeren Ersatz. Allerdings endete auch das Kapitel Clark unter Freyer schnell, und Holyfield bekam plötzlich wieder mehr Chancen, die er gut nutzte. Im Sommer dann der Wechsel zu Calles, der anscheinend weiteres Potenzial in Holyfield sah. Es gab auch Gerüchte über einen Wechsel nach Japan, die sich jedoch nicht bestätigten. Aber ehrlich gesagt, seine Leistungen sind zu oft schwankend. Man weiß nie, was man von Holyfield erwarten kann. Für mich ist er definitiv ein Kandidat für einen Wechsel. Wie bereits erwähnt, Stillstand bedeutet Rückschritt. Daher bin ich der Meinung, dass man versuchen sollte, mehr individuelle Qualität zu verpflichten, wenn möglich. Ein athletischer 4/5 mit Wurf und vielleicht 10 Kilo mehr auf den Rippen wäre hier mein Wunsch.
#25 Kenneth Ogbe: Um ehrlich zu sein, hatte ich nicht viele Erwartungen an Ogbe. Man wartet gefühlt schon seit 5 Jahren auf seinen Durchbruch, aber er scheint nicht zu kommen. Und er wird auch nicht mehr kommen. Ogbe ist ein solider deutscher Rollenspieler, nicht mehr. Daher passt es schon.
#31 MaCio Teague: Die riskanteste Verpflichtung des Sommers hätte richtig einschlagen können, aber das ist nicht passiert. Für mich ist es auch ein klarer Fehler im Scouting. Er bietet nicht mehr als 3&D: Kein Playmaking, keine aggressive Offense Richtung Korb. Ehrlich gesagt hat es mich gewundert, dass Teague während der Saison keinen anderen Platz irgendwo auf der Welt gefunden hat. Auch wenn er einen 2-Jahresvertrag unterschrieben hat, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass wir ihn nächste Saison noch bei uns sehen werden. Teague muss spielen, um in Europa Fuß zu fassen. In Oldenburg sehe ich das absolut nicht.
#35 Alen Pjanic: Der Gewinner der Saison - zusammen mit Agbakoko. Eine beeindruckende Entwicklung und großartiger Einsatz. Er konnte seine teils überharte Spielweise aus Gießen anpassen und war in dieser Saison von immenser Bedeutung. Die Vertragsverlängerung war daher folgerichtig. Er hat das Potenzial, zu einem deutschen Franchise-Spieler zu werden - ebenso wie Agbakoko. Ich freue mich darauf, ihn in den nächsten zwei Jahren zu sehen.
Coach Calles: Er hat in Oldenburg eine neue Richtung vorgegeben - das war bereits in den ersten Spielen spürbar. Die Defense ist aggressiver und es wird weniger Wert auf “Offense-First” gelegt. Allerdings gibt es auch deutlich weniger individuelle Qualität im Vergleich zur Zeit unter Mladen. Die Hauptrunde hat meine Erwartungen übertroffen, besonders nach dem Baskets-Day. Um ehrlich zu sein, hatte ich nicht gedacht, dass wir das Heimrecht erreichen würden. Alles in allem eine sehr solide Leistung von Coach Calles. Ich kann allerdings nichts zur Arbeit der beiden Assistenztrainer sagen oder sie beurteilen. Mir fällt jedoch auf, wie aktiv Naciri während den Spielen ist und wie oft er Calles etwas ins Ohr flüstert. Davon abgesehen, weiß jemand, wie lange die beiden Assistenztrainer eigentlich Verträge haben? Die Entscheidung Hundt gehen zu lassen, erwies sich nach dem Ausfall von Lomasz dann als falsch, aber für Hundt war es die richtige Entscheidung. Seine Statistiken waren in Oldenburg miserabel, das muss man schonungslos so sagen. Die Arbeit von Bryce Taylor kann ich ebenso nicht bewerten - aber als Offensivtrainer war die Offensive schon dürftig, was angesichts der mangelnden individuellen Klasse aber auch nicht verwunderlich war.
In Summe: Insgesamt denke ich, dass wir mit der Saison zufrieden sein können. Wir haben gute Leistungsträger langfristig unter Vertrag und der Baskets Campus wird die Baskets in den kommenden Jahren auf ein neues Niveau heben. Dennoch gibt es verschiedene Schwachstellen im Kader, die möglichst behoben werden sollten: Es fehlt an Ballhandling hinter Russell und an Spielern, die ihren eigenen Wurf kreieren können. Wir brauchen konstante Big Men, die ihre Rolle erfüllen und sich nicht ständig ausfoulen lassen.
In meiner Welt wären wir deshalb bei:
Russell / XXX / YYY
diLeo / XXX / YYY / Ogbe+Drechsel
Drechsel / Pjanic / Ogbe
Leissner / ZZZ / Pjanic
WWW / Agbakoko / ZZZ
XXX = Ein echter SG mit Durchschlagskraft, der in der Lage ist, seinen eigenen Wurf zu kreieren. Ich denke da immer an jemanden wie Duggins. Sollte auch ein paar Minuten PG spielen können. Oder Offensiv ein Typ Heidegger – jemand, der einfach konstant Punkte macht und sich seinen Wurf erarbeiten kann. Wenn man mal richtig auf den Putz hauen will, könnte man sich auch um Krämer intensiv bemühen – dazu einen weiteren ausländischen Spieler mit Upside. Dann wäre die Guardrotation richtig tief und bereit für BBL + CL. Sollte man doch auf einen ausländischen Spieler setzen, wäre meine Wahl innerhalb der Liga: Mark Smith aus Göttingen. Sehr jung, kann werfen, hat einen heftigen Körper und holt ordentlich Rebounds. Oder die Baskets klopfen nochmal bei Matt Mooney an, der vor dem Top-4-Turnier wohl ein heißes Thema in Oldenburg und in Ludwigsburg war - aber wenn ich mir die Statistiken von Mooney so anschaue: Konstanz geht auch anders.
YYY = Das könnte der “Hundt-Spot” sein - möglicherweise ein junger deutscher Spieler mit Potenzial nach oben. Vielleicht Böhmer? Weidemann, Schoormann und Obiesie könnten mehr Spielanteile wollen, aber man könnte diese auch fair aufteilen, insbesondere mit Blick auf die BCL. Oder wie gesagt: Richtig Qualität mit Krämer verpflichten und den Spot an einen Ausländer vergeben.
ZZZ = Ein athletischer Spieler für die Position 4/5, der auch einen guten Wurf hat. Wenn wir ehrlich sind, möchte das eigentlich jeder Basketballverein auf der Welt. Aber wenn Leissner bleibt, brauchen wir hier wirklich das genaue Gegenteil von Leissners Athletik. Ein bisschen mehr Boothe, gepaart mit ein bisschen Clark und ein bisschen deZeeuw – das wäre für mich der 4/5 meiner Traumwelt. Oder aber man verpflichtet Ugrai, der eigentlich mit Würzburg in Verbindung gebracht wird. Das wäre dann der 1:1 Ersatz mit Centertendenz für Holyfield. Als Ausländer hätte ich Isiaha Mike im Kopf - teuer, aber gut.
WWW = Ein Center mit guter PnR-Fähigkeit, starkem Rebounding und vielleicht weniger Fokus auf dem Wurf. Ich habe gehört, dass in Rostock ein junger “Defense-Player-of-the-Year” spielte ;-). Ich könnte ihn mir gut als Entwicklungsprojekt vorstellen. Unter Calles benötigen Center auf jeden Fall eine beeindruckende Ausdauer - daher sehe ich nicht viel Potenzial für einen älteren und langsameren Center. Vielleicht als Idee noch: Martynas Sajus, letzte Saison sehr gut in Bayreuth, in der laufenden Saison in der Türkei nicht ganz so dominant.
Ich bin wirklich unsicher, wenn es um Drechsel geht. Ja, er kann kreieren, aber vielleicht nicht auf dem Niveau, das uns nachhaltig voranbringt. Es ist unfair, ihn mit Paulding zu vergleichen, aber Paulding konnte auch den 1:1-Dreier gegen den Verteidiger verwandeln. Das sehe ich bei Drechsel nicht, sein Wurf ist zu ungenau und fällt oft zu schlecht. Dennoch liebe ich seine Emotionen und seine Arbeitsmoral, und ich weiß nicht, wie viel Potenzial noch in ihm steckt. Bisher hat er sich immer “hochgearbeitet”, wenn man das so sagen kann, aber irgendwann erreicht man vielleicht doch seine Grenzen. Die Playoffs sprechen hier Bände für mich.
Wir nähern uns Ende Mai und in knapp 2,5 Monaten beginnt die Vorbereitung auf die neue Saison. Ich wünsche allen Spielern, Trainern und insbesondere auch dem Backoffice eine erholsame Offseason, in der die richtigen Schlüsse aus dieser Saison gezogen werden. Mit dem Zuschauerrekord, dem Top-4-Wochende in Oldenburg und der Rückkehr in die Playoffs hat es mir wirklich Spaß gemacht! Ich blicke mit großer Vorfreude auf die nächste Saison, insbesondere weil wir voraussichtlich viele Leistungsträger wiedersehen werden und der Spatenstich zum Campus (hoffentlich!) endlich Realität werden wird.