Ich weiß, dass ich für diesen Beitrag mächtig auf die Schnauze bekommen werde, aber das muss jetzt raus.
Ja, bereits 1793 stand gegen Barfuß Jerusalem erstmals ein deutsches Team beim Basketball unter den letzten 8 in Europa (im höchsten Teamwettbewerb). Damals nahmen 6 Mannschaften teil, 2 hatten ein Freilos.
Seit der Umstellung auf eine echte Liga mit jeder-gegen-jeden (Round Robin) ist es aber eine ganz andere Nummer. Deshalb sollte man diesen Veränderungen auch national Rechnung tragen.
Zum einen sagt man im Fußball nicht zu Unrecht gerne, dass die Meisterschaft in der Liga der ehrlichste Titel sei. Auch wenn der FCBB ständig Glück mit SR-Entscheidungen, Luftfeuchtigkeit in der Halle, Mondkonstellationen und beim Gegner ausfallenden Spielern hatte, so ist es doch zweifelsfrei so, dass der FCBB eine bessere Saison in diesem Wettbewerb gespielt hat als beispielsweise Maccabi oder Pana. Die Tabelle lügt hierbei wirklich nicht.
Zum anderen, frag nach in Bamberg, die damals auch echt geschlaucht waren, als sie als erstes deutsches Team den neuen Ligamodus gespielt haben (bei 16 Teams, also 4 Spielen weniger), ist die Belastung eine ganz andere geworden durch den echten Ligabetrieb gegenüber einer Saison mit Vor- und Zwischenrunde. Zumal in der Vorrunde Platz 4 von 6 fürs Weiterkommen gereicht hat und bei 24 statt 18 Teams die Leistungsdichte einfach auch noch nicht so hoch war.
Die Zeiten haben sich geändert und ändern sich gerade weiter. Siehe EuroCup. Und wenn man ehrlich ist, haben deutsche Teams bisher das Feld nur auffüllen dürfen. Dass sie mitmachen durften war eher dem geschuldet, dass Deutschland das bevölkerungsreichste und wirtschaftsstärkste Land in Europa und damit kommerziell besonders interessant ist, als wegen der großen Wettbewerbsfähigkeit seiner Teams. Das hat übrigens bis eben auch dauerhaft für den FCBB gegolten. Ich habe es mal kurz nachgeschaut:
16/17 Bamberg 13/16
17/18 Bamberg 12/16
18/19 FCBB 11/16
19/20 Alba 16/18 (nach 28 von 34 Spieltagen)
19/20 FCBB 17/18 (nach 28 von 34 Spieltagen)
Nun wird ein deutsches Team 5. von 18 und es wird ernsthaft diskutiert, ob es angemessen ist, wenn am Dienstag auswärts die Playoffs beginnen, am Samstag und Sonntag das TopFour des BBL-Pokals auszutragen. Wenn man diesen Titel gewinnen will, wird man ziemlich sicher an beiden Tagen Vollgas geben müssen. Montag dann nach Mailand, Dienstag und Donnerstag Spiel 1 und 2. Da wird man Vollgas geben wollen, die Frage ist, wie voll ist dann der Tank. Als Team ohne Heimrecht in den Playoffs muss man fast bei einem System 2-2-1 eines der beiden ersten Spielen klauen.
Und natürlich ist es für das Standing des deutschen Basketballs wichtig, dass ein Team die Playoffs erreicht hat. Und ob dieses Team dann grußlos 0-3 ausscheidet. Es wird immer so viel über sportliche Qualifikation und die damit verbundene Gerechtigkeit lamentiert. Wenn die Bayern eine Wildcard bekommen, Euroleague ist wie die Mafia. A-Lizenz ist vom Fußball gekauft ohne sportliche Unterfütterung. Jetzt bekommt Alba eine Wildcard und alles ist gut. Vielleicht wird diese Saison Ludwigsburg Deutscher Meister und die fänden es dann ggf. auch chic, Euroleague zu spielen, gute Spieler deshalb halten zu können und gute sportliche Argumente für Neuverpflichtungen zu haben. Schade, den Platz für den Deutschen Meister gibt es ja nicht mehr, an BBL-Teams sind schon 2 Wildcards vergeben worden. Ist aber kein Problem, trifft ja andere.
Oder man arbeitet gemeinsam daran, dass das Standing der deutschen Teams in Europa besser wird. Und womit ließe es sich besser beginnen als in den EL-Playoffs, die sehr viel Aufmerksamkeit in den nächsten Wochen auf sich ziehen werden. Spanien hatte aktuell 4 Teams dabei, zu Recht wie sich zeigt, 2 in den Playoffs, 2 knapp gescheitert. Wenn die BBL Ludwigsburg (pars pro toto, setze gerne auch Oldenburg, Hamburg oder auch Ulm, Bamberg) zukünftig eine bessere Perspektive verschaffen will, auch mal in der Euroleague mitspielen zu können, dann müssen sportliche Ausrufezeichen her. Nur Platz 18 zukünftig unter einander auszuspielen, diese Perspektive reißt keinen von den Sitzen, weder bei den BBL-Teams noch bei der Euroleague.
Wenn ich dann von (angeblich) lustlosen Münchnern lese beim TopFour oder lapidare Äußerungen, hat den FCBB ja keiner gezwungen die EL-Playoffs zu erreichen, platzt mir echt der Kragen. Mehr Scheuklappen und den Blick nicht über den eigenen Gartenzaun gerichtet geht ja kaum noch. Gegen Mailand muss der FCBB schon selbst spielen. Man kann es ihm nur leichter oder schwerer machen.
Es geht hier nicht um die generelle Belastung. Hier wurde und wird Tribut gezollt. Chemnitz, Gießen, Braunschweig (Platz 13,17, 12) konnten gegen den FCBB gewinnen. Das haben diese Teams gut gemacht, aber sicher auch begünstigt, dass sie im Gegensatz zum FCBB ausgeruht in das Spiel gegangen sind. Deshalb ist die BBL-Bilanz derzeit Platz 3 mit 23-7. Alba steht auch “nur” bei 23-5. Kann man ggf. noch reparieren in den BBL-Playoffs. Jetzt geht es aber um einen Titel der BBL und um den Einzug ins Hochamt des europäischen Vereinsbasketballs, dem Final Four.
Wenn der FCBB im Pokal nicht Vollgas gibt, entwertet das auch diesen Wettbewerb (lieber gegen Ulm als lustlose Bayern), auch die Aufmerksamkeit ist nicht ungeteilt, weil eben auch schon von vielen Basketballfans auf Dienstag und Mailand geschielt wird. Das Ziel sollte doch sein, dass nächste Saison 2 deutsche Teams ernsthaft um den Einzug in die Playoffs mitspielen und perspektivisch Platz für ein drittes Team sein wird.
Und zum Zeitpunkt des Lamentos. Gestern Abend waren es 2 Wochen, dass der Playoffeinzug des FCBB feststand. Ich kann mir vorstellen, was hier losgewesen wäre, wenn der FCBB sich vorher gegen die Ansetzung öffentlich geäußert hätte. “Noch nicht qualifiziert (schafft das erstmal!), aber schon das Maul aufreißen”. Und was losgewesen wäre, wenn dann die Qualifikation verpasst worden wäre (“Münchner Größenwahn”). Also musste das erst eingetütet werden. Und jetzt ist der Scheinwerfer aufs Wochenende gerichtet und die Verantwortlichen werden dazu befragt, auch in Hinblick auf Dienstag. Natürlich sagen sie jetzt, was sie denken. Sollen sie vielleicht sagen, es könne keine bessere Vorbereitung auf Mailand geben als am Samstag erst Ulm in der zweiten Verlängerung zu schlagen und am Sonntag dann 40 Minuten Kampf bis aufs Messer gegen Alba. Duell zweier Euroleague-Teams. Da sind dann die Waden gelockert für Mailand.